28. Februar

 

Finnischer Kalevala – Tag (finn. „Kalevalan päivä“)

 

Die Bezeichnung „Kalevala“ bedeutet „Land, Heimat des Kaleva“, eines mythischen Helden. Das Kalevala berichtet von den mythischen Taten der Nachfahren des Kaleva. Dieser Name seinerseits rührt vermutlich her von dem baltischen Wort „kalev“ Schmied, - der (halb-) göttliche Schmied Ilmarinen ist ein Hauptheld des Kalevala (vgl. Kalevala, Nachwort, S. 374, a.a.O.).

Das Kalevala ist das finnische Nationalepos, das Resultat aus der Sammeltätigkeit von Elias Lönnrot [1].

Das Kalevala beginnt mit einem Schöpfungsmythos: Danach entstand das Universum aus sieben zerbrochenen Eiern, sechs goldenen und einem eisernen Ei. Aus den oberen Schalenhälften entstand der Himmel, aus dem Eigelb die Sonne, aus dem Eiweiß der Mond und aus den restlichen Schalenstücken Sterne und Wolken. Aus dem schwarzen Dotter des Eiseneis entstand eine Gewitterwolke.

Das Epos behandelt u.a. die Versöhnung von Tieren und Waldgeistern mit dem Hexen- und Menschenvolk: Die Helden des Kalevala „…. versprechen, einer Tages mit einer Zaubermühle zurückzukehren, Geld und Mehl und Salz soll sie mahlen. Eine neue Kantele werden sie bringen. Die flügelförmige finnische Zither wird alles Leben mit ihrer Musik verzaubern. Mit strahlendem Licht werden sie wiederkehren, da doch die Nordlandherrin in ihrem Zorn Sonne und Mond versteckt hat“ (vgl. „Die Zeit“, Nr. 28/2002, S. 9).  

Das Kalevala endet mit einer besonderen Interpretation der Jungfrauen – Geburt ( ð Weihnachten).

Von früher Jugend an hatte sich Lönnrot mit der finnischen Volksdichtung beschäftigt. Schon während seines Studiums in Turku wanderte Lönnrot forschend v.a. in den Osten des finnischen Sprachbereichs.  

Jahrelang sammelte er auf langen Wanderungen durch Finnland, Lappland, Karelien und die russischen Ostseeprovinzen unzählige mündlich überlieferte Lieder, Gedichte, Sprüche, Mythen, Märchen etc., die auch Widerspiegelungen historischer Ereignisse seien.

Insgesamt trug Lönnrot ca. 100 000 Verse (v.a. aus Ost – Karelien) zusammen, aus denen er ca. 23 000 auswählte und zu dem Kalevala in 50 Gesängen („Runen“, vom finn. „runo“ Gesang, Gedicht, Rune) zusammenstellte. Lönnrot betrachtete seine Arbeit als Rekonstruktion eines einstigen Volksepos, dessen gerettete Bruchstücke er wieder zusammenfügte. Seine endgültige Fassung erhielt das Kalevala im Jahre 1849.

Lönnrot korrespondierte u.a. mit Jakob Grimm [2] , „… der … für die Motive des Kalevala mythologische Deutungen skizzierte“ (zit. n. Kalevala, Nachwort, S. 371, a.a.O.).

Auf dem Hintergrund von J. Macphersons „Song of Ossian“ versuchte Lönnrot das genuine Kalevala – Material von seinen eigenen Dichtungen zu trennen, was aber bis heute umstritten geblieben ist.

Viele heutige Literaturwissenschaftler sehen das Kalevala eher als ein Kunstprodukt der Romantik, denn als Volksepos. Der Sprichwort- und Kalevala – Forscher Matti Kuusi (1914 – 1998) formulierte 1977, es sei genauso irrig, das Kalevala als echte Volksdichtung zu betrachten, wie „… etwa die ungarische Volksmusik am Werk von Franz Liszt studieren zu wollen“ (zit. n. Kalevala, Nachwort, S. 367, a.a.O.).

Inhaltlich reichen die Texte des Kalevala weit zurück in die mythische vorchristliche Zeit, umfasst Berichte über magische Abenteuer, über Kulturheroen und Schamanenreisen, kosmogonische und Tier – Mythen, Zaubersprüche und Jagdzauber.

Das Kalevala trug seit seiner Entstehung bedeutsam zur Festigung der finnischen Schriftsprache und der Ausgestaltung des finnischen Kulturlebens bei. In Finnlands Schulen ist das Kalevala bis heute Pflichtlektüre.

Im (heute) russischen Teil Kareliens liegt an dem Kujto – See der Ort Kalevala, wo Lönnrot auf die Spur des Mythos gekommen sein soll. Bis heute befindet sich dort ein Erinnerungsbaum an Lönnrot. 

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender, zum Gedenken an die Erstveröffentlichung am 28. Februar 1835)

 

© Christian Meyer



[1] Elias Lönnrot (1802 – 84) arbeitete zuerst als Arzt, dann als Schriftsteller und Volkskundler. Von 1853 – 62 war er Professor für finnische Sprache und Literatur in Helsinki (Helsingfors). Neben dem Kalevala gab es eine Lieder- und Balladensammlung „Kanteletar“ (1829 – 31), Sammlungen von Sprichwörtern, Rätseln und Zaubersprüchen sowie ein zweibändiges Finnisch – Schwedisch – Wörterbuch (1866 – 80) heraus. Lönnrot war 1831 einer der Stifter der Finnischen Literaturgesellschaft.

Im finnischen „Dialektstreit“ war Lönnrots Stellungnahme für eine gemeinsame, die verschiedenen Dialekte umfassende finnische Schriftsprache mit bestimmend.  

[2] Vgl. dazu auch Jakob Grimm: „Über das Finnische Epos“, in den „Kleinen Schriften“, Bd. 2, Berlin 1865