Rogier van den Weyden: „Heimsuchung" ca. 1435/40, heute im Leipziger Museum für Bildende Künste (Abb.: Führungsblatt des Museums)

 

2. Juli:  Katholisches

und lutherisches Fest Fest Mariä Heimsuchung  [0] (lat. "Visitatio Mariae"), ein Lostag des Bauernkalenders.

 

Das Fest wird seit dem 13. Jhdt. gefeiert, als eine der „Sieben Freuden Mariens“.

Das Fest erinnert an den Besuch der schwangeren Maria bei ihrer ebenfalls schwangeren älteren Verwandten (Cousine?) Elisabeth, der zukünftigen Mutter Johannes des Täufers. Schriftliche Quelle dieser Begebenheit und des Fests sind das Lukas – Evangelium (Luk 1, 39 – 56) sowie apokryphe Texte.
Nach dem Evangelium war Johannes ein halbes Jahr älter als Jesus.

 

Einleitend erwähnt der Text, dass Maria „… ging auf das Gebirge eilends zu der Stadt Juda‘s“ (Luk 1,39), um dort im Hause des Zacharias Elisabeth zu treffen [1] .

Zwei auf wundersame Weise schwangere Frauen begegnen einander, wobei der Überlieferung nach der noch ungeborene Johannes, als er die Stimme Marias hörte, im Leib seiner Mutter vor Freude gehüpft sein soll.

Nach dem Lukas – Evangelium wurde Elisabeth nun „.. den heiligen Geistes voll“ und sprach das „Marienlob“: „ Gebenedeiet bist du unter den Weibern, und gebenedeiet ist die Frucht deines Leibes“ (Lukas 1, 42). Dieser Text wurde zur Grundlage des katholischen „Ave Maria“.

 

Anlässlich der Eröffnungskonzerts des Bachfests In Leipzig am 29. April 2005 wurde das „Marienlob“ für sechstimmigen Chor und zwei siebenstimmige Chöre von Heinz Werner Zimmermann (*1930) uraufgeführt. Der Komponist selbst kommentierte sein Werk mit den Worten: „Dieses ‚Marienlob’ will Brücken schlagen. Die erste der drei Motetten ist ein russisch–orthodoxes Marienlob und daher aus nahe liegenden Gründen für Männerchor geschrieben. Die zweite Motette, das Hauptstück vom Zyklus, ist ein gemeinsames evangelisches und katholisches Marienlob: ein sechsstimmiger Chor singt das Marienlob des Lukas – Evangeliums und gleichzeitig singt ein zweiter siebenstimmiger Chor das lateinische Marienlob des katholischen ‚Ave Maria’. Die entstehende Vierzehnstimmigkeit beruht vorwiegend auf einer Technik von Akkordkombinationen, d.h. von ‚Zwillingsklängen’. Die abschließende sechsstimmige Motette ist ein muslimisches Marienlob aus der 3. Sure des Korans. Das Gesamtwerk habe ich ‚allen Menschen guten Willens’ gewidmet“ (zit. n. Glöckner, S. 7, a.a.O.).

Der Text des ‚islamischen Marienlobs’ in der 3. Sure („Haus Imran“) lautet:

                                                               „Maria! Gott hat Dich erkoren,

                                                               gereinigt und bevorzugt

                                                               vor allen Frauen der Welt

                                                               O Maria! Gott verkündet Dir

                                                               Das fleischgewordene Wort.

                                                               Sein Name wird sein Messias Jesus!

                                                               Der Sohn der Maria!

                                                               Herrlich wird er sein in dieser und

                                                               In jener Welt“ (aus 3, 37 & 40, nach anderer Zählung 3, 42 & 45).

 

Das „Magnificat“, der Lobgesang Mariä (Lk 1 46f.), die Reaktion auf das Marienlob der Elisabeth, ist einer der wichtigsten liturgischen Texte des Christentums:

„Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilands; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Sieh von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder; denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und des Name heilig ist. Und seine Barmherzigkeit währet immer für und für bei denen, die ihn fürchten. Er übet Gewalt mit seinem Arm und zerstreuet, die hoffärtig sind in ihres Herzens  Sinn. Er stößt die Gewaltigen vom Stuhl und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllet er mit Gütern und lässt die Reichen leer. Er denket der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf, wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinem Samen ewiglich“.

Das Magnificat ist vielfach vertont worden, u.a. im Jahre 1723 von Johann Sebastian Bach „Magnificat D – Dur“ (BWV 243). 

 

In der christlichen Kunst Europas wurde das Thema vor allem im Mittelalter und der frühen Neuzeit oft dargestellt. Ein berühmtes Beispiel für dieses Motiv ist die „Heimsuchung“ von Rogier van de Weyden (ca. 1398 – 1464), die er ca. 1435/40 malte und die sich heute im Museum für Bildende Künste in Leipzig befindet.

Im Bilde Rogier van der Weydens ( vgl. Abb. oben) legen die beiden reich gekleideten Frauen jeweils eine Hand auf den Bauch der anderen. Elisabeth, die durch ein weißes Kopftuch als verheiratete Frau ausgewiesen ist, deutet einen leichten Kniefall an, huldigt so respektvoll der jungen Gottesmutter und ihrem Kinde.

Im Vordergrund des Bildes sieht man einen kleinen Garten mit u.a. Veilchen, Erdbeeren und Löwenzahn, Pflanzen also, die nach mittelalterlicher Vorstellung mit Maria in Verbindung standen: Veilchen symbolisierten die Demut, die Erdbeeren standen „.. für die Süßigkeit der Frucht ihres Leibes“, der Löwenzahn kennzeichnete Marias Barmherzigkeit und Gerechtigkeit (vgl. Nicolaisen, 2004, S. 3, a.a.O.).

 

Deutsche Bauernregeln besagen:

„Regnet’s am Mariä Heimsuchungstage, so hat man sechs Wochen Regenplage“

„Wird die Mutter Gottes beim Gang übers Gebirge nass, vier Wochen Regen bedeutet das“

„Mariä Heimsuch wird’s bestellt, wie’s Wetter sich 40 Tage hält“.

„Wie Maria über das Gebirge geht, so vierzig Tag lang das Wetter steht“

 

(festliegend, nach dem Gregorianischen Kalender;

eingeführt wurde das Fest auf den 2. Juli, im Jahre 1263 durch den damaligen Generalminister des Franziskanerordens, dem Hl. Johannes Bonaventura, für den Orden.  Das Fest fand aber rasch in der gesamten Kirche Verbreitung.. Mit der Datierung konnte das aber nicht passen. Die Empfängnis wurde am 23. September gefeiert, bis zum Konzil von Trient auch von der katholischen Kirche, bis heute von den Orthodoxen und der armenischen Kirche. Kalendarisch passte dazu der 24. Juni als das Geburtsfest von Johannes dem Täufer. Elisabeth konnte jedoch am 2. Juli – dem Heimsuchungsdatum – noch nicht oder nicht mehr schwanger sein; der 29. August gilt als der Tag der Hinrichtung des Johannes)

 

 © Christian Meyer

 

[0] Der Begriff „Heimsuchung" wird heute v.a. mit der Bedeutung „Unglück, Mißgeschick, Seuche“ benutzt. Im Frühneuhochdeutschen bedeutete er „Besuch".

[1] Aus dieser Episode entstand z.B. von dem Komponisten und Organisten Johannes Eccard (1553-1611, in Berlin) die a capella Motette „Übers Gebirg Maria geht“ auf den Text von Ludwig Helmbold zum Heimsuchungstag.