1. Januar

 

Gregorianischer Neujahrstag, Feiertag in vielen Staaten, u.a. in Albanien, Algerien, Argentinien, Armenien, Belgien, Brasilien, in der BRD, in Bulgarien, der Bundesrepublik Jugoslawien, Chile, Dänemark, der Elfenbeinküste, Eritrea, Estland, Finnland, Frankreich, Ghana, Griechenland, in Großbritannien, Indien, Irland, Italien, Japan, Kolumbien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Marokko, Mazedonien, Namibia, den Niederlanden, in Norwegen, Österreich, Peru, auf den Philippinen, in Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, der Schweiz, der Slowakei, in Slowenien, Spanien, in Thailand [1] , Tschechien, der Türkei, Ungarn, in den USA, Vietnam, in der Volksrepublik China.

In vielen Regionen ist das Neujahrsfest mit allerlei Brauchtum verbunden, v.a. mit dem Entzünden von Raketen und Feuerwerk, um die bösen Geister mit Lärm zu vertreiben. Diese Tradition ist bereits aus vorchristlicher Zeit belegt.

Vielfach gilt der Neujahrstag auch als ein Prognosetag: Was man an diesem Tag unternimmt oder besitzt, soll das ganze Jahr erhalten bleiben.

Das Neujahrssingen ist eine Tradition in der nördlichen Alpenregion: Ein Vorsänger zieht mit einem Chor durch das Bergdorf. Gewöhnlich ist es ein älterer Bauer, der gut reimen kann und sehr gut über die Haus- und Hofverhältnisse seiner Nachbarn und Freunde Bescheid weiß. Er singt den Neujahrswunsch, beginnt dabei mit einer frommen Einleitung, wünscht ein gutes Jahr, und spielt auf einzelne Ereignisse des Vorjahres oder auf Eigenheiten der Leute an. Nach diesen Neckversen folgt vom Chor ein Segenswunsch für das Haus. Anschließend werden die Sänger von den Hausleuten beschenkt. Die Neujahrssänger wandern bis zum Morgengrauen von Haus zu Haus, dann werden die Spenden gleichmäßig aufgeteilt.

In vielen Gebieten Mitteleuropas war früher der Nachtwächter oder ein als Nachtwächter verkleideter Mann der erste Gast im neuen Jahr. Er kam um Mitternacht und verkündete mit seinem Horn die Ankunft des neuen Jahrs. Tanz, Kurzweil und Unterhaltungen wurden unterbrochen und man stellte Stühle nebeneinander. Wer sich dazu imstande fühlte, sprang über die Stühle hinweg ins neue Jahr.

Das Neujahrs–Schuhwerfen war ein Spiel für die jungen Mädchen und jungen Männer. Sie setzten sich mit dem Rücken gegen eine geöffnete Stubentür. Dann schleuderte jeder einen Schuh mit dem Fuß über den Kopf. Zeigte der Schuh mit der Spitze ins Zimmer, so blieb der Betreffende dieses Jahr noch daheim. Zeigte die Spitze des Schuhs dagegen aus der Tür hinaus, so war dies ein Hinweis auf den Auszug im kommenden Jahr.

 

Am Neujahrstag gehen in vielen v.a. ländlichen Gegenden Griechenlands die jungen Frauen und Männer zu den Brunnen und bringen „unbesprochenes Wasser“ nach Hause; ohne zu sprechen besprengen sie das Haus und ihre Familie mit dem Wasser, was Glück und Segen für das ganze Jahr bringen soll.

Auf Lesbos es noch vereinzelt den Brauch, einen Granatapfel auf der Schwelle des Hauses zu zerbrechen: diese Handlung soll Überfluss und Fruchtbarkeit bewirken.

 

Auch in der Volksrepublik China ist „Yuántàn“ (chin. „erster Tag“) ein arbeitsfreier Tag. Es ist ein „moderner“ Feiertag nach dem Gregorianischen Kalender, Feuerwerk wird nicht abgebrannt. Die Jugendlichen in den Städten feiern Partys etc.

In Brasilien (v. a. in Salvador, Bahai und den Küstenregionen) findet an diesem Tag die Prozession des Nosso Senhor dos Navigantes (port. „Unser Herr der Seefahrer“) statt. Das Fest soll im Portugal des 18. Jhdts. entstanden sein. In Bahia wird dabei eine Jesus–Figur („Bom Jesus dos Navigantes“, der Schutzpatron der Schifffahrer) zusammen mit Schiffs- und Bootsmodellen von einer riesigen Menschenmenge durch die Straßen der Stadt getragen.

Mircea Eliade weist auf die „orgiastischen Riten“ hin, die „bestimmte Neujahrszeremoniale“ enthalten: „“…. Soziale ‚Vermengung’, Ausschweifung und (ð) Saturnalien symbolisieren den Rückschritt in den amorphen Zustand, der der Weltschöpfung vorausging. …. Der Gedanke der Erneuerung, der uns in den Neujahrsritualien begegnete als Erneuerung der Zeit und Regeneration der Welt, findet sich auch in den orgiastisch – agrarischen Festen“ (vgl. Eliade, 1957, S. 86, a.a.O.).

In seinem „Orgelbüchlein“ (BWV 599 – 644) ordnete Johann Sebastian Bach [2] dem Jahreswechsel u.a. folgende Choraldurchführungen zu:  „Das alte Jahr vergangen ist“ (BWV 614)

                                                  „Mit Fried und Freud ich fahr dahin“ (BWV 616)

                                                      „Herr Gott, nun schleuß den Himmel auf“ (BWV 617).                                     

 

Eine deutsche Bauernregel besagt: „Morgenrot am ersten Tag

                                                               Unwetter bringt und große Plag“                    

 
(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)
 
© Christian Meyer


[1]  In Thailand wird das Neujahrsfest seit 1940 auch nach dem Gregorianischen Kalendern gefeiert.

[2] J.S. Bach begann sein „Orgelbüchlein“ in seiner Weimarer Zeit (1708 – 1717), vermutlich um 1713/14. Auf dem (in Köthen eingefügten) Titelblatt des erhalten gebliebenen Autographen schrieb Bach: „Orgel – Büchlein Worinne einem anfahenden Organisten Anleitung gegeben wird, auf allerhand Arth einen Choral durchzuführen, anbey auch sich im Pedal studio zu habilitiren, indem er solchen darinne befindlichen Choralen das Pedal ganz obligat tractiret wird. Dem Höchsten Gott allein zu Ehren, dem Nechsten draus sich zu belehren. Autore Joanne Sebast: Bach p.t. Capellae Magistri S.P.R. Anhaltini – Cotheniensis.“

Bach plante in dem als Schulwerk gedachten „Orgelbüchlein“ 164 Choralmelodien in verschiedensten Formen durchzuführen. 117 Choräle nannte Bach in dem Autographen, 46 nur führte er aus, ein Choral blieb unvollendet. Vorlage war vermutlich ein thüringisches Gesangbauch aus der Zeit um 1675. Es handelt sich um kurze Stücke, meist nicht mehr als 20 Takte, „... schon in dieser Gedrängtheit Wunderwerke musikalischer Logik und Denkkraft“ (vgl. Siegmund – Schultze, S. 52, a.a.O.). Schon Albert Schweitzer sah in den Chorälen des Orgelbüchleins ein „.. Wörterbuch der Bachschen Tonsprache“ (zit. n. Siegmund – Schultze, S. 52, a.a.O.).