Sklaven mussten oft die schwersten, anstrengendsten und gefährlichsten Arbeiten verrichten. Die obige Zeichnung stellt den Transport eines Standbildes auf einem Transportschlitten in Assyrischer Zeit (ca. 9. Jhdt. v. Chr.) durch Bausklaven dar. 

Römische Haussklaven: Viele wohlhabende römische Bürger besaßen Sklaven, die in ihren Häusern die alltäglichen Arbeiten verrichten mussten. So gab es Sklaven, die als Köche, Diener, Lehrer, Vorleser, Ärzte, Musiker etc. ausgebildet und tätig waren. 

Denkmal für den Sklavenaufstand in Enna / Sizilien: Im Jahre 1960 - nach mehr als 2000 Jahren - errichtete die Stadt Enna ein Denkmal, das an den Sklavenaufstand von 135 v. Chr. erinnert. Ein Zentrum des damaligen Aufstandes war Enna. Dass Denkmal zeigt einen Sklaven, der seine Ketten zerbrochen hat (Photo: Joachim Steinmar, Micky, Ostern 1979).  

Abb. Sklavenhandel in Afrika 1873 (aus „Die Zeit“, Nr. 51/2017, S. 9)

 

Abb.: „Sklavenschiff“, Gemälde von William Turner, entstanden im Jahre 1840. Das Bild zeigt ein Segelschiff vor einem heraufziehenden Wirbelsturm. Sterbende und tote Sklaven wurden über Bord geworfen. Im Wasser treibend sieht man an den Füßen gefesselte Leichen, die von Fischen, Vögeln und phantastischen Seeungeheuern gefressen werden. Das Gemälde befindet sich heute in dem Museum of Fine Arts in Boston/USA.

 

Historischer Hintergrund des Bildes ist u.a. das Massaker auf dem britischen Sklavenschiff Zong im Jahre 1781. Infolge eines Navigationsfehlers entstand an Bord eine Wasserknappheit, in deren Folge ca. 133 Sklaven über Bord geworfen wurden. So konnte von der Versicherung für den „Warenverlust“ noch eine Prämie von ca. 30 Pfund pro Sklaven eingesteckt werden. Zunächst blieb der Massenmord ohne eine öffentliche Reaktion. 

Bei seinen Reisen durch Europa sah Mark Twain in London auch das Gemälde „Sklavenschiff“ von William Turner. „Was einem Stier das rote Tuch ist, war mir Turners ‚Sklavenschiff’“ (Twain, S. 121, a.a.O.). In seiner distanziert-ironischen Art meinte er zu dem Bild:

 

  • Er sähe darin „grellgelben Schlamm“ statt Wasser
  • „... fahle Explosionen aus Rauch und Flammen“
  • ... „eine karmesinrote Sonnenuntergangspracht“ und „Schwimmen von Ankerketten und anderen nicht schwimmfähigen Dingen“, sowie...
  • „... Fischen, die oben auf dem Schlamm herumschwimmen.

 

Der größte Teil des Bildes ist eine offensichtliche Unmöglichkeit, - das heißt eine Lüge“ (Twain, S. 121, a.a.O.).

 

In einer Fußnote merkte Twain später dazu an, dass er in der National Gallery von den Turner-Bildern „... so gefesselt war, dass ich kaum mehr fortkam. ... Aber die Turner, die mich am meisten anzogen, erinnerten mich nicht an das ‚Sklavenschiff’“ (Twain, S. 122, a.a.O.).

 

Sklavenschiff: Zeichnung von Gegnern der Sklaverei, 19. Jhdt. Auf den Sklavenschiffen Wurden die Sklaven auf ihrem Transport über den Atlantik auf engstem Raum unter Deck zusammengepfercht. Viele Afrikaner starben auf dem wochenlangen Transport an Unterernährung oder Krankheiten. Oft kam nur die Hälfte der menschen "Ladung" lebend in Amerika an. 

Abb.: Zur Erinnerung an die gesetzliche Abschaffung des Sklavenhandels wurde in Großbritannien 2007 diese 2-Pfund-Gedenkmünze geprägt.

2. Dezember: Internationaler Tag für die Abschaffung der Sklaverei.

 

(vgl. andere Formen erzwungener Arbeit: Lagerwelt)

 

Sklaverei im engeren Sinne bezeichnet den Zustand, in dem Menschen als Eigentum anderer behandelt werden. Der Kampf gegen die Sklaverei war lang und ist immer noch nicht gewonnen.

Sklaverei brachte überall, wo sie herrschte, eine Gewaltkultur hervor: „Gewalt war ... konstitutiv, um die Sklaverei aufrecht zu erhalten. Die Sklaven in Afrika mussten in Ketten gelegt werden, um über den Ozean gebracht werden zu können. Und in den Amerikas drohten all jenen drakonische Strafen, welche sich nicht in ihr Schicksal fügten“ (Meissner, S. 142, a.a.O.).

Ernest Mandel wies darauf hin, dass unter Völkern, die keinen Ackerbau und keine Viehzucht betreiben, auch keine Sklaverei existierte (vgl. Mandel, Bd. I, S. 42, a.a.O.).

Unter einem Sklaven [1] versteht man einen Menschen, der vor allem als Produktionsmittel gehandelt werden kann und über den der Eigentümer die Verfügungsgewalt besitzt. Der Sklave hat keine persönliche Freiheit.

 

Sklaven konnten von ihren Besitzern verkauft, geschlagen etc. werden, aber auch freigelassen werden. Prinzipiell war die Dauer des Sklavenstandes unbegrenzt und endete praktisch erst mit dem Tod des Sklaven. Im antiken Babylon allerdings wurden zeitweise bei der Thronbesteigung eines neuen Königs die Sklaven freigelassen. Im alten Israel sollte alle sieben alle sieben Jahre eine Freilassung der Sklaven erfolgen.

 

Während der Dauer des Römischen Reiches wandelte sich der Charakter der Sklaverei deutlich. In der frührömischen Zeit galt ein Sklave (lat. homo servus) als eine Sache, wurde nicht als eigenständige Persönlichkeit gesehen und war keine Rechtsperson. So konnten römische Sklavenbesitzer ihre Sklaven nach freiem Ermessen, willkürlich, bestrafen, misshandeln oder sogar töten. Was der Sklave besaß, gehörte dem Herrn, der Sklave hatte kein Eigentum.

 

Erst nach und nach entwickelte sich das Recht der Sklaven auf Eigentum („Pekulienwesen“ , von lat. peculium“ = Vermögen). Den Sklaven wurden nun bestimmte Nebentätigkeiten gestattet, deren Verdienst ihnen selbst gehörte. Deshalb konnten Sklaven in späterer römischer Zeit auch größere Summen ansparen, sich z.T. auch freikaufen oder sie wurden wegen ihrer Treue und Verdienste zuweilen freigelassen. Freigelassene spielten in dem Römischen Reich zeitweise eine bedeutende Rolle.

 

ca. 40 n. Chr.: Verbot durch den römischen Kaiser Claudius, arbeitsunfähige Sklaven zu töten

ca. 60 n. Chr.: Verbot durch den römischen Kaiser Nero, Sklaven ohne gerichtliches Urteil als Gladiator in die Arena zu schicken

ca. 120 n. Chr.: Verbot durch den römischen Kaiser Hadrian, Sklaven ohne Gerichtsurteil zu töten; gleichzeitig wird die Freilassung von Sklaven erleichtert.

 

Sklave war (und ist) nicht gleich Sklave. Keineswegs alle Sklaven lebten in der gleichen sozialen Situation. Oft waren z.B. auch die Verwalter der großen Güter der römischen Zeit Sklaven, genau so auch das Aufsichts- und Bewachungspersonal. Natürlich lebten diese Sklaven, insbesondere die Haussklaven, unter viel besseren Bedingungen als die einfachen Arbeitssklaven. Gut ausgebildete Sklaven waren auch als Beamte, Schreiber, Stenographen, Lehrer, Ärzte, Künstler etc. tätig.

 

Sklave konnte man u.a. durch Geburt und durch Kriege werden: Zeitweise wurden alle Kriegsgefangenen und die gesamte unterworfene Bevölkerung von den Siegern als Sklaven verkauft. Regelmäßig sanken auf den Sklavenmärkten [2] nach römischen Siegen die Preise für Sklaven, da das Angebot nun so groß war. Manche Kriegszüge waren eigentlich nichts anderes als organisierter Menschenraub und Sklavenjagd. In Polynesien wird ein Sklave „Tangata-Tana“ genannt, d.h. ein Mensch, der aus dem Krieg stammt“ (vgl. Mandel, Bd.I, S. 42, a.a.O.). 

In der Odyssee werden mehrfach Geschichten angeführt, in der Gefangene versklavt werden, so der spätere Sauhirt auf Ithaka, Eumaios (vgl. 15. Gesang, 414 ff; S. 177,a.a.O.).

 

Umgekehrt werden in der „Odyssee“ ebenfalls mehrfach Personen erwähnt, die –obgleich niedrigster sozialer Position, sklavengleich – sich als am menschlichsten, sensibelsten und hilfsbereit erwiesen, so z..B. Eurikleia, die getreue Amme des Odysseus (19. Gesang, 474 f., S. 224, a.a.O.).

 

Und Achilles vergleicht seine Lage im Hades – indirekt – mit der eines Sklaven:

                „Lieber möchte ich fürwahr dem unbegüterten Meier,

                 Der kümmerlich lebt, als Tagelöhner das Feld baun,

                 Als die ganze Schar vermoderter Toten beherrschen“

                                                               (Homer, Odyssee, 11. Gesang, 489-491, S. 132, a.a.O.).

 

Aber auch Einwohner von Sklavenhalter – Staaten selbst konnten durch Überschuldung zu Sklaven gemacht werden (Schuldsklaverei, in Rom seit 510 v. Chr. errichtet ) [3]Auch ausgesetzte Kinder wurden sehr oft zu Sklaven gemacht. 

Sklaverei - d.h. der Zustand der Unfreiheit und vollständigen Abhängigkeit von einem Besitzer - gab es in sehr vielen Kulturen weltweit seit der frühesten geschichtlichen Überlieferung, es gibt sie auch heute noch. Schon die Sumerer vor 5000 Jahren versklavten die Kriegsgefangenen und ihre Nachkommen. Im antiken Mesopotamien und in Ägypten war die Sklaverei seit mindestens dem 3. Jtsd. v. Chr. bekannt.

Auch in den meisten außereuropäischen Kulturen war die Sklaverei weit verbreitet.

Im China der Han – Dynastie (um Christi Geburt) bestand ca. 1 % der gesamten Bevölkerung aus Sklaven, die jedoch weniger in der Landwirtschaft als im Hause und in den Staatsbetrieben arbeiten mussten. 

Auch die Mongolen in Zentralasien pflegten ihre Kriegsgefangenen und besiegte Bevölkerungsgruppen zu versklaven. 

In der indischen Hauptstadt Firuzabad (dem späteren Delhi) sollen um 1400 ca. 180 000 Sklaven gelebt haben, als Diener, Handwerker, Künstler, Lehrer aber auch als Soldaten.

Die größten Vermögen im antiken Athen in der klassischen Zeit (z.B. die von Kallias oder Nikias) entstanden durch die Beschäftigung oder Verpachtung von Sklaven für den Bergbau. Kallias soll zu diesem Zweck ca. 1000 Sklaven besessen oder geliehen haben und erwarb ein Vermögen von ca. 200 Talenten (vgl. Mandel, Bd. I, S. 93, a.a.O.).

Allerdings kauften die Sklavenbesitzer nur eine potentielle Arbeitskraft, sie trugen eine recht hohes Risiko, denn sie mussten für den Sklavenkauf ein kleines Vermögen vorschießen, das sich erst nach Jahren amortisierte.

Sklavenarbeit war zudem immer eine enorme Verschwendung menschlicher Arbeitskraft. Varro schätzte, dass zu seiner Zeit ein Sklave 13 von 45 Tagen unnütz vertat (vgl. Mandel, Bd. I, S. 94, a.a.O.).

 

In der europäischen Antike jedoch wurde die Sklaverei zeitweise zur vorherrschenden Wirtschaftsform. In Griechenland und Rom wurde sie erst im 6. Jhdt. v. Chr. eingeführt. In Athen gab es Keramikmanufakturen, die mehr als 150 Sklaven beschäftigten. Um 430 v. Chr. waren von ca. 155 000 Einwohnern von Athen und Piräus ca. 70 000 Sklaven.

Ein wichtiger Grund für die Ausweitung der Sklaverei war die Entstehung der Latifundien [4], riesiger Landgüter in römischem Besitz,  z.B. auf Sizilien (der ältesten römischen Provinz). Dafür wurden zahlreiche billige Arbeitskräfte benötigt, freie Arbeiter waren zu teuer. Bald darauf wurden die Latifundien und Bergwerke fast ausschließlich mit Tausenden von Sklaven bewirtschaftet. Durch die Latifundienwirtschaft wurden die kleinen freien Bauernwirtschaften zeitweise in Italien fast völlig verdrängt.

 

Der römische Politiker Cato der Ältere (234 – 149 v. Chr.) meinte, die Sklaven auf den Latifundien sollten außer Arbeit, Essen und Strafen nichts anderes kennen, sondern sich möglichst rationell zu Tode arbeiten.

Besonders katastrophal war die Lage der Sklaven in Bergwerken, in denen zum Teil mehr als 1000 Sklaven arbeiten mussten. In einem Bericht über Bergwerke im römischen Spanien um 90 v. Chr. hieß es: „... Die Sklaven, die im Bergbau beschäftigt sind, bringen ihren Besitzern unglaubliche Einkünfte; sie selbst aber müssen unterirdisch graben, bei Tage wie bei Nacht, gehen körperlich zugrunde, und viele sterben infolge der übermäßigen Anstrengung – denn Erholung oder Pausen in der Arbeit gibt es nicht; Aufseher zwingen sie mit Schlägen, die furchtbaren Leiden zu ertragen, bis sie elend ihr Leben aushauchen; wenige nur, die Körperkraft und seelische Widerstandsfähigkeit genug haben, halten durch – und verlängern damit nur ihre Qual. Denn erstrebenswerter als das Leben wäre für sie der Tod wegen der Größe ihres Elends“.

Zeitweise galt höheren und mittleren soziale Schichten in der griechisch – römischen Antike - auch im klassischen Athen - körperliche Tätigkeit,  jede Handarbeit als verächtlich, nur für Sklaven angemessen. Zum Teil galt jede körperliche Arbeit für einen freien Mannes als unwürdig.

 

Teilweise wurden die Sklaven gar nicht als Menschen betrachtet, sie galten als „menschenfüßige Wesen“, als „mit Stimme versehenes Werkzeug“ [5].

Auch Sokrates scheint die Sklaverei gerechtfertigt zu haben. Sklaven seien als solche geboren worden, oder in Kriegen gegen „Barbaren“ gefangen worden. Es sei aber besser als Sklave einem Hellenen zu dienen, als freier „Barbar“ zu sein.

 

Berühmt ist allerdings das Experiment, dass Sokrates – nach Platons Bericht im Dialog „Menon“ (vgl. Platon, 1982, Bd. I. S. 411 ff, a.a.O.) - mit einem der Sklaven Menons [5a] angestellt haben soll. Der Sklave bleibt namenlos, betont wird, er sei Hellene, sei im Hause aufgezogen und spreche hellenisch; Sokrates spricht ihn als „Knabe“ an. Im „Menon“ geht es um die Lehrbarkeit der Tugend, Sokrates versuchte, seine These von dem Erkennen als Wiedererkennen, Wiedererinnern (Anamnese) zu illustrieren: „Denn das Suchen und Lernen ist … ganz und gar Erinnerung“.  Sokrates rief einen mathematisch ungelehrten Sklaven herbei und es gelang ihm durch maieutisch-anregende, z.T. suggestive Befragung den Sklaven selbstständig das geometrisches Problem der Suche nach der Seitenlänge eines Quadrats, das die doppelte Fläche eines bekannten Quadrats haben soll, lösen zu lassen (Platon, 1982 I, Menon, 82a-85b, a.a.O.)..  
Karl R. Popper brachte das Experiment im „Menon“ mit einer „antiautoritären und egalitären“ Tendenz des historischen, nicht des platonischen Sokrates in Verbindung.  Sokrates habe geglaubt, dass jedermann der Belehrung zugänglich sei, dass auch ein ungebildeter Sklave die Fähigkeit besitze, abstrakte Sachverhalte zu verstehen (vgl. Popper, S. 180, a.a.O.).
Platon soll selbst fünf Sklaven besessen haben. Nach einer ungesicherter Überlieferung soll er um 390 v. Chr. in Ägina durch Dionysos I. von Syrakus selbst als Sklave verkauft worden war. Er wurde aber wohl von seinen Feunden und Verwandten freigekauft, schrieb dennoch nie etwas gegen die Sklaverei. Er scheint die Sklaven genauso verachtet zu haben wie alle „niedrig“ geborenen und Bediensteten.

Platon vertrat die Auffassung, alle „Barbaren“ (d.h. alle Nicht-Griechen) seien von Natur aus Feinde, denen gegenüber Krieg und Versklavung angemessen seien (Platon, Politeia, in 1982, Bd. II, 470b, S. 190, a.a.O.). Er wandte sich allerdings gegen eine Versklavung griechischer Kriegsgefangener (Platon, Politeia, in 1982, Bd. II, 469b, S. 189, a.a.O.).  

Auch sollte in Platons autoritärem Idealstaat keineswegs die Sklaverei abgeschafft werden (Platon, Politeia, in 1982, Bd. II, 548e – 549a, S. 297, a.a.O.).

 

Sogar der bedeutende griechische Philosoph Aristoteles (384 – 327 v. Chr. ) rechtfertigte in seiner Schrift „Politik“ die Sklaverei, die er nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen für notwendig hielt. Der Sklave sei durch die fehlende Freiheit charakterisiert, er „… lebe, wie er nicht will“ (Aristoteles, 1943, 1317b, S. 213, a.a.O.). Weiter  meinte er, „...dass einige Menschen von Natur Freie oder Sklaven sind, für welche letzteren es auch nützlich und gerecht ist, Sklaven zu sein“. Nach seiner Definition war ein Sklave ein „beseeltes Werkzeug“ (gr. „empsychon organon“). 

 

Allerdings gab es zur Zeit Platons und Aristoteles auch eine Bewegung, die gegen die Sklaverei gerichtet war und für eine Gleichberechtigung aller Menschen eintrat, so z.B. Antiphon, Antisthenes und die frühen Kyniker (vgl. Popper, S. 318 f, a.a.O.). Auch z.B. der griechische Dichter Euripides (ca. 485 – 406 v. Chr.) kritisierte die Sklaverei und verteidigte die Freiheit aller Menschen.

Die Rechtfertigung der Sklaverei durch die einflussreichsten  antiken Philosophen Platon und Aristoteles hatte deutlich bestärkende Auswirkungen.  

 

Teilweise führten die Sklaven in der Antike keine echten Eigennamen und wurden oft nach ihrer Herkunft oder ihrem Herrn gerufen.

Unterschiede in der Kleidung gab es in der Antike nicht. Arme und Sklaven waren äußerlich nicht zu unterscheiden.

In manchen Regionen (z.B. in Ägypten) wurden Sklaven (wie Tiere) mit einem Brandzeichen des Besitzers versehen. Im 2. Jhdt. n. Chr. kostete eine junge Sklavin in Ägypten ca. 700 Silberdrachmen. 

 

Als Folge ihrer katastrophalen aussichtslosen Lage, ihrer schlechten Versorgung und Hoffnungslosigkeit versuchten viele Sklaven häufig individuelle oder kollektiv die Arbeit bewusst zu sabotieren. Viele Sklaven versuchten zu flüchten, entlaufene und eingefangene Sklaven wurden oft grausam bestraft.  Vor allem aber kam es schon in der Antike immer wieder zu Sklavenaufständen, die bei den Sklavenbesitzern sehr gefürchtet waren.

 

Auf Sizilien erhoben sich z.B. im Jahre 136 v. Chr. Tausende von Sklaven gegen ihre Aufseher und Bewacher. Unter Führung des syrischen Sklaven Eunus und des kilikischen Sklaven Kleon eroberten die aufständischen Sklaven sogar die Städte Henna und Tauromenium (das heutige Taormina). Bis zu 70 000 Sklaven sollen sich an dem Aufstand beteiligt und einige römische Garnisonen auf Sizilien besiegt haben.

Im Jahre 135 ließ sich Eunus (unter dem Namen Antiochus) zum König ausrufen.

Zwischen 135 und 132 v. Chr. gelang es jedoch römischen Truppen unter dem Konsul P. Rupilius den Aufstand blutig niederzuschlagen. Tausende von Sklaven verloren dabei ihr Leben.

Ganz ähnlich blutig und erfolglos verlief der zweite große Sklavenaufstand auf Sizilien 104 – 101 v. Chr., der sogar auf Unteritalien und Griechenland (damals ebenfalls römisch beherrschte Gebiete) übergriff.

 

Ziel der aufständischen Sklaven war jedoch nicht etwa die Abschaffung der Sklaverei, sondern die persönliche Freiheit. Sklaven, die sich nicht an dem Aufstand beteiligten, blieben Sklaven, Gefangene und die Sklavenhalter wurden versklavt.

Ein Sonderfall eines Sklavenaufstandes war der Aufstand des Spartacus, da er von versklavten Gladiatoren (trk. gladiyatör) getragen wurde. Spartacus wollte seine Anhänger aus Italien und dem römischen Herrschaftsgebiet heraus führen, - in die erhoffte Freiheit.

Nach jahrelangen Kämpfen wurde die Armee von Spartacus durch die regulären römischen Truppen unter Crassus besiegt, Spartacus selbst fiel in der Schlacht. 6000 gefangene Sklaven wurden von den Römern an der Via Appia (einer wichtigen Straße) zwischen Rom und Capua gekreuzigt.

 

Ein anderer Sonderfall war der Aufstand des Aristonikos in Pergamon (heute: Bergama, in der nordwestlichen Türkei). Aristonikos war ein unehelicher Sohn des pergamenischen Königs Eumenes II.; das pergamenische Reich hatte sein Halbbruder König Attalos III. 133 v. Chr. in seinem Testament Rom vererbt.

 

Aristonikos rief eine Unabhängigkeits- und Freiheitsbewegung ins Leben, der sich Tausende von Sklaven, aber auch Freigelassene und Teile der armen Landbevölkerung anschlossen. Wie es scheint, wollte Aristonikos einen gerechten, sozialen Staat gründen. Das Zeichen des Aufstands war die Sonne, das alte orientalische Symbol der Gerechtigkeit.

Im Jahre 131 gelang es, ein römisches Heer zu besiegen. 129 aber wurde Aristonikos gefangen genommen, nach Rom gebracht und ermordet. Der Aufstand brach zusammen, das Gebiet von Pergamon wurde zur römischen Provinz Asia. 

 

Als Folge der großen Sklavenaufstände wurde die Sklaverei in der Landwirtschaft als gefährlich und unrentabel angesehen. Deshalb gingen viele Großgrundbesitzer im 1. Jhdt. v. Chr. zu einer Wirtschaftsform mit freien Pachtbauern (Kolonen) über: Die Latifundien wurden in kleinere Einheiten aufgeteilt. Wenige Sklaven waren leichter zu kontrollieren als große Mengen von Sklaven, besonders wenn sie noch eine gemeinsame Sprache sprachen. 

 

In West– und Nord-Europa endete die Sklaverei als bedeutende Form der Wirtschaft im 6. Jhdt. nach Christus.

Zum einen gab es keinen Sklavennachschub mehr, da Kriegsgefangene selten geworden waren. Außerdem waren andere Formen der landwirtschaftlichen und gewerblichen Produktion vorherrschend: sich selbst versorgende kleinere Einheiten, die nicht mehr für den Markt produzierten und deshalb nicht große Mengen an Sklaven brauchten. Jedoch können die Leibeigenschaft und die Hörigkeit als versteckte Formen des Sklaverei betrachtet werden.

Völlig abgeschafft wurde die Sklaverei auch durch das Neue Testament und das Christentum nicht. Jedoch sollten Christen Sklaven nach dem Gebot der Nächstenliebe begegnen. Der Philemon–Brief des Apostels Paulus beschäftigt sich mit dem Problem der Sklaverei. Philemon war ein zum Christentum bekehrter Großgrundbesitzer in der Stadt Kolossä (bei Denizli in der heutigen Türkei). Onesimus, ein Sklave war ihm entlaufen. Dieser hatte sich unterdessen zum Christentum bekehrt und Paulus bittet den Philemon, Onesimus als christlichen Bruder wieder aufzunehmen. Paulus schreibt, dass der Herr den Sklaven „nicht mehr als einen Sklaven“, sondern als „geliebten Bruder“ behandeln solle (Phlm 16; Luther übersetzt Knecht, statt „Sklave“; dieser Begriff existierte zu Luthers Zeit noch nicht).

Die Sklaverei wird nicht prinzipiell abgelehnt, jedoch ist der Sklave für Paulus keine Sache mehr, über die der Herr verfügen kann. Vielmehr stehen beide, Herr und Sklave, unter der christlichen Forderung der Nächstenliebe. 

 

Christen und Muslimen war die Versklavung von Glaubensgenossen (theoretisch) untersagt. Das Konzil von Mâcon verbot 583 den Verkauf christlicher Sklaven an Nicht–Christen, jedoch wurde diese Regelung in der Praxis nicht eingehalten.

 

Auch der Islam stellt die Sklaverei nicht grundsätzlich in Frage. Aber der Koran ermahnt die Gläubigen, die Sklaven (arab. abd) freizulassen oder sie zumindest freundlich zu behandeln. Durch die Vorschriften des Korans wurde das Los der Sklaven in den muslimischen Gebieten manchmal gemildert. So heißt es im Koran:  „.... und seid gut gegen die Eltern, die Verwandten, die Waisen, die Armen, den Nachbarn, sei er verwandt oder aus der Fremde, gegen den vertrauten Freund, den Sohn des Weges und den Besitz eurer Rechten (= Sklaven). Siehe, Allah liebt nicht den Hochmütigen, den Prahler“ (4. Sure, 40).

 

„Und diejenigen von denen, die eure Rechte besitzt ( = Sklaven), und die ein Schriftstück ( = Freilassungsurkunde) begehren – schreib es ihnen, wenn ihr Gutes in ihnen wisset, und gebet ihnen von Allahs Gut, das er euch gegeben“ 24. Sure, 33).

 

Nach der Tradition (der Scharia) waren muslimische Sklaven von den religiösen Pflichten befreit, für die sie Bewegungsfreiheit brauchten (so zum Besuch des Freitagsgebets oder zur Wallfahrt nach Mekka und Medina).

Ein Recht auf Eigentum wird Sklaven nicht zugesprochen. Ausdrücklich wird jedoch das Recht von Sklaven zu heiraten hervorgehoben, allerdings benötigten sie dazu die Zustimmung ihres Herrn.

Kinder aus einer sexuellen Beziehung des Herrn zu seiner Sklavin waren frei und hatten die gleichen Rechte wie die übrigen Kinder. Die Sklavin erhielt nach dem Tode des Herrn die Freiheit.  

 

Schon der französische Orientalist des 17. Jhdts., Barthélemy d’Herbelot, berichtete: Im Jahre 652 (31 n. d. H., zur Zeit des 3. Kalifen Othman) zwang der Emir Abdallah ben Said, der arabische Gouverneur von Ägypten, dem nubischen König Khalidurat einen Schutzgeld-Vertrag auf: Nubien sollte in Zukunft unter muslimischem Schutz stehen, sofern es jedes Jahr 360 Sklaven beiderlei Geschlechts an den Imam von Aswan überstellte (vgl. d’Herbelot, Bd. 3, S. 662, a.a.O.).

 

Auch in der Zeit des arabischen Kalifats von Bagdad (8.- 13. Jhdt.) wurden Sklaven aus Osteuropa, Zentralasien und Ostafrika für verschiedene Zwecke importiert. Politisch bedeutsam wurde die Leibgarde der Kalifen, die seit dem 9. Jhdt. v.a. aus turksprachigen Sklaven bestand. Die Offiziere dieser Truppen beherrschten bald den Kalifen, in Ägypten gründeten die Sklavensoldaten einen eigenen Staat, das Reich der Mameluken.

 

In der Landwirtschaft, den großen Gütern des südlichen Irak und des südwestlichen Iran arbeiteten sei dem 8. Jhdt. Tausende von ostafrikanischen Sklaven, die Zanð genannt wurden. Auch die Bewässerungsanlagen und die Bodenentsalzungssysteme wurden von ihnen in Stand gesetzt.

 

Die  Zanð  wurden bis aufs Blut ausgebeutet und immer wieder kam es zu Sklavenaufständen. Der gefährlichste begann 869: der bald vieltausendköpfigen Sklavenarmee schlossen sich auch viele entlaufene städtische Sklaven, arme Bauern und desertierte Söldner an. Es gelang den Aufständischen mehrere große Städte, wie Basra oder Ahwaz zu erobern.

 

Unter der Führung eines (angeblichen) Nachkommen Alis gründeten die Zanð eine eigene Haupstadt, al – Muhtara (ar.  = die Auserwählte). Die sozialen Bedingungen wurden jedoch nicht verändert: die Sklaverei blieb bestehen, die Aufständischen wurden die neuen Herren.

Truppen des Kalifen konnten nach jahrelangen blutigen Kämpfen den Aufstand niederschlagen und 883 al – Muhtara erobern.

In der Folge wurde jedoch die Sklavenarbeit in der Landwirtschaft des Irak weitgehend aufgegeben , - sie war politisch zu gefährlich. Damit verringerte sich auch der Sklavenimport aus Afrika stark.

Dennoch stellten Sklaven in einigen muslimischen Gebieten bis ins 20. Jhdt. hinein einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar.

 

Im Mittelmeergebiet war es bis ins 19. Jhdt. hinein weit verbreitet, dass die christlichen und die muslimischen Staaten gegenseitig Ländereien und Schiffe überfielen, auch um Gefangene zu versklaven. Vor allem für die Galeeren  brauchte man viele Rudersklaven.

 

Nach der Entdeckung und Kolonisierung Amerikas erfuhr die Sklaverei eine Wiederbelebung. Denn die europäischen Plantagen- [6] und Bergwerksbesitzer benötigten in den amerikanischen Kolonien billige und robuste Arbeitskräfte. Die einheimischen Indianer aber wehrten sich zum Teil, zum Teil weigerten sie sich bzw. wurden im Gefolge der Kolonisierung umgebracht.

So verschleppten europäische Sklavenhändler zwischen 1500 und 1800 mindestens 13 Millionen Afrikaner, Frauen, Männer und Kinder als Sklaven auf den amerikanischen Kontinent. Praktisch alle heutigen Afroamerikaner sind Nachkommen von Sklaven.

Die Zahlen über die Opfer dieser größten Zwangsmigration der Weltgeschichte, des „schwarzen Holocaust“  gehen weit auseinander. Die Berechnungen belaufen sich auf 13 – 100 Millionen Opfer. Bei der größten Zahl sind allerdings auch die Opfer mitgerechnet, die bei der Sklavenjagd, der Gefangennahme und Verschleppung ums Leben kamen.

 

Allerdings muss berücksichtigt werden dass die Masse der Sklaven von Afrikanern gefangen und verkauft wurde. Die weißen Sklavenhändler [7] errichteten meist nur Forts entlang der Küste und erwarben ihre „Ware“ im Tausch gegen Waffen, Stoffe, Branntwein und ähnliche Güter von den schwarzen Sklavenhändlern. Zum Teil waren auch arabische Sklavenhändler an diesem Geschäft beteiligt. Vor allem in Westafrika sprach man von „Sklaven - Ernten“ durch arabische Sklavenhändler.

 

Nach ungesicherten, umstrittenen Berechnungen raubten zwischen 1500 und 1900 arabische Sklavenhändler bis zu 17 Mio. Menschen v.a. in Nord- und Ostafrika, im gleichen Zeitraum verschleppten europäische Sklavenhändler bis zu 15 Millionen Menschen v.a. aus dem westlichen Afrika (vgl. „Die Zeit“, Nr. 51(2017, S. 9). Ohne Zweifel ist Afrika der Kontinent, der am meisten und längsten unter dem Sklavenhandel gelitten hat.

 

Der senegalesisch-französische Anthropologe Tidiane N’Diaye (*1950) hält den arabisch-muslimischen Sklavenhandel in Afrika mit seiner Schätzung nach über die Jahrhunderte ca. 17 Mio. Opfern sogar für einen „verschleierten Völkermord“ (vgl. N’Diaye, a.a.O.).Abubakar Tofawa Balewa (1912  - 1966) war selbst Sohn von Sklaven, wurde Lehrer und erster und einziger nigerianischen Ministerpräsident von 1957-66, er führte das Land 1960 in die Unabhängigkeit. Balewa wurde 1966 nach einem Militärputsch von Militärs entführt und ermordet.  

 

Er schrieb bereits 1955 die mehrfach aufgelegte Erzählung „Shaihu Umar“ (a.a.O.). Sie  wurde in Nigeria ein Bestseller und erlebte mehrere Auflagen auf Haussa, Englisch und Chinesisch..

Im Jahre 1976 wurde die Erzählung in Nigeria von Adamu Halilu (1936 – 2001) auf Haussa verfilmt. Der Film wurde 2016 restauriert und auf der Berlinale 2018 gezeigt.

Die Erzählung und der Film „Shaihu Umaru“ erzählen vom Leiden und Leben des aus einfachsten Verhältnissen im nördlichen Nigeria des späten 19. Jhdts. geborenen späteren Islam-Gelehrten Umar. Er wurde in seiner Kindheit von Räubern entführt, versklavt, schließlich aber von dem arabischen Scheich Abdulkarim freigekauft, als Sohn adoptiert und ausgebildet. Überdeutlich wird in der Erzählung die alltägliche Normalität der Sklaverei. Als Umars Mutter auf der Suche nach dem Sohn selbst versklavt und verkauft wird, nimmt sie es hin – ohne Empörung (vgl. Balewa, S. 69, a.a.O.). Sehr eindrucksvoll wird in dem Film der Marsch der angeketteten afrikanischen Sklaven-Karawane durch die Wüste in den Sudan dargestellt. 

 

Der Sklavenhandel erbrachte u.a. im 17. Jhdt. enorme Gewinne für die europäischen Händler.

„Von 1636 bis 1645 verkaufte die Holländische West-Indische Handelsgesellschaft 23000 Neger für insgesamt 6,7 Millionen Florin; das sind rund 300 Florin pro Kopf, während die im Austausch für die Sklaven gegebenen Waren kaum 50 Florin wert waren“(vgl. Mandel, Bd. I. S. 117/118, a.a.O.).

Europäer und Amerikaner schufen die Nachfrage nach Arbeitskräften, die ganze Regionen Afrikas ihrer leistungsfähigsten Menschen beraubte und afrikanische Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen zerstörte.

 

Der Sklavenhandel hatte für Afrika katastrophale Auswirkungen, denn ganze Landstriche wurden entvölkert und verwüstet. Dabei spielten auch afrikanische Sklavenhändler eine wichtige Rolle. Sie überfielen im Landesinneren ganze Dörfer und verkauften die gesamte überlebende Bevölkerung an die weißen Sklavenhändler an der Küste.

 

Im Jahre 1452 verschleppten portugiesische Kaufleute die ersten schwarzafrikanischen Sklaven auf die eroberten Azoren. 1517 erlaubte Kaiser Karl V. es, - gegen eine Gewinnbeteiligung von 2 Dukaten pro Kopf -  schwarze Sklaven nach Amerika zu verschiffen. Daraufhin werden die ersten schwarzafrikanischen Sklaven nach Westindien verschleppt.

Schon 1532 mussten die Spanier auf ihrer Kolonie Haiti eine besondere Polizeieinheit zur Wiederergreifung flüchtiger Sklaven einrichten. 1562 brachten die ersten britischen Sklavenschiffe ihre Fracht nach Westindien, 1619 zum ersten Mal auf den nordamerikanischen Kontinent, nach Virginia.

 

An dem gewinnträchtigen „Dreieckshandel“, der sich zwischen Europa, Afrika und Amerika bis zum Beginn des 19. Jhdts. versuchten viele europäische Staaten zu partizipieren. Die z.B. portugiesischen Schiffe brachten europäische Waren (grobe Tücher, Glasperlen, Stahl- und Bronzebarren, aber auch Feuerwaffen) zum Verkauf gegen Sklaven nach Afrika. Dann überquerten sie den Atlantik und verkauften die Sklaven in Brasilien, der Karibik oder später in Nordamerika. Von dort kehrten die Schiffe mit Kolonialwaren (v.a. Zucker, Tabak auch Baumwolle) beladen wieder nach Europa zurück (vgl. Armin Fischer, 1997, a.a.O.).

 

Ab 1692 versuchte auch die „Brandenburgisch-Afrikanische-Amerikanische Compagnie“ (BAAC) ca. 20 Jahre lang am  zu partizipieren und handelte unter anderem mit Sklaven. Wegen zu geringem Kapitaleinsatz und zu geringem heimischen Markt für Kolonialprodukte blieb dieser Versuch eine kurze Episode.

 

In Surinam – einer holländischen Kolonie – wurde gegen Ende des 18. Jhdts. festgestellt, dass die Sterblichkeit der afrikanischen Sklaven enorm hoch lag. Keiner der ca. 50 000 Sklaven überlebte die mörderischen Arbeitsbedingungen in den Plantagen Surinams länger als 20 Jahre. Dann mussten neue Arbeitssklaven importiert werden.  

 

Französische Sklavenhändler dürften mehr als eine Million Afrikaner als Sklaven transportiert und verkauft haben. Geldanlagen im Sklavenhandel waren profitabel und deshalb beliebt, so ist bekannt, dass etwa Voltaire Teile seiner Mittel im Sklavenhandel angelegt.

 

Das Bild der Europäer und der Afrikaner der Sklavenzeit war von gegenseitigen Vorurteilen geprägt. Das überraschendste Vorurteil war sicher, dass sie gegenseitig voneinander Kannibalismus vermuteten. Auch viele Afrikaner vermuteten bei den Europäern kannibalistische Absichten: Warum sonst sollten die Europäer so viele Afrikaner verschiffen, von denen praktisch nie jemand zurückkehrte ? Sie verschleppten die Afrikaner, um sie zu verspeisen – was wäre naheliegender als diese Vermutung?

 

Erst durch die Aufklärung im Europa des 18. Jhdt. wandelte sich die Einstellung zur Sklaverei grundsätzlich. Sklaverei wurde nun immer häufiger als barbarisches Überbleibsel des Mittelalters angesehen, als nicht zu tolerierende Verletzung der Menschenrechte.

1758 wurde im spanischen Herrschaftsgebiet die Sklaverei mit Indianern verboten. 1765 wurde in England die Antisklaverei – Gesellschaft gegründet.

Benjamin Franklin gründete 1775 die erste nordamerikanische Anti-Sklaverei-Gesellschaft. Zu ihren Gründungsmitgliedern gehörte u.a. Thomas Paine (1737 – 1809; vgl. „Die Zeit“, 24/2009, S. 76).

 

Der Schwarze in der Zuckerplantage

 

 

Weit von meinem Vaterlande
    Muß ich hier verschmachten und vergehn;
Ohne Trost, in Müh und Schande;
    Ohhh die weißen Männer!! klug und schön!

Und ich hab den Männern ohn Erbarmen
    Nichts getan.
Du im Himmel! hilf mir armen
    Schwarzen Mann!

 

Dieses Gedicht von Matthias Claudius (1740 – 1815) erschien am 31. August 1773 in der Zeitschrift „Wandsbecker Bothe“. Der Initiator und Herausgeber der Zeitung - der örtliche Grundherr Baron Heinrich Carl von Schimmelmann (1724 - 1782) erwarb seinen großen Reichtum u.a. mit Sklavenhandel und karibischen Zuckerplantagen, wo Sklavenarbeit selbstverständlich war.  Claudius, der Redakteur der Zeitung, wurde 1775 gekündigt. Das Gedicht gilt als erste Kritik an der Sklaverei in der deutschen Lyrik, sonst aber fand sich in dem „Wandsbecker Bothen“ nichts an Kritik an dem Sklavenhandel.

 

Als erstes Land überhaupt verbot Dänemark 1792 den Sklavenhandel.

Mit der Einführung des „Allgemeinen Landrechts“ 1794 wurde in Preußen die Sklaverei aufgehoben.

 

Alexander von Humboldt setzte sich auf seiner Amerikareise 1799-1804 kritisch auch mit der der dortigen Sklaverei auseinander. „Empört“ war er über den Sklavenhandel und die Behandlung der Sklaven (Humboldt, 1979, S. 85, a.a.O.).

In seinem Reisetagebuch merkte er an, dass es „unbegreiflich“ sei, wie selten es in Cumaná (im heutigen Venezuela) zu „Herrenmorden“ komme. In der Region gab es zu seiner Zeit ca. 60 000 aus Afrika verschleppte Sklaven.

Überrascht stellte er zudem fest, dass 1799 ein dänisches Schiff in Cumaná Sklaven anlandete, trotz des offiziellen Verbots des Sklavenhandels durch Dänemark.  

Die Käufer der Sklaven „… rissen ihnen den Mund auf, ganz so wie es auf dem Pferdemarkt geschieht“, ein wie Humboldt urteilte, „entwürdigender Brauch. Auf den Antillen wurde zu dieser Zeit noch Sklaven „mit dem Glüheisen“ gekennzeichnet “ (Humboldt, 1979, S. 86, a.a.O.).

Auch berichtete Humboldt von barbarischer Brutalität von Sklavenhaltern „ihren“ Sklaven gegenüber, Morde aber „… bleiben so gut wie unbestraft“  (Humboldt, 1979, S. 127, a.a.O.).

Alexander von Humboldt hielt sich 1804 auf Kuba auf, damals eine spanische Kolonie mit – nach seiner Schätzung - ca. 180 000 Sklaven.
Humboldts „Tagebuch Havanna 1804" wurde erst 2016 mit vielen anderen Manuskripten im Schloss Tegel entdeckt und der Wissenschaft zugänglich gemacht (HiN, Humboldt im Netz). Hier zeigt sich Humboldt als scharfer Gegner der Sklaverei, er beobachtete z.B. wie geflüchtete kubanische Sklaven ins Feuer getrieben wurden, lieber erstickten, als gefangen genommen zu werden (https://www.sueddeutsche.de/wissen/kuba-unbekanntes-tagebuch-humboldts-schildert-graeuel-der-sklaverei-1.3175136).

Vieles spricht dafür, dass Alexander von Humboldt zwar sofort den Sklavenhandel gesetzlich verboten sehen wollte, die Sklaverei selbst aber nur langsam, evolutiv, abschaffen wollte, vermutlich auch mit Sicht auf die revolutionären Entwicklungen im benachbarten Haiti.

 

Nach der Französischen Revolution wurde die Sklaverei Schritt für Schritt in Europa abgeschafft.

In Frankreich wurde 1794 die Sklaverei abgeschafft, 1802 unter Napoleon wieder eingeführt. 1848 wurde das Verbot schließlich erneuert.

 

Die gesetzliche Abschaffung des Sklavenhandels in Großbritannien im Jahre 1807 (vgl. Abb. oben) wird unterdessen vielfach ambivalent beurteilt, nämlich „... als moralische, ideologische und rechtliche Grundlage für die imperialistische Eroberung Afrikas im 19. Jahrhundert ...“ (Maihofer, S. 23, a.a.O.).

 

Neben moralisch-ethischen Motiven zur Abschaffung der Sklaverei gab es auch wirtschaftliche Interessen: Die Kolonien Großbritanniens, in denen die Sklaverei verboten war, hatten dadurch Konkurrenznachteile gegenüber z.B. Brasilien.

 

Auf dem Wiener Kongress 1815 setzte Großbritannien unter den europäischen Großmächten ein grundsätzliches Verbot des afrikanischen Sklavenhandels durch. Jedoch wurden dabei keine Fristen zur Umsetzung des Beschlusses festgelegt.

 

Das Beispiel Brasilien

 

Für die Geschichte Brasiliens ist die Zwangseinwanderung afrikanischer Sklaven von zentraler Bedeutung. Im Jahr 1500 landete der portugiesische Seefahrer Pedro Alvares Cabral im Süden des heutigen Bundesstaates Bahia und nahm Brasilien für die portugiesische Krone in Besitz. Da man dort aber auf keine Reichtümer stieß, wie in Mexiko oder Peru, blieb das Land zunächst für Portugal uninteressant.

 

Erst als in Brasilien der Anbau von Zuckerrohr eingeführt wurde, gewann die Kolonie an Bedeutung für Portugal. Mit dem Zucker (später auch dem Tabak) begann die Sklaverei, die die brasilianische Geschichte jahrhundertelang prägte. Da die Indios sich der Zwangsarbeit verweigerten, begannen die Kolonialherren Sklaven aus Afrika zu beschaffen. Bis zum Ende des 16. Jhdts. hatten die Portugiesen v.a. in den „Capitanias“ Pernambuco und Bahia mehr als 100 Plantagen samt Mühlen und Brennereien (port. engenhos) angelegt.

 

In einem Zeitraum von 350 Jahren wurden 4 - 5 Mio. Sklaven aus Afrika zur Arbeit in den brasilianischen Plantagen und Bergwerken herbeigeschafft, das sind ca. 40 % aller ca. 10,7 Mio. nach Amerika gebrachten Sklaven. 

 

Da der Weg von Afrika nach Brasilien relativ kurz war, wurden die „Verluste“ geringer, die Transportkosten ebenfalls. So wurde Rio de Janeiro der zeitweise größte Umschlagplatz des Sklavenhandels weltweit.

 

Adelbert von Chamisso fand während seiner „Reise um die Welt“ im Dezember 1815 in Süd-Brasilien, auf der Insel Santa Catharina „.. den Sklavenhandel noch im Flor. Das Gouvernement Santa Catharina bedurfte allein  jährlich 5-7 Schiffsladungen Neger, jede zu 100 gerechnet, um die zu ersetzen, die auf den Pflanzungen ausstarben. Die Portugiesen führten solche aus ihren Niederlassungen in Kongo und Mozambique selber ein. Der Preis eines Mannes in den letzten Jahren betrug 200-300 Piaster. Ein Weib war viel geringeren Wertes. Die ganze Kraft eines Menschen schnell zu verbrauchen und ihn durch neuen Ankauf zu ersetzen, schien vorteilhafter zu sein, als selbst Sklaven in seinem Hause zu erziehen. Mögen euch ungewohnt die schlichten Worte eines Pflanzer der neuen Welt ins Ohr schallen.-  Der Anblick dieser Sklaven in den Mühlen, wo sie den Reis in hölzernen Mörsern mit schweren Stampfkolben von seiner Hülse befreien, indem sie den Takt zu der Arbeit auf eine eigentümliche Weise ächzen, ist peinvoll und niederbeugend. Solche Dienste verrichten in Europa Wind, Wasser und Dampf. Und schon stand zu Krusensterns Zeit eine Wassermühle im Dorfe San Miguel. Die im Hause des Herrn und die in ärmeren Familien überhaupt gehalten werden, wachsen natürlich die Menschen näher als die, deren Kraft bloß maschinenmäßig in Anspruch genommen wird. Wir waren übrigens nie Zeugen grausamer Mißhandlungen derselben“ (Chamisso, S. 258, a.a.O.).

 

Erst 1888 wurde die Sklaverei in Brasilien verboten. Das Gesetz, durch das die Sklaverei in Brasilien abgeschafft wurde, heißt „Lei Aurea“, Goldenes Gesetz.

 

 

Brasilien ist – wird von Meissner betont – „...  das Land mit der größten afroamerikanischen Bevölkerung außerhalb Afrikas“ (Meissner, S. 9, a.a.O.). 

 

Der brasilianisch-französische 2020er Berlinale-Wettbewerbsfilm „Todos os Mortos“ ( „All die Toten“; Regie und Drehbuch: Caetano Gotardo und Marco Dutra) beschäftigt sich in verrätselter Form mit der Sklaverei und ihren sozialen Folgen bis heute. Der Film spielt in den Jahren 1899/1900 in der aufstrebenden Stadt Saõ Paulo, in einigen Außenaufnahmen kommt jedoch die heutige Stadtsilhuette mit Hochhäusern ins Bild, zuweilen wird das Klavierspiel im großbürgerlichen Heim von draußen durch ratternde Presslufthämmer untermalt.

1888 wurde in Brasilien die Sklaverei abgeschafft, 1889 das Kaiserreich durch die Republik („República dos Estados Unidos do Brasil“) abgelöst. Die Hautfarbe eines Menschen bestimmt jedoch weiterhin (bis heute weitgehend) die soziale Stellung und beruflichen Möglichkeiten eines Menschen. Im Film wird ein (recht) hellhäutiger Mestize – Eduardo, von den Weißen diskriminiert, obwohl er französische Gedichte rezitiert. Die (weiße) Frau, die er heiraten möchte, verweigert sich – sie will nur Kinder von einem 100 %ig weißen Mann.

Im Film gezeigt werden zwei sehr unterschiedliche Familien, die Soares und Nascimento. Die (weiße) Familie Soares sind halb ruinierte Land- und ehemalige Sklavenbesitzer. Der Vater lebt und arbeitet als Verwalter auf der durch den Wegfall der Sklaven nicht mehr profitablen Kaffee-Fazenda, um das Leben der Familie in der Stadt, in einem großbürgerlichen Haus mit Garten und unterdessen reduziertem Dienstpersonal, zu finanzieren.

Die (schwarze) Familie Nascimento arbeitete als Sklaven auf der Fazenda. Der Vater ging nach der Sklavenbefreiung in die Stadt, um dort ein (geringes) Auskommen zu finden. Seine Frau Ina und sein Sohn Joāo blieben auf dem Land, wurden allerdings von der Fazenda vertrieben, da sie traditionelle afrikanische Rituale praktizierten.

Ana, eine Tochter der Doña Isabel Soares, ist (zumindest) geistig verwirrt, sie sieht und erinnert sich an Personen, die nicht vorhanden sind, vielleicht traumatisiert durch die miterlebte Brutalität der Sklaverei begräbt sie heimlich im Garten des Stadthauses Dinge, die sie (vielleicht) an die Toten der Sklaverei erinnern.

Maria, die zweite Tochter der Soares, ist katholische Nonne, eine allerdings an der Lehre zweifelnde Nonne. Sie bittet Ina, in die Stadt zu kommen und für eine Gesundung Anas jene „heidnischen“ Rituale durchzuführen, derentwegen sie früher von der Fazenda vertrieben wurde.

Ana wird durch das Ritual nicht geholfen, aber Ina findet zu neuem Selbstbewusstsein, zu einer kulturellen Wieder-Verwurzelung (vgl. Tag des Schwarzen Bewusstseins). 

Auch musikalisch wird die heterogene Kultur Brasiliens dargestellt: Ana spielt auf dem Piano Chopin, Ina singt ihrem Sohn afrikanische Gute-Nacht-Lieder vor.

„Wenn wir über das Erbe der Sklaverei sprechen, können wir Themen wie soziale Ungleichheit, Arbeit, die Präsenz schwarzer Menschen in Kultur und Gesellschaft ansprechen“, meinte Marco Dutra (vgl. https://www.wikizero.com/de/Todos_os_mortos).

 

In dem 1967 erschienenen Roman „Quarup“ [x] von Antonio Callado (1917 - 1997) werden die damaligen (50/60er Jahre des 20. Jhdts.) Zustände in brasilianischen Plantagen, insbesondere den Zuckermühlen beschrieben. Die dortigen Arbeiter wurden gezwungen „... unter Bedingungen wie zur Sklavenzeit zu arbeiten“ (Callado, S. 14, a.a.O.): Lange Arbeitszeiten, völlige ökonomische Abhängigkeit von den selbstherrlichen Großgrund- und Plantagenbesitzern , niedrige und ungesicherte Entlohnung, willkürliche Bestrafungen durch die Vorarbeiter, Entlassung bei Versuchen gewerkschaftlicher Betätigung; Proteste werden durch brutale Polizeieinsätze zerschlagen (vgl. Callado, S. 46 f., a.a.O.), Anzeigen werden von der Polizei nicht angenommen, Anwälte ausgewiesen oder vertrieben, Mädchen und Frauen gedemütigt und vergewaltigt. Zu dieser Zeit dürften Analphabeten in Brasilien nicht wählen (vgl. Callado, S. 47, a.a.O.). 

 

Die Abschaffung des Sklavenhandels im Jahre 1807 wird unterdessen vielfach ambivalent beurteilt, nämlich „... als moralische, ideologische und rechtliche Grundlage für die imperialistische Eroberung Afrikas im 19. Jahrhundert ...“ (Maihofer, S. 23, a.a.O.).

 

Neben moralisch-ethischen Motiven zur Abschaffung der Sklaverei gab es auch wirtschaftliche Interessen: Die Kolonien Großbritanniens, in denen die Sklaverei verboten war, hatten dadurch Konkurrenznachteile gegenüber z.B. Brasilien.

 

Am 15. April 1818 wurde – unter deutlichem Druck aus England – ein französisches Gesetz erlassen, das den Sklavenhandel zum Verbrechen erklärte und und unter Strafe stellte.  

 

Die „Oesterreichisch-kaiserliche privilegierte Wiener Zeitung“ berichtete in ihrer Ausgabe vom 1. Februar 1821  davon, dass der französische Kapitän Blais, der das Schiff „Hippolyt“ führte, dabei ertappt wurde, als er vor der afrikanischen Küste Sklaven einhandeln wollte. „… Man brachte ihn nach Saint-Louis (Stadt nahe der heutigen Grenze zu Mauretanien, C.M.), wo er wegen Sklavenhandels zum Verlust seiner Kapitänsrechte und des Schiffs samt Ladung zur Einziehung verurteilt wurde. Er appellierte aber an den obersten Gerichtshof des Senegal, welcher, da drei Richter für und drei wider den Appellanten stimmten, zu dessen Gunsten entschied, ihn freisprach und Schiff und Ladung zu restituieren befahl“.

 

Später erklärte ein oberes Gericht in Paris – in Anwendung des Gesetzes von 1818 das Urteil aus dem Senegal für null und nichtig (vgl. Stegemann, S. 344, a.a.O.).  

 

Im Jahre 1833 erfolgte die Sklavenbefreiung im englischen Herrschaftsgebiet. Circa 640000 Sklaven wurden freigelassen, die früheren weißen Besitzer erhielten eine Entschädigung von 20 Millionen Pfund Sterling durch den britischen Staat.

 

1842 erfolgte ein Verbot des Sklavenhandels, 1846 die Aufhebung der Sklaverei durch den Bei von Tunis.

Im Jahre 1848 erfolgte in der Zweiten Französischen Republik die Abschaffung der Sklaverei. 

Karl Marx sah in der Sklaverei eine „... auf Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis“ begründete Produktionsform, die sich „.... unmittelbar der fremden Arbeit bemächtigen kann, ... (sie nicht) vom Arbeiter selbst kaufen muß, ertauschen muß“ (Marx, 1974, S. 367, a.a.O.).

 

Zudem hielt Marx die Luxusproduktion - „wie sie bei den Alten auftrat, ... (für ein) ... notwendiges Resultat des Sklavenverhältnisses“ (Marx, 1974, S. 337, a.a.O.).

Erst 1848 nach der Revolution wurde in Frankreich auf Betreiben von u.a. Victor Schoelcher die Sklaverei abgeschafft.

 

Das Beispiel Haiti

 

Schon 1505 wurden die ersten afrikanischen Sklaven von den spanischen Kolonialherren nach Haiti ( „bergiges Land“ in der Sprache der Taíno; damals: Hispaniola) gebracht (vgl. Markov, Bd I, S. 445, a.a.O.), da die karibischen Ureinwohner zur Zwangsarbeit unwillig waren und rasch umgebracht wurden. 

Seit dem Beginn des 17. Jhdts. setzten sich französische Seeräuber auf Haiti fest, das sie Saint Domingue nannten. Ende des 17. Jhdts. musste Spanien den Westteil der Insel offiziell an Frankreich abtreten.

Mit der Einführung des Zuckerrohrs aus Java nach Haiti im Jahre 1644 kam es zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung: Es entstanden riesige Zuckerrohr-, dann auch Kaffee-, Kakao- und Baumwollplantagen im Besitz weißer Eigner, bewirtschaftet durch afrikanische Sklaven. Im Durchschnitt führten die Kolonialherren jährlich ca. 30 000 Sklaven auf der Insel ein.

Die Behandlung der Sklaven war oft äußerst brutal, seit 1685 galt auf Haiti der von Ludwig XIV. erlassene „Code noir“, der grausame Strafen ermöglichte. Zwar wurden Sklaven rudimentäre Menschenrechte zugestanden, auch wurde den weißen „Herren“ gewisse Versorgungsverpflichtungen gemacht. Festgelegt wurde aber auch das Recht auf körperliche Bestrafung. Wobei die üblichen Bestrafungen von Sklaven häufig von ungeheurer Grausamkeit waren. Neu „importierte“ Sklaven überlebten meist nicht lange, eine natürliche Vermehrung der Versklavten erfolgte nur wenig.

Auf Haiti kam es 1718, 1720/21 und 1763-70 zu Aufständen der aus Afrika „eingeführten“ Sklaven (vgl. Markov, Bd. I, S. 446, a.a.O.).

 

1789 waren Mulatten und die kleine Gruppe freier Schwarzer Eigentümer von einem Drittel aller Plantagen und einem Viertel aller Sklaven Saint Domingue. Von daher herrschte Uneinigkeit zwischen den meist freien Mulatten und den versklavten Schwarzen.

Die Französische Revolution wirkte sich auf Haiti – die wohlhabenste französische Kolonie - ambivalent aus. Am 15. Mai 1791 setzten Abbé Gregoire, Robbespierre und andere Mitglieder der 1788 gegründeten „Freunde der Schwarzen“ (Société des Amis des Noirs) in der Verfassunggebenden Versammlung ein Dekret durch, das die Gleichberechtigung der freien „Farbigen“ in den Kolonien bestimmte (vgl. Grab, S. 241, a.a.O.).

 

Als die Sklaven und Mulatten die Teilhabe an den von der Nationalversammlung [8] deklarierten Menschenrechten einforderten, wurde der Aufstand blutig niedergeschlagen.

Unter den schwarzen Revolutionären von 1791 waren auch viele geflüchtete Sklaven (Marronen).

Die revolutionären Jakobiner in Paris unterstützten die Freiheitsbestrebungen der ehemaligen Sklaven und sandten eine Armee von 8000 Mann als Hilfe, die allerdings von den einheimischen (weißen) Royalisten bekämpft wurden.

Die revolutionären Aufständischen beschlagnahmten die großen Güter der Franzosen und teilten sie unter den ehemaligen Sklaven auf.

1801 wurde auf Haiti die Sklaverei abgeschafft.

Napoleon versuchte die Entwicklung umzukehren – seine Frau Joséphine (1763-1814) Beauharnais  stammte aus Martinique (9) in der Karibik, ihre Familie besaß dort eine Zuckerrohrplantage, die ohne Sklaven – nahm man an - nicht profitabel arbeiten konnte. Wohl unter dem Einfluss seiner Frau führte Napoleon 1802 die Sklaverei wieder ein.

 

1802 landete eine Interventionsarmee unter Napoleons Schwager General Charles Leclerc (1772 - 1802) auf Haiti und bekämpfte die Aufständischen.

Ihr Anführer, Toussaint l’Ouverture (1743 - 1803) hob 1802 für Haiti den Code noir auf.

Toussaint wurde bei Verhandlungen entgegen den Verabredungen verhaftet und nach Frankreich deportiert. An den harten Haftbedingungen starb er im französischen Gefängnis.

Jedoch erlitt die französische Armee gegen die Sklavenarmee mehrere Niederlagen und wurde zudem durch das Gelbfieber dezimiert. Auch Leclerc selbst starb an der Krankheit. 1803 mussten die letzten französischen Soldaten das Land verlassen.

In den Kriegswirren wurden nahezu alle auf der Insel verbliebenen (weißen) Franzosen getötet; allen Weißen wurde es gesetzlich verboten, in Haiti Land zu erwerben (vgl. Markov, Bd. I, S. 446, a.a.O.).

Am 1. Januar 1804 erklärte Haiti seine Unabhängigkeit von Frankreich. Der neue Staat nannte sich damals „Haiti - Erster Freier Negerstaat“. Auch noch die Autoren von Markov formulierten unkritisch, Haiti sei „die erste unabhängige Negerrepublik der Welt“ (vgl. Markov, Bd. I, S. 446, a.a.O.).

Haiti ist tatsächlich der einzige Staat, in dem eine Sklavenrevolution erfolgreich verlief, sowie der zweite Staat nach den USA, der sich in Amerika von der Kolonialherrschaft befreite.

 

Heinrich von Kleist las 1803 von den Kämpfen auf Haiti und thematisierte die Ereignisse als Hintergrund seiner 1811 erschienenen tragischen Novelle „Die Verlobung in St. Domingo“ (vgl. Kleist, Bd. II, S. 296 ff.).

 

Die Plantagen auf Haiti wurden enteignet und aufgeteilt, besetzt oder verlassen. Die auf dem Export landwirtschaftlicher Güter beruhende Produktion brach vielfach zusammen. Das Ziel vieler haitianischer Revolutionäre, eine egalitäre Gesellschaft, wurde nicht erreicht.  Zudem wurden die Mulatten zur neuen Elite, die Schwarzen blieben weitgehend arm und rechtlos.

 

Haiti bezahlte seine Unabhängigkeit allerdings teuer, „... mit einer internationalen Ächtung und Reparationen an Frankreich in Milliardenhöhe. ....  Forderungen einer Rückzahlung waren bisher fruchtlos“ (Maihofer, S. 23, a.a.O.).

Frankreich anerkannte erst 1825 die Unabhängigkeit Haitis. Für die konfiszierten Latifundien von Franzosen auf Haiti musste die ehemalige Kolonie 150 Mio. Franc Entschädigung zahlen (die Summe wurde 1838/39 bei Gelegenheit des Abschlusses eines Handelsvertrags zwischen Frankreich und Haiti auf 90 Mio. in 30 Raten bis 1867 zu zahlen, reduziert). Diese Zahlungen belasteten dann bis 1887 die Wirtschaft des Landes (vgl. Markov, Bd. I, S. 447, a.a.O.).

Die Schuldenlast lähmte die haitianische Wirtschaft und bildete einen Grundstein für Armut und Korruption. Zur Schuldentilgung wuchs die Steuerlast, auch wurden Anleihen bei französischen Banken aufgenommen, die Auslandsverschuldung wurde chronisch.

Hinzu kamen häufige Kriege und Bürgerkriege, Unruhen, Instabilität, Erdbeben, tropische Wirbelstürme, Diktaturen, Korruption und ausländische Interventionen. Zudem leidet das Land unter einer ökologischen Katastrophe: seit 1492 wurden auf Haiti ca. 98 % der Regenwälder abgeholzt. In der Folge ging ca. die Hälfte des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens durch Erosion und häufige Überschwemmungen verloren. 

 

Haiti ist heute eines der ärmsten Länder der Erde. Im Jahre 2016 hatte das sehr dicht besiedelte Haiti ein Bruttonationaleinkommen von 780 US-$ pro Einwohner (im Vergleich: Deutschland : 43 666  US-$,  Türkei: 11 180 US-$, vgl. Fischer WA 2107).

 

 

Schon 1787 war in den Nordstaaten der USA die Sklaverei verboten worden und 1807 setzten die „Abolitionisten“ (von engl.„abolition“ = Abschaffung), die Befürworter der Abschaffung der Sklaverei, ein Verbot der Einfuhr von Sklaven in die Vereinigten Saaten durch. Oft jedoch wurde diese Regelung durch Sklavenschmuggel umgangen. 

Besonders intensiv wehrten sich die Besitzer der großen mit Sklaven bewirtschafteten Plantagen im Süden der USA gegen alle Versuche, die Sklaverei abzuschaffen.

 

Hier wurde versucht. die Sklaven endgültig auf ihre Lage festzulegen. Es wurde z.B. in Georgia im Jahre 1818 allen weißen Sklavenbesitzern bei einer Strafe von 1000,- US - $ verboten, testamentarisch Sklaven freizulassen oder auch nur auf eigene Rechnung arbeiten zu lassen. Den Sklaven sollte jede noch so kleine Chance auf einen sozialen Aufstieg oder gar eine Gleichberechtigung verbaut werden, Schwarze sollten immer Sklaven bleiben !

 

Im Jahre 1852 wurde in den USA der Roman „Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher–Stowe (1811 – 1896) veröffentlicht. Der Roman schilderte das tragische Leben und den qualvollen Tod des Sklaven Onkel Tom aus Kentucky, der in die Südstaaten der USA verkauft wurde. „Onkel Toms Hütte“ wurde als Welterfolg in alle großen Sprachen der Welt übersetzt und war eine große Anklage gegen die fortdauernde Sklaverei. 

 

1860 zählte man in den Südstaaten der USA knapp 4 Millionen Sklaven.

Erst 1865, durch den US – Bürgerkrieg, wurde die Sklaverei in den Südstaaten der USA abgeschafft.

 

Im Jahre 1873 wurde der große Sklavenmarkt auf der Insel Sansibar von den Briten geschlossen.

Durch die erste türkische Verfassung vom 23. Dezember 1876 wurde die Sklaverei im Osmanischen Reich offiziell abgeschafft. Tatsächlich aber blieb sie regional weiter bestehen.

Erst 1888 wurde die Sklaverei in Brasilien verboten.

 

Im Jahre 1926 wurde durch das Genfer Sklaverei – Abkommen endlich ein internationales Verbot der Sklaverei vereinbart. 1956 wurden durch einen Zusatz zum Genfer Abkommen sklavenähnliche Einrichtungen verboten. Die Wirkung dieser Abkommen blieb jedoch beschränkt. Noch um 1950 sollen auf der Arabischen Halbinsel Sklavenmärkte stattgefunden haben. 1963 schaffte auch Saudi – Arabien offiziell die Sklaverei ab.

 

Das 2. Vatikanische Konzil verurteilte 1965 jede Form der Sklaverei.

 

Mit dem Ende des Bürgerkriegs hatte die damalige US – Regierung 1865 versprochen, jede ehemaligen Sklavenfamilie mit 40 Morgen Land und einem Maulesel für die Leiden der Sklavenzeit zu entschädigen. Weil das entsprechende Gesetz im US – Kongress nicht durchkam, erhielten die befreiten Sklaven jedoch keine Entschädigung und Hilfe.

 

Die USA verdankten ihren heutigen Reichtum auch der unbezahlten Arbeit der Sklaven. Die Versklavung und Verschleppung von Millionen Menschen aus Afrika sei mitverantwortlich für die andauernde Unterentwicklung des „Schwarzen Kontinents“, meinen viele Schwarze in den USA und in Afrika. Sie fordern immer lauter Entschuldigungen und Entschädigung für das "Verbrechen des Jahrtausends".

 

Der Ruf nach Entschädigungen für die ehemaligen Sklaven wird durch die vorgesehene Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus bestärkt: Wenn deutsche Firmen Entschädigung für Sklavenarbeit im faschistischen Deutschland leisten, müsse auch eine „Wiedergutmachung“ für die  Zwangsarbeit der schwarzen ehemaligen Sklaven möglich sein.

 

Die UNESCO hat  den 23. August zum "Internationalen Gedenktag an den Sklavenhandel" ausgerufen.

 

Bewusstseinsbildend wirkte zum Teil auch der Spielfilm „Amistad“ von Stephen Spielberg (1997). Der Film schildert die Meuterei auf dem Sklavenschiff "Amistad" im Jahre 1839. Den 40 Rebellen drohte die Todesstrafe. Den Angeklagten blieb nur die Hoffnung auf den US - Präsidenten John Quincy Adams.

 

Im Iran war seit der vorislamischen  Zeit die Sklaverei weit verbreitet, denn er lag an drei Routen für den Sklavenhandel über Land und über See. Es handelte sich allerdings im eigentlichen Iran v.a. um Haussklaven, mehr Frauen als Männer (vgl. Wiedemann 2017, S. 230, a.a.O.).

 

Noch im 19. Jhdt. war die Sklavenhaltung (pers. „bardehdari“; „gulam, bändä“ Sklave) vor allem bei den reichen Kaufmannsfamilien (z.a. in Isfahan, Maschhad und Teheran) weit verbreitet. Zeitgenössische Berichte belegen, dass auch am Hofe Kinder von Sklaven betreut wurden.

 

Am Hofe von Nasr ed-Din (1831 - 1896), dem Schah aus der Qadscharen-Dynastie, gab es einen schwarzen Eunuchen namens Haji Firuz. Dieser wurde vermutlich zum Urbild der bis heute populären gleichnamigen  Figur, einer Art Herold des Frühlings zum iranischen Neujahrsfest. 

 

Erst 1929 wurde die Sklavenhaltung durch ein Dekret abgeschafft.

 

Bis heute leben im südlichen Iran, am Persischen Golf viele dunkelhäutige Iraner, die allerdings nicht alle Nachfahren von Sklaven sind, sondern von eingewanderten Händlern und Perlentauchern (vgl. Wiedemann 2017, S. 231, a.a.O.).

 

 

Im Rahmen des Völkerbundes wurde im Jahre 1926 ein Staatsvertrag zur Abschaffung der Sklaverei und des Sklavenhandels abgeschlossen.

Die jemenitische Regierung unter dem Imam Yahya schloss sich nicht der Konvention gegen den Menschenhandel an, die Sklaverei blieb im Jemen zulässig (vgl. Rathmann, Bd. 3, S. 214, a.a.O.).

 

In der UNO-Charta für Menschenrechte von 1948 - die auch von Saudi-Arabien unterschrieben wurde - heißt es: „Niemand darf in Sklaverei oder Abhängigkeit gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in jeglicher Form sind verboten."

Am 2. Dezember 1949 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Konvention über die Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung anderer Personen.

Als letztes Land der Erde hob Mauretanien 1980 seine bis dahin auch formal noch bestehenden Sklavereigesetze auf.

 

Allerdings stirbt Sklaverei niemals einfach von selbst ab. Bis heute existiert sie faktisch noch z.B. im Jemen, Mauretanien, in Saudi-Arabien  und im Sudan,  erneut aber im Territorium, das der Islamische Staat beherrscht.

 

Im Jahre 2003 soll Scheich Saleh Al-Fawzan (*1933), ein Mitglied des saudischen Kleriker-Rates, der höchsten geistlichen Institution des Landes, in einer Fatwa geurteilt haben, dass die Sklaverei ein Teil des Islams, ein Teil des Dschihad sei und solange bestehen bleibe, wie der Islam selbst: Wer das leugne sei ein Ungläubiger (vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Contemporary_slavery) – sicher eine Extremposition.

 

Daneben kommt es weltweit in vielen Ländern zu neuen Formen „moderner“ Sklaverei, die zwar nicht so heißt, juristisch auch als abgeschafft gilt, faktisch aber der Sklaverei gleich kommt. Tabellarische Unterscheidungen zwischen der ....

 

         Alten Sklaverei

      Neuen Sklaverei

 Besitzrecht juristisch abgesichert

 Besitzrechte vermieden

 Hoher Kaufpreis

 Geringer Kaufpreis

 Niedriger Profit

 Sehr hoher Profit

 Knappheit an potentiellen Sklaven

 Überschuß an potentiellen Sklaven

 Langfristiges Besitzverhältnis

 Kurzfristige Verfügungsgewalt

 Sklaven werden behalten

 Man entledigt sich der Sklaven

Ethnische Unterschiede wichtig

 Ethnische Unterschiede unwichtigt

 

(aus Bales, S. 26, a.a.O.).

 

Die Menschenrechtsstiftung „Walk Free“ veröffentlichte im Mai 2016 den (allerdings nicht unumstrittenen) „Global Slavery Index“, nach dem im Jahre 2016 ca. 40 Mio. Menschen in weltweit 176 Ländern in modernen Formen der Sklaverei leben, d.h. sie haben keine Kontrolle über das, was mit ihrem Körper geschieht, welche Arbeit sie ausführen, leben z.T. intergenerationell in Schuldknechtschaft und können sie sich nicht aus ihrer Lage befreien (vgl. https://www.alliance87.org/2017ge/modernslavery#!section=1.)

 

Wenn Sklaverei charakterisiert ist durch unwürdige Arbeitsbedingungen, keine Bewegungsfreiheit, lange Arbeitszeiten, keinen oder Hunger-Lohn, wenig Nahrung und katastrophale Unterbringung, viel Demütigung und Gewalt, dann dürfte es im Jahre 2016 ca. 40,3 Millionen Sklaven oder Zwangsarbeiter unter sklavenähnlichen Bedingungen weltweit gegeben haben. 

 

Zudem war Sklaverei nie so kostengünstig wie heute: Hatte im 19. Jhdt. ein Sklave noch einen Geldwert von mehreren zehntausend Euro, so liegt der heutige niedrigste Preis bei 20 Euro, - so erreichnete es die Walk Free Foundation (vgl. Ostendorf, S. 1, a.a.O.). 

 

Viele profitieren von der modernen Sklaverei, die Schlepperbanden die die Opfer anlocken, korrupte Polizei und Justiz, die die Opfer nicht schützen und Vorschriften nicht umsetzen, die Käufer der Arbeitssklaven durch hohe Profitraten – und wir alle, als Kunden, durch (relativ) niedrige Preise [10]. Nur die Opfer selbst, die zwangsarbeitenden modernen Sklaven, sie profitieren nicht (vgl. Ostendorf, S. 1, a.a.O.).

 

Nach Schätzungen der ILO beträgt der jährliche Profit aus Zwangsarbeit ca. 150 Mrd. US-$.

Monika Meisterernst, die Sprecherin der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Berlin, führte dazu aus: „Zwangsarbeit hat mit dem Armutsproblem zu tun, mit der mangelnden Gerechtigkeit in der Welt und mit fehlender sozialer Sicherheit“ (zit. n. Ostendorf, S. 1, a.a.O.).

 

Der ganz überwiegende Teil der modernen Sklaven sind Migrant*innen, die in der Regel von Landleuten mit falschen Versprechungen hinsichtlich Arbeit und Entlohnung „in die Fremde“ gelockt werden. Oft wird ihnen der Pass abgenommen, sie geraten in eine andauernde Schuldknechtschaft (ca. 12 Mio. Menschen). Die Migrant*innen sprechen die Sprache des Landes nicht, sind oft allein und haben häufig keine offizielle Arbeitserlaubnis, sind ohne Informationen über Hilfsmöglichkeiten. Vor der Polizei und der Justiz haben sie Angst, da sie fürchten, abgeschoben zu werden.

Nach der UN-Studie gelingt es 94% der zwangsarbeitenden Migrant*innen nicht, ihre ökonomische Lage im Verhältnis zum Herkunftsland zu verbessern.

 

Migrantinnen sind in vieler Hinsicht besonders gefährdet. Nach der UN-Studie gibt es 15,4 Millionen Menschen die in einer Zwangsehe leben, davon 84% Frauen: „Wenn jemand für eine Ehe verkauft wird, ohne Gegenleistung häusliche Arbeit verrichtet, zudem keine sexuelle Autonomie besitzt, dann ist das nichts Geringeres als Sklaverei“ formulierte Fiona David von der an der Studie beteiligten Walk Free Foundation (zit. n. Ostendorf, S, 4, a.a.O.).

 

Viele weitere Frauen geraten weltweit in sklavenähnliche Zwangsprostitution. Nach Schätzungen werden zurzeit ca. eine Million Kinder sexuell ausgebeutet.

 

Petra Follmar-Otto vom Deutschen Menschenrechtsinstitut in Berlin meinte dazu: „Staaten müssen ihre Migrationsgesetze darauf überprüfen, ob sie die Ausbeutung von Migranten und Migrantinnen befördern, und die betroffenen Menschen müssen Zugang zu Beratungsstellen und zu Gerichten erhalten. Unternehmen müssen außerdem Verantwortung übernehmen für das, was in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten passiert“ (zit. n. Ostendorf, S. 1, a.a.O.). Letzteres aber wird vielfach durch bewußt komplizierte Subunternehmungen erschwert oder verhindert.

 

In Indien leben mit ca. 18,3 Mio. die meisten Menschen in moderner Sklaverei, als Bettler, Haushaltshilfe, SexarbeiterInnen oder Kindersoldaten (vgl. Tagesspiegel, 1. Juni 2016, S. 5).  

 

China belegt nach dem „Global Slavery Index“ mit 3,4 Mio. moderner Sklaven den 2. Platz hinsichtlich der absoluten Zahlen. 

Den höchsten prozentualen Anteil an modernen Sklaven hat Nord-Korea mit ca. 1,1 Mio von 25 Mio. Einwohnern, das sind ca. 4,4% der Gesamtbevölkerung. Der nord-koreanische Staat verleiht – nach einem UN-Bericht – Arbeiter an mehr als 40 Länder weltweit, v.a. nach Asien und Afrika, aber auch in die EU (v.a. nach Polen).

 

Der Staat Nord-Korea nimmt durch die Zwangsarbeiter jährlich geschätzte 2 Mrd. € ein, denn die Arbeiter erhalten nur einen sehr geringen Lohn und leben in einem scharf kontrollierten, praktisch geschlossenen System.

 

In Polen z.B. arebiten die Nord-Koreaner mit regulären Arbeitserlaubnissen sechs Tage wöchentlich, je 12 Stunden, unter zahlreichen Verletzungen des Arbeitsrechts.

 

Tatsächlich aber sind die Arbeitsplätze im Ausland in Nord-Korea sehr begehrt, es werden für sie sogar Bestechungsgelder bezahlt (vgl. Tagesspiegel, 1. Juni 2016, S. 5).

 

Auch die „herkömmliche“ Sklaverei ist in Afrika nicht vorbei. Im Herbst 2017 wurde in Libyen heimlich ein Video aufgenommen, das eine Szene auf einem nächtlichen Sklavenmarkt dokumentierte. Eine Gruppe afrikanischer Männer, vermutlich Flüchtlinge, die nach Europa gelangen wollten, werden verkauft: „Große, strake Jungs für die Feldarbeit“ sagt ein Verkäufer auf Arabisch. Es folgt eine Versteigerung, an deren Ende die Afrikaner für jeweils 1200,- Libysche Pfund ( 337,- €) verkauft werden (vgl. „Die Zeit“, Nr. 51/2017, S. 9).

 

In einigen Regionen Nordafrikas, v.a. in Libyen hat gegenwärtig (2017) der Menschenhandel den Drogenhandel als ertragreichste Einkommensquelle verdrängt.

 

Abb. suchen: geplantes Sklaverei – Mahnmal in den Niederlanden

 

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Anti – Slavery International (ASI) war die Sklaverei 1996 noch in 41 Staaten der Welt verbreitet

 

Im westafrikanischen Staat Mauretanien z.B. leben nach Schätzungen noch immer gegen 100 000 Menschen als Sklaven. Vor allem in den ländlichen Gebieten werden noch immer Tausende Angehörige der schwarzen Bevölkerungsgruppe in völliger Abhängigkeit gehalten

 


[1] Das deutsche Wort „Sklave“ (wie auch das englische „slave“ oder das französische „esclave“) kommt vom mittellateinischen „sclavus“ = unfreie Person. „Sklave“ hat den gleichen Ursprung wie das Wort „Slawe“, die Eigenbezeichnung der slawischen Sprachgruppe, vermutlich wegen der vielen Slawen, die im Mittelalter auf dem Balkan und in Osteuropa versklavt wurden.

[2] Ein großer, berüchtigter Sklavenmarkt – vor allem im 2. Jhdt. v. Chr. -  befand sich auf der griechischen Insel Delos in der Ägäis.

[3] Im Jahre 594 v. Chr. wurde in Athen unter Solon die Schuldsklaverei abgeschafft, versklavte Bauern wurden losgekauft. Im Jahre 367 v. Chr. wurde auch in Rom die Schuldsklaverei abgeschafft.

[4] Von “latus“ = lat. „ausgedehnt“ und „fundus“ = lat. „Grundbesitz“

[5] Nach dem römischen Gelehrten Terentius Varro (+ 27 v. Chr.) war der Sklave ein „instrumentum vocale“ (ein mit einer Stimme begabtes Werkzeug), im Gegensatz zum „instrumentum semivocale“ (mit Lautäußerungen begabten Werkzeugen, Tieren) und dem „instrumentum mutum“ (dem „stummen Werkzeug“, echten Werkzeugen).

 


[5a] Menon war ein reicher, wohl philosophisch interessierter Thessalier, der sich um 431 v. Chr. als Gast in Athen aufhielt. 


[x] Quarup ist ein Totenfest mit Verbrennung und Auferstehung der Ahnen bei den brasilianischen Xingu-Indios im Amazonas-Gebiet.  

[6] In den Plantagen wurden v.a. Zuckerrohr, Tabak und Baumwolle angebaut und Rum hergestellt.

[7] An dem Geschäft beteiligt waren spanische, portugiesische, französische, englische, holländische, preußische, dänische, schwedische, brasilianische und US – amerikanische Schiffe.

[8] Heinrich von Kleist schrieb dazu, dass auf „... unbesonnenen Schritte des Nationalkonvents“ auf der Insel ein „allgemeiner Taumel der Rache“ folgte (vgl. Kleist, S. 296, a.a.O.). Zu den Ursachen des Hasses auf die Weißen lässt Kleist die männliche weiße Hauptfigur ausführen: „... durch das allgemeine Verhältnis, das sie, als Herren der Insel, zu den Schwarzen hatten, und das ich... mich nicht unterfangen will in Schutz zu nehmen; das aber schon seit vielen Jahrhunderten auf diese Weise bestand! Der Wahnsinn der Freiheit , der alle dese Pflanzungen ergriffen hat, trieb die Neger und Kreolen, die Ketten die sie drückten, zu brechen, und an den Weißen wegen vielfacher und tadelnswerter Mißhandlungen, die sie von einigen schlechten Mitgliedern derselben erlitten, Rache zu nehmen“ (Kleist, S. 304, a.a.O.).

[9] Auf Martinique sind ca. 80 % der heutigen Bevölkerung des Überseedepartements Abkömmlinge ehemaliger afrikanischer Sklaven. 

[10] Angeführt werden z..B. Smartphones, die seltene Mineralien, u.a. Koltan  aus dem Kongo enthalten oder Automobile, gebaut  mit brasilianischem Stahl.
„Sklaven in Pakistan haben möglicherweise die Schuhe gefertigt, die Sie tragen, und den Teppich gewirkt, auf dem Sie stehen. Sklaven in der Karibik könnten dafür gesorgt haben, dass in Ihrer Küche die Zuckerdose gefüllt ist und Ihre Kinder Spielzeug haben.In Indien wurde vielleicht das Hemd genäht, das Sie am Leib tragen, und der Ring an ihrem Finger poliert. Lohnerhalten diese Menschendafür keinen..... Sklaven hlten Ihre Kosten niedrig und steigern die Rendite Ihrer Anlagepapiere“ (Bales, S. 10/11, a.a.O.).

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

 

© Christian Meyer

 

Abb. oben: „Allegorie auf die Nichterfüllung des Menschenrechts in den Kolonien“; zeitgenössische kolorierte Radierung, heute in der Bibliotheque Nationale, Paris: Ein schwarzer Sklave fordert die Einlösung der Deklaration vom 15. Mai und hält sie und die Menschenrechtsdeklaration mit dem Artikel 1 in den Händen. Das Füllhorn rechts soll wohl den Reichtum der Kolonien symbolisieren (Kakao, Zuckerrohr). Links entfliehen die Dämonen der Ungerechtigkeit, des Aufstandes, der Selbstsucht und der Aristokratie (Abb. aus Grab, S. 50, a.a.O.).

 

Abb. oben : „Aufstand der schwarzen Sklaven gegen die weißen Platangenbesitzer in Haiti im Herbst 1791“, kolorierte Radierung um 1840 (Abb. aus Grab, S. 81, a.a.O.).

 

Abb. oben: Auf einem bemalten Medaillon, das den Oberkörper einer schwarzen Sklavin mit einer Jakobinermütze auf dem Kopf zeigt, fordert man die Einlösung dees Versprechens der Menschenrechtserklärung: „Auch ich frei, 1789“ (Abb. aus Grab, S. 51, a.a.O.). Das Medaillon befindet sich heute im Musée de l’histoire, Montreuil/Seine.

 

Abb. oben: „Sklavengeneral“ - Der Anführer des Sklavenaufstandes in Haiti, François Dominique Toussaint-Louverture; zeitgenössischer Kupferstich (Abb. aus Grab, S. 82, a.a.O.).

Das im Jahre 2010 von dem Journalisten Bhaskav Sunkara (*1989) gegründete Magazin „Jacobin“ gilt als die führende Zeitschrift der neueren US-amerikanischen marxistisch-sozialistischen Linken.

 

Das Logo des „Jacobin“ zeigt Toussaint L‘Ouverture, den Helden des haitischen Aufstandes gegen die Sklaverei. Der Name des vierteljährlich erscheinenden Magazins bezieht sich auf die dortigen konsequenteren, nicht die Pariser Jakobiner (vgl. Abb. unten)

 

Im Jahre 2018 erreichte der „Jacobin“ im Netz ca. eine Million leser und hatte etwa 30 000 Abonnenten (vgl. „Die Zeit“, Nr. 39/2018, S. 48).

 

Der Suhrkamp Verlag veröffentlichte im September 2018 einen Sammelband mit wichtigen Essays aus dem „Jacobin“.

 

 

Abb. oben: Logo des Magazins "Jacobin"

Szene auf einem Sklavenmarkt, zeitgenössische Darstellung, 1. Hälfte 19. Jhdt. : In Amerika angekommen wurden die Sklaven wie Waren oder Haustiere auf Sklavenmärkten versteigert. Oft wurden Familien auseinander gerissen, wurden an verschiedene Plantagenbesitzer.verkauft und sahen.sich niemals wieder.

Zeitgenössische Darstellung aus den Kämpfen während der Revolution in Haiti. 

Abb.: Sklavenhandel 2017 in Libyen: Auf der Schulter des zukünftigen dunkelhäutigen Sklaven liegt die Hand des hellhäutigen Versteigerers (Abb. aus „Die Zeit“,Nr. 51/2017, S. 9)