25. April: Welt – Malaria - Tag

 

Die Malaria ist ein durch Stechmücken übertragenes, periodisch auftretendes Infektionsfieber. Ein einziger Stich der nachtaktiven Anopheles – Mücke kann ein Leben zerstören.

Der Zusammenhang von Malaria und Mückenstiche erkannte man allerdings erst spät. Im 18. Jahrhundert wurde das Wort „Malaria“ aus dem Italienischen (von „mala“ = schlecht und „aria“ = Luft, d.h. schlechte, ungesunde Luft) ins Deutsche übernommen. Damals sah man die feucht – heiße Luft der Sumpfgebiete als Ursache des Fiebers an. Fälschlich wurde angenommen, dass Miasmen (vom gr. „míama“ = Besudelung, Verunreinigung), aus dem Boden aufsteigende Giftstoffe das Sumpf- oder Wechselfieber auslösen würden.

 

Im Gefolge des Hippokrates (ca. 460 – 370 v. Chr.) betrachteten viele antike Ärzte auch das Wechselfieber als eine Störung im „Säftehaushalt“ des menschlichen Körpers, in Abhängigkeit der jeweiligen Luft-, Wasser- und Ortsverhältnisse.

Hippokrates kannte ein „lang anhaltendes Viertagefieber“ [1] (vgl. Kollesch, S. 103, a.a.O.), Rufus von Ephesos (1./2. Jhdt.) ein „Dreitagefieber“ (vgl. Kollesch, S. 116, a.a.O.). An anderer Stelle führte Hippokrates sogar ein Eintage-, Dreitage und Viertagefieber an (vgl. Kollesch, S. 127/28, a.a.O.).

Dioskurides (2. Hälfte des 1. Jhdts.) empfahl drei ausgewachsene Wurzeln des Wegerich [2], getrunken mit drei Kyathoi ( = ca. 0, 135 l) Wein und genauso viel Wasser gegen das Dreitagefieber, vier Wurzeln des Wegerichs bei dem Viertagefieber (vgl. Kollesch, S. 163, a.a.O.).

 

Von Nordeuropa her gesehen war Italien jahrhundertelang das klassische Malaria–Land und als ganz besonders gefährlich galten die Pontinischen Sümpfe bei Rom, an den Ausläufern der römischen Campagna.

Die Pontinischen Sümpfe (lat. „Pomptinae paludes“, heute: Ager Pontinus) waren ein malariaverseuchtes Sumpfgebiet von ca. 80 000 ha im Latium, zwischen den Albaner Bergen, den Volsker Bergen und der Küste des Tyrrhenischen Meeres.

Die Römer eroberten das Gebiet im 4. Jhdt. v. Chr. von den Volskern und legten durch die Region die erste Hauptstraße, die Via Appia [3] an.

In der Antike war das Gebiet unterschiedlich stark versumpft, stärker nach 218 und 82 v. Chr, sowie in der Kaiserzeit. Es wird vermutet, dass die Latifundienwirtschaft die Versumpfung beförderte. Seit 160 v. Chr. wurden mehrfach Versuche zur Trockenlegung gemacht.  Mehrere Kaiser, König Theoderich und mehrere Päpste von Bonifatius VII. bis Pius VI. ließen daran arbeiten, ohne durchgreifenden Erfolg.

Goethe erwähnte in seiner „Italienischen Reise“ unter dem Datum des 23. Februar 1787 den Plan des damaligen Papstes, Pius VI. (Pont. 1775 – 1799), die Sümpfe trocken legen zu lassen [4]. Gelungen war das nur auf der rechten Seite der wiederhergestellten Via Appia, auf der linken Seite aber fiel der Boden zum Gebirge hin ab und konnte so nicht entwässert werden.

Goethe bemerkt jedoch auch, dass die Reisenden sich lebhaft unterhielten, „… wohl eingedenk der Warnung, dass man auf diesem Wege nicht einschlafen dürfe, und freilich erinnerte uns der blaue Dunst, der schon in dieser Jahreszeit in gewisser Höhe über dem Boden schwebte, an die gefährliche Luftschicht“ (zit. n. Goethe, „Italienische Reise“, o.J., S. 154, a.a.O.).

Das Wort „Malaria“ benutzte Goethe in diesem Zusammenhang noch nicht.

Die Trockenlegung der Pontinischen Sümpfen gelang erst im italienischen Faschismus, ab 1928 mit moderner Technik, Pumpstationen, hunderten Kilometern Straßen und Kanälen sowie durch die Besiedlung mit Tausenden von Menschen.

Noch in der 4. Auflage von „Meyers Konversatiosnlexikon“ im Jahre 1890 meinten die Autoren, dass die Malaria „… wahrscheinlich in der Luft durch in Wasser faulende Vegetabilien und tierische Stoffe erzeugt wird, wobei noch andere Momente mitwirken mögen, z.B. die Feuchtigkeit der Luft selbst, die in ihr schwebenden Pilzsporen und das Trinken des mit organischen Bestandteilen geschwängerten Wassers solcher Gegenden. Die schädliche Wirkung erfolgt bald augenblicklich, bald erst nach Stunden, Tagen, Wochen; bald tritt sie nur in der unmittelbaren Nähe der Sümpfe hervor, bald aber erstreckt sie sich auch auf weitere Entfernungen oder nimmt selbst einen epidemischen Charakter an“ (Bibliographisches Institut, 1890, Bd. 11, S. 144, a.a.O.).

Als Faktoren, die die Malaria einschränkten wurden damals u.a. starke Winde und ein kaltes Klima genannt.

Als einziges Arzeneimittel wurde Chinin in großen Dosen (1 – 5 g täglich) angeführt.

 

In der italienischen Literatur spielte die Malaria vielfach eine nicht zu unterschätzende Hintergrundrolle.

In zum Beispiel Carlo Levis „Christus kam nur bis Eboli“ wird sein Verbannungsort in Lakonien beschrieben: „Der Ort ist gesund und reich. Ein bisschen Malaria, nicht der Rede wert“ (Levi, 1976, S. 14, a.a.O.). Für den örtlichen Arzt war ein „… Meer von Chinin“ das „… einzige Mittel gegen sämtliche Übel“ (Levi, 1976, S. 15, a.a.O.).

Carlo Levi selbst erlebte nachts: „… kaum lag mein Kopf auf dem Kissen, da hörte ich von allen Seiten ihr Summen, das in diesem Malarialand so verdächtig ist“ (Levi, 1976, S. 35, a.a.O.). Und weiter: „Die Malaria, die hier niemanden verschont, hatte sich bereits in ihren unterernährten und rachitischen Körpern eingenistet“ (Levi, 1976, S. 37, a.a.O.).

Erst die moderne genetische Forschung konnte erklären, warum es Malaria-Immunitäten gibt.

Friedrich Vogel, der Heidelberger Humangenetiker, führte an, dass das Allel Fy 0 im Duffy - Blutgruppensystem nur bei der menschlichen Subpopulation der „Negriden" häufig, bei anderen hingegen selten ist. Die Ursache dafür ist: „Die Duffy - Spezifität an der Oberfläche der Erythrocyten dient als Rezeptor für Plasmodium vivax, den Erreger der Malaria tertiana. Bei Homozygoten des Allels Fy0 fehlt dieser Rezeptor: das verschafft ihnen eine angeborene Immunität gegenüber dieser Malaria – Infektion [5] " (vgl. Vogel, in Rössner, S. 95, a.a.O.).

 

Zurzeit erkranken jährlich bis zu 500 Mio. Menschen an der Malaria. Im Jahre 2009 starben weltweit ca. eine Million Menschen an der Malaria, 80 % davon waren Kinder unter 5 Jahren. Besonders kleine Kinder mit schwachem Immunsystem sind häufige Opfer der Krankheit. 

Wird Malaria nicht rechtzeitig behandelt, kann ein infiziertes Kind innerhalb von 24 Stunden tot sein. Ein Leben rettendes mit Insektizid imprägniertes Moskitonetz kostete 2010 ca. 10,- €.   

Erfreulicherweise sanken die Malaria-Todesfälle in den letzten Jahren deutlich, 2013 gab es weltweit „nur noch“ ca. 584 000 Malariaopfer (vgl. „Tagesspiegel“, 9. Dezember 2014, S. 25). Die WHO führte diese Entwicklung auf schnellere Diagnosemöglichkeiten, eine erhöhte Verfügbarkeit von Medikamenten und v.a. den stark vermehrten Einsatz von imprägnierten Moskitonetzen: Ebenfalls 2013 verfügte jeder zweite Afrikaner über einen solchen Schutz, im Jahre 2003 war es nur einer von 33 Afrikanern.  


Insektenforscher um Mark C. Mescher (Pennsylvania State University) stellten fest, dass Malaria-infizierte Mäuse ihren Geruch derart verändern, dass Moskitos besonders gern zu ihnen flogen. Die Malaria-Erreger scheinen den Köpergeruch ihrer Wirte für die übertragenden Mücken besonders attraktiv zu machen. Die Mücken wurden von dem Geruch der Mäuse genau dann angelockt, wenn die Erregerzahl im Blut des Wirts besonders hoch ist. Nun wird untersucht, ob diese Erscheinung auch beim Menschen auftritt (vgl. „Berliner Morgenpost“, 1. Juli 2014, S. 9).

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

 

© Christian Meyer



[1] Entsprechend der traditionellen antik–griechischen Zählweise wurde er 1. Tag mitgezählt, wie dies z.B. auch bei dem Begriff „Pentekoste“, 50 Tage, für Pfingsten geschah.

[2] Auch heute noch werden die Blätter und Blüten von Wegerich–Arten  als Heilpflanzen verwendet. Wegerich soll viel Vitamin C, Proteine und Mineralien, ausserdem Gerbstoffe und sogar antibiotisch wirkende Substanzen enthalten. Wegen seiner antiseptischen, blutstillenden Wirkung wird Wegerich bei Schürfungen und Wunden empfohlen. Insbesondere die Blätter des Wegerichs sollen reizlindernd auf die Luftwege (u.a. bei Husten, Bronchitis) wirken, auch gegen Beschwerden wie Reizdarm, Durchfall oder bei Magen-Darm-Geschwüren.

Hildegard von Bingen empfahl den Wegerich gegen Gicht, Insektenstiche, generell bei Schmerzen und lindernd bei Knochenbrüchen.

Manche Wegerich-Arten werden auch als Salatpflanzen angebaut und genutzt.

[3] Benannt wurde die nach Capua führende Straße nach dem Zensor Appius Claudius Caecus, der Baubeginn erfogte 312 v. Chr.

[4] Die damals eifrig betriebene Trockenlegung der Pontinischen Sümpfe zielte allerdings v.a. darauf hin, seinem – wie ein Renaissancefürst auftretenden – Nepoten billig Land zukommen lassen zu können (vgl. Kühner, S, 168, a.a.O.). 

[5] Die Oberflächen der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) von höheren Lebewesen (auch des Menschen) sind hinsichtlich ihrer Proteine unterschiedlich zusammengesetzt. Auf diesen verschiedenartigen Oberflächen, den Blutgruppen, wirken die Proteine wie Antigene.

Mischt man bei einer Transfusion das Blut verschiedener Blutgruppen, kommt es zur Agglutination der Zellen durch die Bindung an die Antikörper. Deshalb endeten Blutübertragungen vor der Entdeckung der Blutgruppen oft tödlich.

Beim Menschen gibt es 29 bei der Internationale Gesellschaft für Bluttransfusion (ISBT) beschriebene Blutgruppensysteme. Bei der Blutgruppe „Duffy" – benannt nach Herrn Duffy, einem mehrfach transfundierten Hämophilie-Patienten in dessen Serum sie im Jahre 1950 von einer Forschergruppe um Marie Cutbush (*1920 in Victoria/Australien) erstmals entdeckt wurde - ist ein Antigen zugleich ein Rezeptor für Plasmodium vivax, dem Erreger der Malaria tertiana. Duffy-negative Merkmalsträger sind resistent gegen diesen von der Anophelesmücke übertragenen Erreger, da der veränderte Rezeptor den Kontakt mit der Wirtszelle verhindert, der Erreger an der Zelle nicht andocken kann.  

Die Antikörper wurden Anti-Fya (gesprochen: anti-Duffy a) genannt und das zugehörige Antigen Fya. Bereits 1951 wurde von Elizabeth W. Ikin et al. das entsprechende Allel entdeckt und mit dem Namen Fyb bezeichnet.

Die Zugehörigkeit zur Blutgruppe Duffy negativ - Duffy-Gruppe Fy (a- b-) - bildete in Malariagebieten Afrikas einen Überlebensvorteil, so dass dort viele Menschen dieser Blutgruppe überlebten. Europäer und Nord - Amerikaner dagegen sind meist Duffy-positiv. Die Erythrozyten von ca. 65% der englischen Bevölkerung wurden durch die Duffy –Antikörper agglutiniert. In einigen afrikanischen Regionen hingegen weisen nahezu 100 % der Bevölkerung die Blutgruppe Fy (a- b-) auf,  ein evolutiver Mechanismus gegen eine Malaria-Infektion.