24. August: Tag des Heiligen Bartholomäus

 

Der Hl. Bartholomäus [1] war einer der zwölf Jünger Jesu. Zum Teil wird mit der neutestamentarischen Figur des Nathanael (der hebräischen Namen bedeutet „Gott hat gegeben“) gleichgesetzt (vgl. Herzog, Bd. 10, S. 224, a.a.O.), was aber umstritten ist. Nathanael aus Kana (hebr. „kanä“ = Schilfrohr) wird im Johannesevangelium erwähnt, möglicherweise stammte er aus dem Kreise der Johannes – Jünger am Jordan. Als Philippus ihm von Jesus als dem Messias erzählt, meinte Nathanael abfällig: „Was kann von Nazareth Gutes kommen?“ (Johannes 1, 46). Als er dann zu Jesus kam folgt die berühmte Episode: „Jesus sah Nathanael zu sich kommen und spricht von ihm: Siehe, ein rechter Israeliter, in welchem kein Falsch ist. Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich ? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Ehe denn dich Philippus rief, da du unter dem Feigenbaum [2] warst, sah ich dich. Nathanael antwortete und spricht zu ihm: Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel !“ (1. Johannes, 47 – 49). Diese rätselhafte Stelle wird heute z.T. so interpretiert, dass Nathanael bereits einen Grad einer Mysterienschulung erreicht hatte.

Nochmals erwähnt wird Nathanael bei der Erscheinung des auferstandenen Jesus am „Meer von Tiberias“, dem See Genezareth (vgl. Johannes 21, 2). Legenden sehen Nathanael als den Bräutigam der Hochzeit zu Kana.

Nathanael wird in den synoptischen Evangelien nicht erwähnt, deshalb wird z.T. angenommen, er sei eine symbolische Figur für die Glaubenden aus Israel (vgl. Koch, S. 358, a.a.O.).

Andere christliche Theologen setzen Nathanael und Bartholomäus gleich. Bartholomäus wird als einer der 12 Apostel (Matth 10, 2-3, Markus 3, 14 - 19) bzw. 11 übriggebliebenen Apostel ( Apg 1, 13) genannt.

Bartholomäus soll das Evangelium u.a. nach Cilicien, Felix Arabia, Mesopotamien, Armenien und Indien gebracht haben. Der Legende nach sollen bei seinem Herannahen die Götterbilder von allein zusammengestürzt sein. Kranke und insbesondere Besessene soll der heilige Apostel wundersam geheilt haben (vgl. Hiltgart Keller, 1996, S. 75, a.a.O.).

Auch die besessene, nach der Legenda aurea „mondsüchtige“ Tochter des armenischen (oder auch indischen) Königs Polimius soll der Apostel gesund gemacht haben. Durch verschlossene Türen bis zu dem König vordringend bekehrte der Hailige auch diesen zum Christentum und mit ihm sein ganzes Volk. Aus dem „Götzenbild“ das Bartholomäus der Legende nach abreißen ließ, fuhr ein böser Geist heraus, „schwärzer als Ruß, mit scharfem Angesicht, langem, schwarzem Bart und schwarzen Haaren, die bis auf sein Füße gingen, die Hände aber mit feurigen Ketten auf den Rücken gebunden“ (vgl. Voragine, S. 627, a.a.O.).

Astyages (nach der Legenda aurea Astrages) , der feindliche, „heidnische“ Bruder des Polimius ließ Bartholomäus gefangen nehmen, in Albanopolis mit Knütteln schlagen und die Haut abziehen (schinden): „Der Apostel wurde von den Henkern sogleich ergriffen und lebendig geschunden. Während der entsetzlichen Marter hörte man aus dem Munde des Heiligen nur Lobpreisungen Gottes, der ihn wunderbar am Leben erhielt, bis die haut abgezogen war“ (Ott, S. 1489, a.a.O.).

Nach anderen legendären Überlieferungen wurde der heilige enthauptet oder umgekehrt gekreuzigt.   

Nach dem Märtyrertod des Bartholomäus fuhren böse Geister in den Astyages und seine Priester, sie alle kamen bald elendiglich zu Tode.

Legenden berichten, dass Heiden den bleiernen Sarg mit den Gebeinen des Apostels ins Meer geworfen hätten. Der Sarg sei wundersamerweise auf der Insel Liparia gelandet und dort von frommen Christen bestattet worden. Eine Kirche sei über den Reliquien errichtet worden, die 831 von Sarazenen zerstört worden sein soll. Daraufhin sei der Heilige einem Mönch erschienen, der die verstreuten Gebeine des Bartholomäus gesammelt und zur Bestattung nach Benevent gebracht habe.

Vor der (teilweisen) Zerstörung Benevents 1241 soll Bartholomäus der Legende nach Kaiser Friedrich II. erschienen sein und ihm ein himmlisches Strafgericht und den baldigen Tod geweissagt haben.

Im Jahre 983 sollen Reliquien des Heiligen von Kaiser Otto III. nach Rom gebracht und im Kloster S. Bartolomeo dell’Isola auf der Tiberinsel unter dem Hochaltar bestattet worden sein.

Die Hirnschale des Apostels soll 1238 durch die Stadt Frankfurt am Main erworben worden sein und sich seit 1238 im Bartholomäus – Dom [3] der Stadt befinden. In der Tat erhielt der Dom deshalb ein neues Patrozinium [4], das des Hl. Bartholomäus (zuvor war der Dom dem Salvator geweiht). Bis heute wird die Schädelreliquie des Heiligen im ehemaligen Sakramentshäuschen im südlichen Querschiff des Doms aufbewahrt. Im Chor des Doms befindet sich über dem Gestühl ein 1427 gestifteter Bartholomäusfries. Der Apostel ist der Schutzheilige der Stadt Frankfurt am Main. 

 

In frühen christlichen Darstellungen trug Bartholomäus als Attribute nur Buch oder Rolle, so z.B. in Sam Vitale / Ravenna (6. Jhdt.) oder in S. Maria Antiqua (8. Jhdt.). Am Dreikönigsschrein im Kölner Dom (ð 6. Januar, Dreikönigstag / Epiphanias) trägt der Apostel das Messer als Attribut. Es wird als das zum Schinden benutzte Messer gedeutet, aber auch als Symbol eines Winzers.

Das wichtigste Attribut des Heiligen wurde jedoch die abgezogene Haut, die der geschundene Bartholomäus trägt.

Bekannt ist der „Bartholomäus – Altar“ des anonymen Meisters des Bartholomäus – Altars (ca. 1445 – ca. 1515), einem der hervorragenden Vertreter der Kölner Malerschule. Der Altar entstand ursprünglich für St. Columban / Köln,  heute befindet er sich in der Münchener Alten Pinakothek.

In Michelangelos Riesenfresko "Jüngstes Gericht" in der römischen Cappella Sistina (1536 – 41) gilt das leicht verzerrte Antlitz auf der von Bartholomäus getragenen Haut als ein Selbstbildnis Michelangelos.

 

Abb. einfügen - Michelangelo

 

Der Heilige Bartholomäus gilt als der Patron der Buchbinder, Gerber, Fellhäuter, Lederarbeiter, Handschuh- und Schuhmacher, Schneider, Metzger und Weingärtner, seine Fürsprache soll gegen Zuckungen und Nervenkrankheiten helfen.

 

Im oberbayerischen St. Bartholomä am Königssee (der auch Bartholomäussee genannt wird) befand sich seit dem 12. Jhdt. eine dem Heiligen geweihte Kapelle. Der heutige Barockbau stammt aus dem 17. Jhdt. .

Am Bartholomäustag findet vom österreichischen Maria Alm (bei Saalfelden) aus die Bartholomä - Wallfahrt statt, an der in den letzten Jahren regelmäßig mehr als 2000 Menschen teilgenommen haben.

Die Bartholomä - Wallfahrt gibt es bereits seit Jahrhunderten. Im Jahre 1688 kam es bei der Wallfahrt zu einem Unglück. Ein Wallfahrerschiff scheiterte auf dem Königssee an der Falkensteiner Wand, mehr als 70 Pilger kamen ums Leben. Noch heute wird zur Erinnerung an das damalige Unglück am Bartholomäustag ein Kranz an der Felsenwand aufgehängt.

Die Wallfahrt wird heute geleitet von dem Pfarrer von Maria Alm und führt 32km weit über Gebirgspfade auf Höhen von über 2100m durch u.a. das "Steinerne Meer", eine karstige, mondlandschaftsartige Alpenhochfläche. Von Blasmusik begleitet ziehen die Pilger in ca. 10 Stunden über die bayerische Grenze zur Wallfahrtskirche St. Bartholomä am Königssee, wo eine Messe zelebriert wird.

In der Bartholomäusnacht (vom 23. zum 24. August) werden auf vielen Berghöhen rund um den Königssee Feuer entzündet.

Die Bartholomäusnacht (frz. „La Saint – Barthélemy“, auch „Pariser Bluthochzeit“ oder „Mette“ genannt) wurde berühmt – berüchtigt, weil in der Nacht vom 23. zum 24. August 1572 während eines Waffenstillstands im Bürgerkrieg auf Anstiften der (katholischen) Königinmutter, Katharina von Medici [5] , in einem staatlich organisierten Massenmord ein Großteil des hugenottischen Adels umgebracht wurde. Allein in Paris forderte die Mordaktion ca. 2000 bis 3000 Opfer, in der Provinz wurden etwa 20 000 calvinistische „Ketzer“ getötet. Auslöser war der Versuch von König Karl IX. (reg. 1560 – 1574), den religiösen Machtkonflikt durch eine Heirat zwischen seiner (katholischen) Schwester Margarethe von Valois mit dem protestantischen Prinzen Heinrich von Navarra - Bourbon zu entschärfen.

Vorausgegangen war am 22. August 1572 ein gescheiterter (katholischer) Mordanschlag auf den hugenottischen Führer Admiral Gaspard de Coligny (1519 – 72), der dann das prominenteste Opfer der Bartholomäusnacht wurde. Vermutlich um einer Racheaktion der Hugenotten zuvorzukommen wurde sehr kurzfristig die Mordaktion geplant, der der König am 23. August zustimmte. Die (katholische) Pariser Bürgerwehr wurde bewaffnet. Paris wurde in einzelne Gebiete aufgeteilt, für die bestimmte bewaffnete Einheiten zuständig waren. Es soll Listen mit den Namen wichtiger zu ermordender Hugenotten gegeben haben, auch wurden Häuser mit weißen Kreuzen markiert, in denen nur Katholiken lebten. Als Erkennungszeichen trugen die Katholiken weiße Armbinden und ein weißes Kreuz auf dem Hut. Um 11 Uhr nachts war ein Glockengeläut von den Pariser Kirchen das Signal für den Beginn des Mordens. Prinz Heinrich (der zukünftige König Henri Quatre) konnte sich nach der Bartholomäusnacht nur durch die Abschwörung von der reformierten Lehre retten.

Mérimée berichtet von einem angeblichen Wunder, dass sich in der Bartholomäusnacht zugetragen haben soll: „’Geht hinaus auf den Friedhof der Unschuldigen Kinder [6] , sehr den Weißdorn an, der wieder in Blüte steht, als wäre er verjüngt und neu gekräftigt, da er mit Ketzerblut begossen worden’. Zahlreiche Prozessionen der bewaffneten Meuchelmörder zogen mit aller Prachtentfaltung hinaus, um den heiligen Dornbusch zu verehren, und verließen den Friedhof, erfüllt von neuem Eifer, jene aufzuspüren und dem Tode zu überliefern, die der Himmel so augenscheinlich verurteilte“ (Mérimée, S. 89, a.a.O.).

Insgesamt waren die Ereignisse um die Bartholomäusnacht mehr von Machtpolitik als von religiösen Fragen bestimmt, die politischen Repräsentanten der Konfessionen standen für unterschiedliche politische Zukunftskonzeptionen. So unterstütze die Königinmutter, Katharina von Medici, nach dem Tod Heinrichs II. zunächst die Hugenotten, um ein Königtum der mächtigen Guisen zu verhindern. 1572 hingegen war sie (und die Guisen) die treibende Kraft, die eine Aussöhnung (und damit eine Schwächung des zentralen Königtums, wie sie fürchtete) verhinderte und zum Blutbad der Bartholomäusnacht führte.   

Die Bartholomäusnacht fiel in die ersten Monate des Pontifikats von Gregor XIII. (1572 – 1585). Der (später durch die Kalenderreform berühmt gewordene) Papst feierte den – wie er wohl aufrichtig glaubte – Sieg der katholischen Sache in Frankreich durch ein feierliches Te Deum und ließ eine Gedenkmedaille prägen. Es scheint allerdings, dass Gregor XIII: Motive, Form und Ausmaße des Verbrechens nicht klar waren. Als er schließlich die Wahrheit erfuhr, soll der Papst entsetzt in Tränen ausgebrochen sein und gerufen haben: „Ich  weine über das unerlaubte und von Gott verbotene Verfahren des Königs“ (vgl. Kühner, S. 133, a.a.O.).

Michel de Montaigne (1532 – 92) war Zeitgenosse der Bartholomäusnacht, die „Essais“ entstanden in dem folgenden Jahrzehnt. Er erwähnte sie jedoch in seinem Werk nicht direkt, denn er war in dieser Hinsicht vorsichtig. Er schloss sich zwar der katholischen Partei an, arbeitete jedoch „... für den Ausgleich und achtet im Gegner den Menschen“ (Arthur Franz, in Montaigne, S. 24, a.a.O.).

In jedem Fall bewirkte die Bartholomäusnacht eine weitere Drehung des Eskalationsspirale. Mérimée zitiert einen hugenottischen Kampfruf aus der Zeit nach der Mordnacht: „Kein Pardon ! Gedenkt des 24. August!“ (zit. n. Mérimée, S. 103, a.a.O.).

Die archetypisch horror – umwobene Bartholomäusnacht wurde vielfach künstlerisch – literarisch dargestellt, so in.....

Ø  dem Drama „The Massacre of Paris“ von Marlowe, 1592

Ø  der Tragödie „Die parisische Bluthochzeit König Heinrichs von Navarra“ von Gottsched, 1746

Ø  dem Roman „Chronique du règne de Charles IX“ von Prosper Mérimée, 1829 (deutsch: „Die Bartholomäusnacht“ , a.a.O.)

Ø  der Roman „La Reine Margot“ von Alexandre Dumas, 1845

Ø  der Oper „Die Hugenotten“ von Giacomo Meyerbeer (1791 – 1864) nach dem Libretto von Scribe [7]

Ø  der Novelle „Das Amulett“ von Conrad Ferdinand Meyer, 1873

Ø  dem Roman um „Henri Quatre“ von Heinrich Mann, 1935 - 38

Ø  dem Film „Bartholomäusnacht“ von Patrice Chéreau, nach dem Roman von Dumas, mit Isabelle Adjani als Margo, 1994

 

Ebenfalls am Bartholomäustag fand in Stralau, einem kleinen Berliner Ortsteil im Bezirk Kreuzberg – Friedrichshain, auf einer Halbinsel zwischen Spree und Rummelsburger See der traditionelle Stralauer Fischzug statt, das älteste Berliner Volksfest.

Als Ort wurde das ursprünglich slawische Stralau („Stralow“) im Jahre 1288 erstmals urkundlich erwähnt. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts Fischerei als Haupteinnahmequelle. Der Fischzug, das war dieFeier der Stralauer Fischer.

 Der historische Hintergrund ist folgender: Fischen mit Netzen war zwischen Ostern und dem 24. August verboten.. Der Brandenburger Kurfürst Georg Johann hatte am 23. Februar 1574 eine Schonzeit verfügt: auf allen märkischen Flüssen durfte von Gründonnerstag bis zum Bartholomäustag „mit groben Garnzügen“, mit dem großen Netz zwischen zwei Booten nicht gefischt werden.  Damit sollten Laich und Fischbrut geschützt werden.

Am 24. August jeden Jahres durften die Netze dann wieder ausgeworfen werden. So wurde der Bartholomäustag zum Tag des "Anfischens". Dabei sollte traditionell der „erste Zug“ noch vor Sonnenaufgang aus dem wasser sein. Laut Kirchenmatrikel hatten die Stralauer Fischer den Ertrag der ersten vier Fischzüge dem Pfarrer auszuhändigen. Die Fischer erhielten dafür vom Pfarrer sowie dem Rat der Stadt Berlin eine halbe Tonne Bier und ein einfaches Essen. Dazu luden die Fischer die Einwohner des Dorfes ein -  und so wurde das Anfischen jahrhundertelang (seit 1780 als Volksfest unter Teilnahme Berliner Bürger belegt) kräftig gefeiert. Auch mancher Aristokrat konnte den Verlockungen des Stralauer Fischzugs nicht widerstehen, was durch die Teilnahme von Prinz Ferdinand, dem jüngsten Bruder König Friedrich II., an dem Fischzug beweist.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts sollen bereits bis zu 70.000 Besucher an dem Stralauer Fischzug teilgenommen haben.

Achim von Arnim (1781 – 1831) schildert in einem Brief vom 5. September 1809 an Bettina seinen Besuch des Stralauer Fischzugs („dem dicht gedrängten Volksfest“) jenes Jahres.  Posthum erst erschien 1846 sein Lustspiel „Der Stralauer Fischzug“.

1821/““ wurde der Fischzug durch den Roman- und Lustspielautor Julius von Voß (1768 – 1832, an der Cholera) zu einem Theaterstück, seiner ersten Berliner Lokalposse „Der Strahlower Fischzug“ gestaltet und später sogar zu einem Ballett umgewandelt.

Im April 1837 zog der (damals blässlich kränkelnde) Student der Jurisprudenz, Karl Marx [8], auf Anraten seines Arztes von Berlin (aus der Mittelstr. 61) ins dörflich naturnahe Stralau. Er mietete sich im Hause des Fisches und Gastwirtes Gottlob Köhler, Alt – Stralau 11, ein Zimmer. In Stralau gesundete Marx rasch, er setzte sich dort v.a. mit Schriften Hegels (u.a. der „Phänomenologie des Geistes“ und der „Wissenschaft der Logik“) auseinander. Auch traf sich der „Doktoren – Club“ mehrfach in Stralau. Daneben nahm der junge Karl Marx jedoch auch an dem Stralauer Fischzug des Jahres 1837 teil (vgl. Voß, S. 180, a.a.O.).

Über diese biographische Episode im Leben Marx’ schrieb der DDR – Autor Helmut Meyer das Kinderbuch „Franziska und der Student aus Trier“ (a.a.O.), in dem er auch den Fischzug des Jahres 1837 beschreibt, u.a. mit allerlei Schaustellern, Gauklern, Seiltänzern, Degenschluckern, Karussells, Moritatensängern, Zuckerbäcker- , Tabaks- , Würfel- und Schnapsbuden, viel Bier und auch die geheime Demagogen verfolgende Polizei.

Schon 1838 zog Karl Marx zurück in die Stadt Berlin, in die Luisenstr. 60.

Das Stralauer Haus, in dem er kurzfristig lebte, wurde später abgerissen und an seiner Stelle ein großes Mietshaus errichtet, das die Hausnummer 18, Alt – Stralau erhielt. Das haus fiel den alliierten Bomben des 2. Weltkriegs zum Opfer. Heute befindet sich an der Stelle eine Grünanlage und eine kleine Gedenkstätte, u.a. mit einer Disputationsszene im „Doktoren – Club“.     

Weit verbreitet sollen anlässlich des Stralauer Fischzugs wüste Saufgelage und Schlägereien gewesen sein. Orgiastisches Treiben auf der gegenüber in der Spree liegenden Liebesinsel und sogar auf dem Stralauer Friedhof waren dem Stralauer Ortsvorstand zu viel, so dass er in einem Schreiben an den Berliner Polizeipräsidenten vom 23.07.1873 den Fischzug aufkündigte. Nun wurde der Stralauer Fischzug bis zu seiner ersten längeren Unterbrechung durch den 1. Weltkrieg als "kleines Gartenfest gefeiert".

Mit dem 2. Weltkrieg wurde die beliebte Veranstaltung bis ins Jahr 1954 eingestellt.

Erdmann Graeser [9] beschrieb den Stralauer Fischzug in seinem Nachlass – Roman „Spreelore“ (1950).

Im Jahre 1958 z.B. gab es einen festlicher Fischzug – Bootskorso, auf der Spree, bei dem die Passagiere historische Kostüme trugen. Das Jahr 1962 brachte schließlich das Aus für den Fischzug: er sollte durch das Pressefest des Neuen Deutschland im Volkspark Friedrichshain ersetzt werden

Nach 35 Jahren Pause fand im Jahre 1997, am 23. und 24. August der Stralauer Fischzug erstmals wieder statt, heute allerdings als ein ganz normales Volksfest, jedoch mit Umzug (u.a. mit historischen Feuerwehren und dem letzten noch erhaltene Tunnelbahnwagen [10] aus den 20er Jahren), Bootskorso, Fischmarkt, Musik und einem Kinderprogramm. Organisiert wird das Fest nun - Fischer gibt es in Stralau nicht mehr - von der Bürgervereinigung Stralau e.V. (vgl. BZ, 20. Juni 1997, S. 15). Inwieweit der Stralauer Fischzug auch in Zukunft fortgesetzt wird, ist wohl noch immer unsicher.

 

In Leipzig fand im 18. Jhdt. alljährlich, am Montag nach dem Bartholomäusfest, ein Ereignis der Lokalpolitik statt, nämlich die Ratswahl. Der Rat der Stadt Leipzig bestimmte an diesem Tag den Bürgermeister, der im kommenden Jahr die Geschäfte führen würde. Zudem wurden auch jeweils einige neue Mitglieder des Rates kooptiert. Anschließend folgte in der Nikolai – Kirche ein Festgottesdienst.

Für die Ratswahl 1731 komponierte J.S. Bach die Ratswahlkantate „Wir danken dir, Gott, wird danken dir“ (BWV 29). Dem Libretto des anonymen Textdichters liegen biblische Zitate und Paraphrasen zugrunde.

Bach hat auch hier im Parodieverfahren ältere Kompositionen wieder verwendet, u.a. aus der Partita Nr. 3 E-Dur für Violine solo (BWV 1006), die Bach schon 1720, noch in Köthen geschrieben hatte. 

 

Um den Namen Bartholomäus (Barthel) und den Bartholomäustag ranken sich eine Reihe von Sprichwörtern und Bauernregeln, so u.a.

Ø Er weiß, wo Barthel den Most holt (schenkt)“; vermutlich war dieser Barthel ein Schultheiss im Heilbronn des 13. Jhdts., der „..... den Most auf feinsinnige Weise aus dem Ratskeller entlehnt haben“ soll (vgl. Wander, Bd. I, S. 241, a.a.O.)

Ø  „Auf Sanct – Barthel – Nimmermehr....“, wenn z.B. eine Zahlung immer weiter hinausgeschoben wird (wie St. Nimmerleinstag)

Ø  „Bartelmeis spart Botter onn Kies, Lingen - Hosen onn Strüh – Hot“: vom 24. August an, dem Bartholomäustag, wurde den landwirtschaftlichen Arbeitern kein Vesperbrot (Butter und Käse) mehr gereicht

Ø  „Wie Sanct – Barthel wettert, so wettert auch der ganze Herbst“ ; „Wie sich Bartholomäus hält, so ist der ganze Herbst bestellt“

Ø  „Am Bartholomäustag schüttle die Äpfel und Birnen ab“ (vgl. Wander, Bd. I, S. 242, a.a.O.)

Ø  „Bleiben Störche und Reiher noch nach Bartholomä, komt ein Winter, der tut nicht weh“.

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender; die griechisch - und russisch – orthodoxe Kirche feiern den Bartholomäustag am 25. August alten Stils, d.h. dem 7. September neuen – gregorianischen - Stils)  

 



[1] Der Name Bartholomäus kommt aus dem Aramäischen, der Muttersprache Jesu, von „Bar Talami“, und bedeutet „Sohn des Tolmai“ (gräzisiert „Bartholomaios“). Die französische Form des Namens lautet Barthélemy, auch Tolmier, die italienische, spanische und portugiesische Bartolomeo, Bartolo, Meo oder Baccio und die niederländische Form Baert. Im Deutschen wurde einst die Kurzform Barthel häufig benutzt. Heute spielt der Vorname keine nennenswerte Rolle mehr. Bekannte Namensträger sind Bartolomeo Diaz (der portugiesische Seefahrer und Entdecker, Bartolomeo de las Casas (der Bischof und Vorkämpfer für die Rechte der Indios), Bartolomeo de Martyribus (Erzbischof von Braga, Primas von Portugal, 16. Jhdt), Bartholomäus Welser (der Gründer des Welserhauses, 15./16. Jhdt.), die italienischen Maler Frau Bartolomeo (15./16. Jhdt.) und Bartolomeo Veneto (16.Jhdt.), Bartholomäus Ringwaldt (deutscher Dichter und Theologe, 16. Jhdt.) und Melchior Barthel (deutscher Bildhauer, 17. Jhdt.).

[2] Der Feigenbaum wird oft als Symbol der religiösen Wissenschaft betrachtet, Nathanael war ein Intellektueller (vgl. Chevalier, S. 439, a.a.O.). Der abgestorbene, vertrocknete Feigenbaum, der verfluchte Feigenbaum ohne Früchte (Matth 21, Markus 2, 12) wird hingegen in der christlichen Tradition als Symbol für das Judentum, für die Synagoge gesehen, für diejenigen, die den Messias des „neuen Bundes“ nicht anerkannten. 

[3] Der Dom war jahrhundertelang der Ort der deutschen Königswahl und Krönung.

[4] Unter Patrozinium versteht man die himmlische Schutzherrschaft eines Heiligen über eine Kirche.

[5] Während der Mordaktion soll ein angeblicher Ausspruch Katharinas die Runde gemacht haben: „Che pietà lor ser crudele, che crudelità lor ser pietoso“ = Barmherzigkeit ist es, zu ihnen grausam zu sein, Grausamkeit ist es, zu ihnen barmherzig zu sein.

[6] Der Friedhof wurde im 18. Jhdt. geschlossen, heute erinnert nur noch die schöne Renaissance – „Fontaine des Innocents“ von 1550 an den einstigen Friedhof.

[7] Meyerbeers Oper „Die Hugenotten“ wurde im Frühjahr 1987 auch an der Deutschen Oper Berlin wiederaufgeführt. Sie endet mit der Niedermetzelung der Hugenotten, die sich vergeblich in eine Kirche geflüchtet hatten.

[8] Der Student Karl Marx war mit einem recht großzügigen Wechsel seines Vaters ausgestattet. In seinen 9 Berliner Semestern (WS 1836/37 – WS 40/41) sind nur 12 Vorlesungen belegt, die er besuchte. Umgekehrt sind jedoch auch seine eifrigen eigenständigen Studien belegt, von denen die z.T. erhalten gebliebenen Exzerpthefte Marxens zeugen.

[9] Der Journalist (bei u.a. der „Berliner Morgenpost“) und Schriftsteller Erdmann Graeser (1870 – 1937) schrieb v.a. volkstümliche Romane im Berliner Milieu, so „Lemkes selige Witwe“ oder „Die Koblanks“. Sein Roman „Die Spreelore“ wurde 1980 durch Jens Peter Proll für das Fernsehen der DDR verfilmt. Graesers Ehrengrab liegt auf dem Zehlendorfer Friedhof in der Onkel – Tom – Straße. 

[10] Bis zum 2. Weltkrieg besaß Stralau noch eine weitere Attraktion, den Spreetunnel. Die Arbeiten zum Tunnel begannen im Februar 1896 auf der Treptower Seite. Erstmalig in Deutschland wurde hier unter einem Flusslauf der Schildvortrieb angewendet. Damals errichteten die Firmen AEG, Philipp Holzmann und die Deutsche Bank den Tunnel mit allerlei Schwierigkeiten auch, um zu beweisen, dass in Berlin der Bau einer U-Bahn möglich sei. Durch den Tunnel sollte eine Straßenbahnlinie auf kürzestem Wege unter der Spree durchgeleitet werden. 1899 wurden die „Berliner Ostbahnen“ (BO) für den Betrieb der  Tunnelbahn gegründet. Die Strecke war regelspurig, jedoch waren wegen der Höhe des Tunnels die eingesetzten Straßenbahnwagen kleiner als die Normwagen der Berliner Straßenbahn.

Der Tunnel hatte eine Länge von 454 m. Er kreuzt die an dieser Stelle 195 m breite Spree fast rechtwinklig. Der Durchmesser der Tunnelröhre beträgt 3,73 m. Die Tunneldecke liegt teilweise nur 3 m unter der Sohle des Flussbetts.  Der tiefste Punkt der Tunnelsohle liegt 12 m unter dem mittlerem Wasserspiegel der Spree. Das Gefälle beträgt 1:20.

Am 18. 12. 1899 eröffneten die Berliner Ostbahnen die Straßenbahnstrecke Schlesischer Bahnhof - Mühlenstraße, Stralauer Allee – Alt – Stralau - Tunnelstraße - Treptow, Platz am Spreetunnel. Anfang der 30er Jahre stellte man den Straßenbahnbetrieb ein. 1936 und 1937 diente der Tunnel als Fußgängertunnel.

Im 2. Weltkrieg wurde er als Luftschutzraum genutzt. Aus dieser Zeit stammen allerlei Gerüchte, was sich wohl in dem zugemauerten Mittelteil des Tunnels befinde, Munition, Leichen von Bombenopfern oder gar das verschollene Bernsteinzimmer ?

 Im Jahre 1999 wurde der ehemalige Straßenbahntunnel unter der Spree von Stralau nach Treptow nach technischen Untersuchungen der ehemaligen Eingangsbereiche des Tunnels wieder zugemauert. Verfüllt wurde er jedoch nicht, so dass er eines Tages wieder seinen Zweck erfüllen könnte  (vgl. R. Hebstreit, "STRALAUER  SPAZIERGÄNGE" -  Nr. 11,  5.10.1999; http://www. rhebs.de) .

 

 

© Christian Meyer