Sommersonnenwende


An diesem Tag steht die Sonne auf der Nordhalbkugel des Planeten Erde am höchsten über dem Horizont. Von nun an im Jahr werden die Tage wieder um 2-3 Minuten täglich kürzer, bis zur Wintersonnenwende. Der längste Tag dauert für Berlin ca. 16 Std. Und 50 min, die Mittagshöhe der Sonne liegt bei ca. 61°.

Auf der Südhalbkugel der Erde liegt hier die Wintersonnenwende, denn die Tage werden hier nun wieder länger und der Frühling rückt näher.

Der Tag gilt auf der Nordhalbkugel traditionell als der Sommeranfang. In Schweden ist der Sonnwendtag ein gesetzlicher Feiertag. 


Eine Reihe von prähistorischen und historischen Bauten sind architektonisch hinsichtlich der Sonnenwenden ausgerichtet.

Ein Beispiel für diese Ausrichtung bilden die „Pyramiden von Güimar“ auf Teneriffa. Entstehungszeit und Funktion dieser zum Teil stufenpyramidenähnlichen Bauten aus mörtelfrei aufgeschichteten Lavasteinen sind ungewiß, Thor Heyerdahl vermutete eine sakrale Funktion in der Zeit der Guanchen. Wahrscheinlicher erscheint eine Ausrichtung der Bauten wegen ideologischer Vorstellungen von Freimaurern, die den Sonnenwenden eine große Bedeutung zuordneten. Im 19. Jhdt. war der Besitzer des Gebiets in Güimar Freimaurer.

Auf jeden Fall sind die Westtreppenaufgänge der Pyramiden 2 und 4 zu den Sonnenwendtagen genau in in Richtung des Sonnenaufgangs ausgerichtet, man tritt der aufgehenden Sonne entgegen.

Zudem kommt es an der nördlichen Hauptachse der Pyramiden an den Sonnenwendtagen zu eienr Art „doppeltem Sonnenuntergang“: Die untergehende Sonne verschwindet erst vollständig hinter einem entfernt aufragenden Felsenmassiv, um dann weiter absteigend nochmals für einige Minuten sichtbar zu werden, um dann endgültig hinter den Bergen zu verschwinden – aber nur wenn man an den Sommersonnwendtagen genau an der nördlichen Hauptachse der Pyramiden entlangblickt. Zu diesem Schaupiel finden sich jeweils eine große menge an Besuchern ein.  

 

Im vorchristlichen Russland wurde zum Sommersonnwendtag (oder am Abend zuvor) die Figur „Kupala“ mit allerlei Brauchtum verehrt. Später wurde Kupala mit Johannes dem Täufer assoziiert.

Zur Zeit der Sommersonnenwende (bis hin in den Hochsommer) veranstalten die Plains- und Prairie–Indianer Nordamerikas jährlich zeremonielle „Sonnentänze“, die z.T. mit mehrtägigem Fasten, Beten und Selbstkasteiungen verbunden sind/waren. Die Sonnentänze sind als das zentrale Ritual vieler Plains- und Prairie-Indianervölker anzusehen, verbunden oft mit Initiationsriten. Im Zentrum des Rituals stehen an die Sonne und die z. T. als Ahnen verehrten Bisons gerichtete Gebete und Rundtänze, bei denen die Tänzer oft mit einem heiligen Baum verbunden sind. Bis zur Erschöpfung tanzen Indiander um den festlich geschmückten Baumstamm. Der Grundgedanke ist die rituelle Neuschöpfung der in Urzeiten durch eine Katastrophe zerstörten Erde und allen Lebens.

Dazu sind Opfer an überirdische Mächte vonnöten, z. B. das „piercing“, das Durchbohren der Haut an Brust oder Rücken als Selbstkasteiung. Auf dem Höhepunkt des Festes wurde (und wird) die Haut oft durchrissen, als persönliches Blutopfer.

Die Medizin-Hütte zum Sonnentanz wird im Zentrum des Lagers errichtet, oder auch eine Schwitzhütte aus ursprünglich Lederzeltbahnen zusammengesetzt. Bei heißen Dämpfen singen sich dort junge Indianner in Ekstase.

Die US–Behörden und christliche Missionare sahen in den Sonnentänzen meist nur ein barbarisches und heidnisches Ritual. Deshalb wurden im Jahre 1883 die Sonnentänze offiziell verboten. Das Verbot wurde erst 1934 aufgehoben, in den Jahren 1972–75 erneuert. Trotz der Verbotsperioden blieb die Kontinuität der Sonnentänze erhalten.

Vor allem seit der indianischen Protestbewegung der 70er Jahre lebten die Sonnentänze in vielfältiger und veränderter Form wieder auf. Nun vollziehen auch Frauen das „piercing“.

Sonnentänze gibt es u.a. bei den Arapaho, den Kuowa, den Sioux, Dakota und Cheyenne.

Bei den Lakota (westliche Sioux) soll die mythische Religionsstifterin White Buffalo Calf Woman die Sonnentänze eingeführt haben. Sie werden als wesentlichste Zeremonie gedeutet, durch die die Menschen in Kontakt mit den göttlichen Mächten („Wakan Tanku“) gebracht werden, durch die Opfer der Tänzer würde auch der Fortbestand des Volkes der Lakota gesichert.

Bei den Lakota dauern die traditionellen Sonnentänze vier Tage. Der Sonnentänzer initiiert sich mit dem Eintritt in die Sonnentanzhütte.

Am ersten Tag erfolgt die Auswahl des Ortes, an dem der Sonnentanzpfahl aufgestellt werden soll; die Örtlichkeit wird gereinigt, die Sonnentanzhütte errichtet und der Altar aufgebaut.

Seit dem Morgengrauen des ersten Tages bereiten sich die Tänzer, die Männer und Frauen, die am piercing teilnehmen, auf den Sonnentanz vor: Barfuß, fastend und mit freiem Oberkörper tanzend. Dabei treten die Tänzer u.a. rhythmisch auf der Stelle und blasen auf Pfeifen aus Adlerkrallen. Ihr Tanz wird nur durch Schwitzhüttenzeremonien und kurze Pausen unterbrochen. 

Am zweiten Tag wird ein für den Sonnentanzpfahl geeigneter Baum unter Beachtung der rituellen Vorschriften gefällt und zum Ort des Sonnentanzes transportiert.

Am dritten Tag versammeln sich alle erwachsenen Teilnehmer und umschreiten viermal das Lager, dann wird der Sonnentanzpfahl aufgerichtet, fest verankert und von den Lakota–Kriegern umtanzt.

Am vierten Tag reinigen sich im Morgengrauen die Tänzer durch eine Schwitzhütttenzeremonie. Die Schamanen bemalen die Tänzer mit farbigen Zeichen, die die Form der Selbsttortur bezeichnen, die die Tänzer gewählt haben. Die Tänzer durchbohren bestimmte Körperteile (Brust, Rücken etc.), durch die Einschnitte werden kurze Spieße gezogen, die durch Riemen mit dem Holzpfosten verbunden werden. Die Tänzer reißen beim Tanz die Spieße aus ihrer Haut heraus; das dauert manchmal (je nach Tiefe der Durchbohrung) bis zu 20 Minuten. Die Tänzer geben anschließend die durch die Kasteiung erworbene mystische Kraft an die anderen Stammesmitglieder weiter, es handelt sich um eine Welterneuerungszeremonie.

Die Narben des piercing haben einen hohen Prestigewert bei den Lakota. Im Jahre 1896 formulierte der Lakota Lone Star: „If one has scars on his breast or his back that shows that he has danced the Sun dance, no Oglala will doubt his word“ (die Oglala sind eine Untergruppe der Lakota).

Der Sonnentanz wurde in den letzten Jahrzehnten vielfach zum Kristallisationspunkt der politischen indianischen Bewegung für Landrückgabe und Autonomie (deshalb auch das Verbot in den Jahren 1972 – 75).     

Die Pikunis (oder Piegan-) Indianer in Kanada und den USA veranstalten z.B. ihre Sonnentanz - Zeremonien in einem Gebiet, das für die Indianer ein als heilig angesehenes Gebiet ist. Es spielt in ihrer Weltschöpfungsmythologie eine eine zentrale Rolle.

Die Mineralölkonzerne Petrofina und Chevron beanspruchen das Gebiet für ihre Erdöl- und Erdgasförderung. 

 

Bei den Irokesen spielen zur Zeit der Wintersonnenwende Reinigungszeremonien eine große Rolle; dabei werden u.a. die Häuser besonders gereinigt, um alles Böse fernzuhalten.

 

Die Sioux und Assiniboine in Montana und dem angrenzenden Kanada veranstalteten 2013 ihre Sonnentänze im August im Reservat um Fort Peck. Bei ihnen spielt das Bison als eine Art heiliges Tier auch bei den Sonnentänzen eine bedeutende Rolle. Dort liegen „... als Zeichen der Huldigung ein Bisonkopf, eine Pfeife aus Büffenhorn und ein getrockneter Bisonmagen, der als Tabakbeutel dient“, auf dem Sonnentanz-Altar aus schwarzer Erde (vgl. Klingst, S. 2, a.a.O.). Ihr traditioneller Medizinmann trägt eine Kette aus Bisonzähnen um den Hals. Seit Jahrhunderten schon wird zudem ein uralter Bisonschädel von Medizinmann zu Medizinmann vererbt.

 

In den letzten Jahren kam es in Montana zu wachsenden Konflikten um Land und Weiderechte zwischen Indianervölkern, Umweltorganisationen und Teilen der Demokratischen Partei einerseits, konservativen Republikanern und rinderzüchtenden Ranchern andererseits. Erstere fordern und fördern die Wiederansiedlung von frei lebenden Bisons, die im März 2012 mit der Freilassung von 61 Bisons in der Prärie Montanas begann. Die Rancher fürchten die Konkurrenz der Bisons um die begrenzten Weideplätze.

Umweltschützer planen die Einrichtung eines Naturparks mit ursprünglicher Prärielandschaft von der Größe Schleswig-Holsteins, mit möglichst 10 000 Bisons.

Ein Medizinmann meinte: „Hokshe Togopa, unser Gott, meint es gut mit uns. Er hat entschieden, dass die Zeit reif ist für die Heimkehr des Bisons“. Es gehöre zu den zu schützenden Kulturgütern der Indianer (vgl. Klingst, S. 2, a.a.O.). 

 

(leicht veränderlich; in der Regel nach dem Gregorianischen Kalender am 21. Juni; selten am 22. oder am 20. Juni; zum Beispiel wird im Jahre 2020 die Sommersonnenwende auf den 20. Juni fallen, da das Gregorianische Jahr - 365,2425 Tage – von der tatsächliche Jahreslänge 365,2422 Tage leicht abweicht; Kalenderproblem)

 

© Christian Meyer