19. August : altrömisches Vinalia rustica – Fest

 

Im antiken Rom wurde der Beginn der Weinlese durch den Flamen dialis [1] verkündet, dabei wurde dem Jupiter ein Lamm geopfert (vgl. Haussig, S. 236, a.a.O.).. 

Das Fest der Vinalia rustica fand draußen, außerhalb der Häuser, in den Weinbergen statt und galt der Fürbitte für das Gedeihen der Weinstöcke und für das Fernbleiben aller Schädigungen.

Ursprünglich war Fest vermutlich der [2] dem Jupiter  zugehörig.

Der Weinanbau – die Veredelung wilder Rebsorten erfolgte wohl zuerst in Anatolien, im Kaukasus und in Ägypten seit dem 4. Jtsd. - spielte in Italien lange Zeit eine besondere Rolle. Er brachte vielerorts den höchsten Ertrag, der eigentliche Ackerbau stand hinsichtlich der Rentabilität erst an sechster Stelle. Allerdings war der Weinanbau auch die arbeitsintensivste Kultur. Von daher waren die Preise für Winzersklaven dreimal höher als die für Ackerbausklaven.

In der Antike wurden etwa 150 Rebsorten kultiviert, spezialisiert auch nach Klima und Bodenbeschaffenheit. In landwirtschaftlichen Lehrbüchern bildete der Weinanbau das Hauptkapitel.

Aus dem antiken Ägypten gibt es schon aus frühester Zeit (um 3000 v. Chr.) Belege für den Anbau und Genuss von roten und weißen Trauben, auch werden Weinsorten verschiedener Güte aufgezählt, die an Tempel abgeführt wurden (vgl. Kinzler, S. 299, a.a.O.). Berühmt war z.B. der schwere „Kolibi – Wein“ (vgl. Brunner – Traut, S. 23, a.a.O.).

Erhalten geblieben sind auch einige bildliche Darstellungen verschiedener Arbeitsgänge der altägyptischen Weinherstellung.

In dem berühmten Papyrus Ebers (ca. 1550 v. Chr., heute in der Universitätsbibliothek Leipzig) wurden einige Weinrezepte zu einer medizinischen Nutzung aufgeführt.

Schon im antiken Israel gab es berühmte weiße Traubensorten, so die Rebsorte „Sorek“ [3]  (vgl. Jes 5,2 und Jer 2, 21; Luther übersetzte mit „edle Rebe“, bzw. süßer Weinstock“).

Nach Adolf Kinzler hatten „…. diese Trauben …. fast keine Kerne, und sie sind die schmackhaftesten Tafeltrauben, geben die besten Rosinen und den süßesten Wein. Der süße Most wird mit einem Beisatz von getrockneten Trauben (Rosinen) ein wenig eingesotten, wodurch die Gärung vermindert wird, so dass der Wein gleich in Flaschen gefüllt werden kann“ (vgl. Kinzler, S. 306, a.a.O.).  

Im frühen Rom waren griechische Weine hoch angesehen. Unter diesen Weinen waren der Chier (aus Chios) und der Mamtertiner aus Sizilien beliebt. Später verdrängten gute italische Weine die meisten griechischen. Unter den Weinen aus Italien war der (weiße und rote) Falerner [4] hochberühmt, der Massiker, Caecuber und Albaner gehörten nun zu den damaligen teuersten Spitzenweinen. Der eher herbe Setiner war der Lieblingswein des Kaisers Augustus, er machte den Setiner zum kaiserlichen Tafelgetränk. Am (weißen, herben) Surrentiner (aus Sorrent) schieden sich die Geister, Kaiser Tiberius z.B. hielt ihn für nichts anderes als einen edlen Essig (http://imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/kulinarium_wein_01.htm).

Der Weinhandel [5] war lange Zeit im Römischen Reich ein Vorrecht Italiens Aus gesunkenen Handelsschiffen wurde errechnet, dass im 1. Jhdt. v. Chr. nach Gallien jährlich ungefähr 50.000 hl Wein aus Italien eingeführt wurde.

Der italienische Weinhandel wurde von den Kaisern beschützt. Domitian (reg. 81 – 96) erließ sogar ein Verbot des Weinbaus außerhalb Italiens, das erst von Probus (reg. 276 – 282) wieder aufgehoben wurde. In der Folge erlebte der Weinanbau auch z.B. in Gallien, Spanien und den Donauländern einen deutlichen Aufschwung.

 

Der römische Weinhandel reichte bis nach Skandinavien und Indien. Keltische Käufer zahlten zeitweise für eine Amphora Wein einen Sklaven (oder den Gegenwert eines Sklaven).

Der „Falernum vinum“ wurde u.a. von Horaz (65 - 8 v. Chr.) gepriesen, und unter diesem galt der „Massiker“ als die beste Sorte. Horaz meinte: „… auch ich soll kosten schweren Falerner nun“ (Horaz, in: „Rund um den Wein“, S. 58, a.a.O.). Über den Massiker formulierte er:

                               „Was immer wirken möge der Massiker,

                               Der dich erfüllt und würdig den Tag verschönt“

                                               (Horaz, in „Rund um den Wein“, S. 53, a.a.O.).

In den „Oden“ des Horaz (I, 20) heißt es u.a.:

                                               „…Der Caecuber, jener auch, den Calenums

                                               Kelter zwang, die sind dir daheim; es füllet

                                               mein Becher Falerner nicht, es füllt sie

                                               kein Formianer“ (zit. n. Horaz, S. 25, a.a.O.).

Horaz nennt hier die berühmtesten Wein des damaligen Italien: Caecuber und Formianer kamen aus dem südlichen Latium, Calenum war eine kampanische Stadt bei Capua, bei der der Calener angebaut wurde. 

 

Gute bzw. teure römischen Weine waren Jahrgangsweine und wurden entsprechend beschriftet: Vermerkt wurde, in wessen Konsulatsjahr der Wein gekeltert wurde.

Aber schon damals wurde Wein gepanscht und gefälscht, die Echtheit von Jahrgangsweinen war keineswegs sicher. Im berühmten „Satiricon“ des Petronius, im „Gastmahl des Trimalchio“ wird eine solche Fälschung dargestellt: „Sorgfältig vergipste gläserne Amphoren wurden herein getragen, um ihre Hälse hingen Schildchen mit der Aufschrift: ‚Hundertjähriger Falerner, Jahrgang des Opimius’. Während wir noch die Aufschrift lasen, klatschte Trimalchio in die Hände und rief: ‚Ach, der Wein lebt länger als wir geplagten Menschen! So wollen wir uns richtig vollaufen lassen. Im Wein ist Leben. Echten Opimianer kriegt ihr’“ (Petronius, S. 56, a.a.O.). Trimalchios Mahl spielt in der Zeit Kaiser Neros, also rund 180 Jahre nach dem Konsulat Lucius Opimius (121 v. Chr.). Gute alte Zeit??

 

Auch mit der Gesundheit des Weins dürfte es in römischer Zeit nicht weit her gewesen sein. Wegen vielerlei bleihaltiger Gefäße dürfte intensiverer Weingenuss längerfristig oft zu Bleivergiftungen geführt haben (vgl. Neuburger, S. 109/110, a.a.O.). 

 

In Byzanz wurde n die Feste der Weinlese und Traubenweihe weiter gefeiert. bei der am 15. August stattfindenden Traubenweihe „… zogen der Kaiser und der Patriarch aus der Stadt (i.e. Konstntinopel, C.M.) hinaus und nahmen im Rahmen liturgischer Handlungen die Weihe der Weinstöcke vor“ (Haussig, S. 235/36, a.a.O.).

Auch an der – im September beginnenden eigentlichen Weinlese war der byzantinische Kaiser zeremoniell beteiligt. „An dieser Feier, die in Hiereia [1]  auf der asiatischen Seite des Bosporus stattfand, nahmen neben dem Kaiser auch der Patriarch und die höchsten Würdenträger des Reiches teil. Der Kaiser beschenkte sie während der Feier mit Trauben“ (Haussig, S. 236, a.a.O.).

 

(unveränderlich, nach dem Julianischen Kalender; in altrömischer Zeit ging das Sternbild „Winzer“ [2] am 22. August heliakisch, d.h. im Morgengrauen, auf; dieses Ereignis markierte den Beginn der Weinlese)

© Christian Meyer


[1] Der Name Hiereia  (variabel: Ἱερεῖα, Ἱερία, Ἡρία) rührt her von “Heraion akron” (gr: Ἡραῖον ἄκρον, Kap der Hera"), die Bezeichnung einer kleinen Halbinsel (heute: Fener burnu) gegenüber von   Chalcedon (heute: Kadıköy).  Schon Kaiser Justinian I. hatte sich dort einen Palast errichten lassen.

[2] Es handelt sich dabei um den Stern ε Virgo, ein Stern mit einer Helligkeit m von 2,95 im Sternbild Jungfrau. Der Stern trägt bis heute auch den Namen „Vindemiatrix“ („die Winzerin, die Weinleserin“)  


[1] Der Flamen dialis war einer der höchsten Staatspriester der antiken römischen Religion, zuständig für Jupiter, ; er war eine zentrale Figur im Priesterkollegium der flamines. Der Begriff „dialis“ rührt etymologisch her vom altitalischen „diespiter“ Jupiter. Julius Caesar soll als Heranwachsender von seinem Onkel Marius zum Flamen dialis nominiert worden sein, konnte das Amt aber politischen Umsturzes wegen nicht antreten. 

[2] Neben der Vinalia rustica das Fest der Meditrinalia (am 11. Oktober, bei dem die Weinlese beendet war und der junge Most zum ersten Male gekostet wurde, und das Fest der Vinalia prora (am 23. April), bei dem der nun trinkbar gewordene Wein der vorigen Jahres zum ersten Male ausgeschenkt wurde.

[3] Vermutlich stammte die Rebsorte aus dem Tale Sorek, in der damaligen Grenzregion zwischen dem Gebiet der Philister und dem Gebiet des Stammes Dan.

[4] Der Falerner galt als „Wein der Cäsaren“. Angebaut wurden die Reben des Falerners (vermutlich an Ulmen und Maulbeerbäumen rankend) auf dem „ager Falernus“, im nördlichen Kampanien, am heutigen Monte Massico (813m, am südöstlichen Ende des Golfes von Gaeta).

Der Falerner wurde in verschiedenen Geschmacksrichtungen hergestellt, u.a.  auch süss und stark, ähnlich einem Sherry. Zur Herstellung des bei den Römern beliebten Honigweins "Mulsum" wurde der Falerner ebenfalls verwendet. Mulsum war leichter, milder als Wein und als Aperitif geschätzt.

Nach einer erhaltenen pompejanischen Inschrift in einer Weinstube war der Falerner viermal so teuer wie normaler Landwein und kostete 4 Asse:

         “Für ein As bekommst du Wein, für zwei As den besten und für vier As Falerner”.

Ob der heutige kampanische „Falerno del Massico“ dem antiken Falerner entspricht, ist zweifelhaft.

[5] Das lateinische Wort für (Wein-) Händler, Schankwirt, „caupo“ wurde den Germanen sicher durch römische Soldaten und die Weinhändler selbst vermittelt. Es bezeichnete (über das got. „kaupon“ und das ahd. „koufo“ = kaufen) schließlich später im Deutschen jeden „Kaufmann“, ein Indiz für die Bedeutung des antiken Weinhandels.  

....