Abb.: Der Prophet Muhammad gibt seine Tochter Fatima zur Heirat mit seinem Cousin ʿAlī ibn Abī Tālib, dem späteren 4. Kalifen; auffällig ist, dass das Gesicht Alis nicht verschleiert ist.  Miniatur aus dem „Siyer-i Nebi“ ( ar. „Das Leben des Propheten“), einem Epos über das Leben des Propheten Muhammad; das 6-bändige Werk mit 814 Miniaturen wurde um 1388 von Mustafa ben Yusuf (einem blinden Mevlevi-Derwisch aus Erzurum) auf Bestellung durch den mamelukischen Sultan Barquq in Kairo geschrieben. Die Miniaturen entstanden am osmanischen Hof gegen Ende des 16. Jhdts. Drei Bände eines Exemplars des Werkes befindet sich heute in dem Istanbuler Topkapi Museum (Hazine 1221-1223).  (Abb. aus:http://images.google.de/imgres?imgurl=https%3A%2F%2Fupload.wikimedia.org%2Fwikipedia%2Fcommons%2F3%2F37%2FSiyer-i_Nebi_-_Muhammad_gibt_Fatimas_Hand_Imam_Ali.jpg)

 

 

Schiitisch–muslimischer Geburtstag von Fātima bint Muhammad (auch: Fatima bint Rasulullah oder Fatima Zahra) der Tochter des Propheten Muhammad. Vielen Schiiten gilt dieser Tag auch als  Internationaler Frauentag.

 

Fātima bint Muhammad (ar.  فاطمة بنت محمد, 606-632 n. Chr.), im persischen Sprachraum auch Fātemeh, im Türkischen Fatma, mit u.a. den Beinamen „az-Zahrā“ (الزهراء) die Glänzende, die Wahrhaftige (as-siddiqah), die Gesegnete (al-mubaraka), die Reine (at-tahirah), die Blume (al-batul) oder „Saiyidat Nisāʾ al-ʿĀlamīn“ (سيدة نساء العالمين) „Herrin der Frauen der Welten“).  Die Schiiten verehren Fatima besonders; als einzige Frau wird sie zusammen mit Mohammed und den Zwölf Imamen zu den „Vierzehn Unfehlbaren" (oder „Reinen“) gezählt.  

 

Fatima war die fünfte und jüngste Tochter des Propheten Muhammad, von seiner ersten und lange Zeit einzigen Gattin Chadīdscha bint Chuwailid (555-619 n. Chr.); Fatima gehörte von daher zur ahl al-bait (أهل البيت / ‚Leute des (Propheten)hauses‘); sie war die Ehefrau [1].

Im Koran werden die „Leute des Hauses“ erwähnt: „Siehe, Allah will von euch als den Hausleuten den Greule nehmen und euch völlig reinigen“ (Sure 33, Die Verbündeten – al-Azhab, 33).

Fatima gehörte zusammen mit Asia [2] Maria und Chadidscha zu den im Koran erwähnten Frauen, sie wird vielfach als deren „Fürstin“ angesehen. Sie gilt im Islam als die Beste aller Frauen. Ihr ist die Sure 108, Al-Kauthar (Die Überfülle des Guten) gewidmet.

Schon die Zeugung und Geburt Fatimas werden von allerlei Legenden umrankt. Vor ihrer Zeugung musste der Prophet Muhammad der Überlieferung nach 40 Tage lang fasten. Zudem habe der Engel Gabriel den Propheten vor der Zeugung einen Apfel aus dem Paradies essen lassen.

Ihre Mutter, Chadidscha, sie war damals ca. 48 Jahre alt, musste ,als die Geburt nahte, auf die Hilfe ihrer Verwandten aus dem Stamme der Quraisch verzichten, da diese sie als Muslima boykottierten.

Stattdessen aber seien ihr Engel und hilfreiche Frauen (u.a. auch Maria, die Mutter Jesu) aus himmlischen Sphären bei der Geburt Fatimas zu Hilfe gekommen. Nach einer Überlieferung bestimmte Gott selbst den Namen „Fatima". Der Prophet Muhammad erklärte die Bedeutung des Namens: Sie und ihre Anhänger würden vom Bösen und vor der Hölle ferngehalten.

 

Fatima durfte als junges Mädchen in Mekka ebenfalls unter dem Boykott gegen die Muslime gelitten haben. Nach dem Tode ihrer Mutter (619 n. Chr.) versuchte Fatima die gesellschaftlichen und häuslichen Pflichten zu übernehmen und wurde daher auch „Mutter ihres Vaters" genannt.

 

Wenige Jahre nach der Hedschra, der Auswanderung des Propheten von Mekka nach Medina, wohl im Jahre 1 oder 2 n. d. H. erfolgte die Hochzeit Fatimas mit Ali. Nach einer (umstrittenen) Hadith brachte der Engel Gabriel [3] selbst dem Propheten die Anweisung zur Verheiratung seiner Tochter: „Oh Muhammed, Gott schreibt dir vor, das Licht mit Licht zu verheiraten, Fatima… mit … Ali“.

Einige Überlieferungen gehen davon aus, dass Fatima gegen ihren Willen mit Ali verheiratet wurde. Körperlich scheint sie eher schwach und wenig ansehnlich gewesen zu sein. Auch führte sie an der Seite Alis ein eher bescheidenes Leben, auch das Zusammenleben blieb nicht immer ungetrübt. Der Prophet soll eingegriffen haben, um „den Ehefrieden wiederherzustellen“ (Ritter, in Ibn Ishâq, S. 268, a.a.O.). 

In einigen Überlieferungen wurde berichtet, dass der Prophet Muhammad auch für Fatimas Erziehung Umm Salama (Hind bint Abi Umayya, 596-683) geehelicht haben soll. Allerdings war diese bereits die 6. Ehefrau des Propheten, sie dürfte im Jahre 5. n. d. H. den Propheten geheiratet haben. Zu dieser Zeit aber war Fatima selbst wahrscheinlich schon 3-4 Jahre verheiratet.

Im Haushalt und bei der Erziehung ihrer Kinder wurde Fatima in den Folgejahren von Maimuna Fidha [4] unterstützt.

Einige Episoden des weiteren Lebens der Fatima werden v.a. von Schiiten besonders hervorgehoben, so ihr Verhalten bei der Grabenschlacht, das Drei Tage Fasten und die wundersamen Ereignisse um die Halskette Fatimas.

Die Grabenschlacht [5] war der Angriff einer Armee der Quraisch und einiger Verbündeter auf die junge muslimische Gemeinde in Medina im Jahre 627 n. Chr.  Einem Ratschlag von Salmān al-Fārisīs folgend ließ der Prophet einen Graben um die Oasenstadt anlegen, wobei er selbst nicht nur den ersten Spatenstich getan haben soll (vgl. Ibn Ishâq, S. 163, a.a.O.). Die zahlenmäßig überlegene mekkanische Armee wußte dieser Taktik nichts entgegen zu setzen und zog nach einer Belagerung und Verhandlungen nach 14 Tagen erfolglos wieder ab.

Auf dem Hügel bei Medina, von dem der Prophet das Geschehen beobachtete und leitete, sowie um Erfolg gebetet hatte, wurde später die Masdschid-ul-Fath („Moschee des Sieges“) erbaut.

Zur Unterstützung der Truppen soll einer Überlieferung nach Fatima als Krankenschwester mit an den Graben gekommen sein und die meiste Zeit andächtig gebetet haben. An dieser Stelle wurde später ein kleiner Raum erbaut (mit Gebetsnische, „Fatimas Nische“). Der Raum wird von den wahabitischen Saudis für Besucher abgeriegelt „und ist dem Verfall ausgesetzt“ (vgl. http://www.eslam.de/begriffe/f/fatimas_nische_bei_der_grabenschlacht.htm)

In dem Korankommentar von Abdullah Yusuf Ali wurde zudem angeführt, dass Fatima nach der Schlacht von Uhud (3. n. d. H.) ihren verwundeten Vater medizinisch versorgte und liebevoll Pflegte (vgl. Abdullah Yusuf Ali, S. 1100, a.a.O.).

 

Das Drei-Tage-Fasten sehen Schiiten im Zusammenhang mit der Offenbarung von Teilen der 76. Sure („Der Mensch“- Insan). Dort heißt es: „Sie, die das Gelübde erfüllen und einen Tag fürchten, dessen Übel sich weit ausbreitet, Und die mit Speise, aus Liebe zu Ihm, den Armen und die Waisen und den Gefangenen speisen: ‚Siehe,wir speisen euch nur um Allahs Willen, wir begehren keinen Lohn von euch noch Dank. Siehe, wir fürchten von unserem Herrn einen finsteren, unheilvollen Tag.‘ Drum schützt sie Allah vor dem Übel des Tages und wirft auf sie Glanz und Freude" (Koran 76, 7-11). 

Die Wurzel dieser Offenbarung liege in einer Empfehlung, die einstmals der Prophet Muhammad aussprach, als seine Enkel, Hasan und Husain, krank waren. Er empfahl Ali, das Gelübde (nadhr) abzulegen, drei Tgae zu fasten, damit die Kinder sich wieder erholen würden, - was Ali auch tat. Als sie sich tatsächlich besser fühlten, fasteten Ali, Fatima, Hasan, Husain zusammen mit Maimuna Fidha.

An jedem der drei Abende, während die Fastenden zum Fastenbrechen (dem Iftar) zusammen saßen, klopfte der Überlieferung nach ein hungriger Bettler an der Tür des Hauses. Der erste Bettler war arm, der zweite eine Waise und der dritte ein befreiter Gefangener. Jedes Mal gaben die fünf Fastenden ihr Essen den Bettlern und brachen ihr Fasten einzig mit Wasser.

Am vierten Abend erkannten sie in dem Bettler den Erzengel Gabriel. Dieser teilte ihnen mit, dass zum Lobe ihrer Selbstlosigkeit die obigen Verse des Korans geoffenbart wären (vgl. http://www.eslam.de/begriffe/d/drei_tage_fasten.htm)

Übrigens sehen Sunniten diesen Kontext nicht. In dem sehr genauen Koran-Kommentar von Abdullah Yusuf Ali wird der Zusammenhang mit dem Fasten der Ahl al-Bait mit keinem Wort erwähnz (vgl. Abdullah Yusuf Ali, S. 1656/57, a.a.O.). 

 

Eine Halskette, die Fatima zuvor von [6], das sie besaß,  das allerdings wundersame.Wirkungen entfaltete.

Ein armer alter Mann in zerissenen, ihn kaum bedeckenden Kleidern kam zu dem Propheten Muhammad, der mit seinen Gefährten zusammen saß. „Er bat um etwas, das ihn vollständig kleidete, und dass er sich einmal satt essen könne. Da sagte Propheten Muhammad, dass er nichts habe, was er ihm geben könnte, schickte den Armen aber zum Hause seiner Tochter Fatima und wies darauf hin, dass er dort etwas erhalten würde. Auch sie hatte nichts Essbares im Hause, aber sie gab ihm ihre Halskette und sagte: ‚Verkaufe es, der Erlös soll dir aus deiner Not heraushelfen‘. Der Mann bekam Tränen in die Augen und ging damit zum Propheten. [7] erhielt die Erlaubnis des Propheten, dieses Halsband zu kaufen. Er fragte den armen Mann, was er dafür haben wolle. Dieser antwortete: ‚Ich möchte, dass du mich mit Brot und Fleisch sättigst und mich in ein Gewand kleidest, in dem ich das Ritualgebet verrichten will. Dazu gib mir einen Dinar, damit ich zu meiner Frau und meinen Kindern zurückkehren kann‘. Ammar antwortete: ‚Ich will dir das Gewand für zwanzig Dinar und zweihundert Dirham kaufen, dazu ein Gewand, ein Reittier sowie Brot und Fleisch, das dich sättigen wird‘.

Der alte Mann verkaufte Ammar das Halsband, nahm den Preis entgegen und ging zum Propheten zurück. Dieser fragte, ob er nun gesättigt und gekleidet sei, wie er es wollte, und der alte Mann antwortete ‚Ja! Durch das segensreiche Geschenk Fatimas bin ich nun aus meiner Not befreit. Gott möge sie dafür so reichlich beschenken, wie nie ein Auge gesehen und nie ein Ohr vernommen hat‘.

Ammar nahm das Halsband, besprengte es mit Duftwasser, wickelte es in ein jemenitisches Tuch und wies seinen Sklaven an: ‚Trage es zu dem Gesandten Gottes und überreiche es ihm, auch dich will ich ihm überlassen‘. Als der Sklave nun zum Propheten  kam, schenkte dieser Fatima das Halsband wie auch den Sklaven. Fatima nahm das Halsband und schenkte dem Sklaven die Freiheit, der daraufhin vor Freude lachte. Als er nach dem Grund gefragt wurde, antwortete er: ‚Ich bin erstaunt über den Segen, der von diesem Halsband ausging. Es sättigte einen Hungrigen, kleidete einen Bloßen, half einem Notleidenden aus seinem Elend heraus , verhalf einem Sklaven zur Freiheit und kehrte zu seiner Eigentümerin zurück!‘“ (vgl. http://www.eslam.de/begriffe/h/halskette_fatimas.htm).

 

Die Hand der Fatima (auch Hamsa, Khamsa, ar. خمسة , ḫamsa, „fünf“; vgl. Abb unten), ist ein weitverbreitetes Symbol im Volksislam Nordafrikas und des Orients. Sie gilt als Talisman, vielfach schützend und als wirksame Abwehr gegen die Dschinn und den Bösen Blick.

 

Berühmt ist die Episode, nach der der Prophet Muhammad kurz vor seinem Tode Fatima etwas ins Ohr geflüstert habe, worüber sie freudig gestrahlt habe. Auf die spätere Nachfrage, worüber sie sich denn gefreut habe, meinte Fatima, dass sie von ihrem Vater gehört habe, dass sie die erste der Ahl-al-Bait sei, welche ihm folgen, sterben werde.

Bald nach dem Tode des Propheten und der Wahl Abu Bakrs zum Nachfolger, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, an denen auch Fatima beteiligt war. Es kam zu einem Streit mit Aischa, zudem wurde Fatima – in der Sicht vieler Schiiten - durch den Kalifen unrechtmäßig ein Teil ihres Landbesitzes (der fruchtbare Landstrich Fadak, einschließlich einer Oase bei Chaibar, ca. 150 km nördlich von Medina, vgl. Laoust, S. 3, a.a.O.) genommen. Wegen des Streits mit Abu Bakr soll sie nie wieder mit ihm geredet haben.

Für einige Schiiten gilt die Wegnahme von Fadak als ein 1400jähriges, bis heute ungesühntes Verbrechen. 

Ali, der Ehemann Fatimas, soll ihr zum Trost nach dem Tode des Propheten eine umfangreiche geheimnisvolle Schrift verfasst haben, die das „Buch Fatimas“ (Mushaf Fatima) genannt wurde und unter den schiitischen Imams weitervererbt worden sein soll. Viele Schiiten glauben, dass der Mahdi das Buch bei sich haben wird.

 

Fatima starb am 3. Dschumada al-Uchra im Jahre 11 n.d.H. (nach anderen Überlieferungen am 10. Dschumada al-Uchra oder 13. Dschumada al-Ula). Sie soll ihren Vater nur 75 (oder 95) Tage überlebt haben und in einer kleinen Kammer infolge der erlittenen Verletzungen verstorben sein, die sie sich hochschwanger zugezogen hatte: Sie hatte einer Überlieferung nach die Haustür zugehalten, als Ali zum Treueid gezwungen werden sollte und Abu Bakr und Umar ibn Chattab (der spätere 2. Kalif) gewaltsam in das Haus eindrangen und die Tür eintraten. Auch Feuer soll dabei gelegt worden sein. Fatima verlor dabei der Überlieferung nach ihr Kind Muhsin. Einigen Hadithen zufolge wurde sie sogar in einem Gefecht mit Umar ibn al-Chattab von diesem ermordet.

Fatimas Leiden nach dem Tod ihres Vaters sind eine zentrales Element der schiitischen Tradition.

 

In ihrem Testament soll Fatima Ali darum gebeten haben, ihren Körper heimlich nachts auf einer Bahre in Medina zu Grabe zu tragen: Niemand solle ihr Grab kennen, damit Abu Bakr und Umar ibn Chattab niemals an ihr Grab kommen könnten, sie schuld daran seien, dass ihr Mann Ali umgangen wurde und nicht als direkter Nachfolger anerkannt wurde.

Fatima ist so die einzige bedeutende Figur der islamischen Frühgeschichte, deren Grabstätte unbekannt ist.

Schiiten glauben, dass der Mahdi die Grabstätte kenne und Fatima seinen Anhängern mitteilen werde, wann er wieder kommen werde.  

Viele Historiker gehen bis heute davon aus, dass Ali seine Frau Fatima entweder auf dem Friedhof al-Baqīʿ oder im Rawdah begraben habe; Rawdah wird der Bereich innerhalb der Prophetenmoschee (al-masǧid an-nabawī) genannt, die heute zwischen der Kanzel/Minbar [7a] und dem Grab des Propheten Muhammad liegt. Heute ist dieser Bereich der Moschee mit grünen, ansonsten mit roten Teppichen bedeckt.

 

Einst bezeichnete der Name das Gebiet zwischen dem Hause des Propheten und der Kanzel der ältesten Moschee Medinas. In der Rawdah befinden sechs Säulen, genau an den Orten, an denen zu Lebzeiten des Propheten sechs Dattenpalmholz-Säulen standen, an denen der Prophet z.B. oft gebetet haben soll.

Abu Hurayrah [8] berichtete (nach al-Buhari, 1196), dass der Prophet einst geäußert habe: Das Gebiet zwischen meinem Hause und meiner Minbar ist einer der Gärten (ar. „riyaad“, sing. „rawdah“) des Paradieses und meine Minbar befindet sich auf meiner Zisterne. Diese Überlieferung - der zufolge dort etwas paradiesisches liege - wird besonders von Schiiten als Anspielung darauf verstanden, dass Fatima dort begraben werden soll.

Die Rawdah wird auch „Riyad al.Jannah“, Gärten des Paradieses [7b] genannt und vielfach als heilig angesehen.

 

Pilger in Medina versuchen in der Regel auch ar-Rawdah an-Nanawiya, die Gärten der Prophetenmoschee  zu besuchen und dort zu beten, denn nach der Tradition sollen dort geäußerte demütige Bitten und Gebete immer erfüllt, nicht zurückgewiesen werden. Allerdings ist der Zugang nicht immer möglich, v.a. während der Hadj wäre der Bereich völlig überfüllt, wenn die saudische Polizei nicht an zwei Pforten kontrollieren und beschränken würde. 

 

Baqīʿ al-Gharqad (ar.  بقيع الغرقد,), auch Dschannat al-Baqīʿ (ar. جنة البقيع,  der Garten von al-Baqīʿ‘) oder einfach nur al-Baqīʿ, ist der erste und älteste islamische Friedhof in Medina. Der Friedhof liegt neben der Prophetenmoschee. Am Morgen nach Fatimas nächtlichen Beerdigung sollen – nach ungesicherten Überlieferungen - auf dem mehrere neu angelegte Gräberhügel Friedhof al-Baqīʿ gesehen wurden. Deshalb gingen manche Zeitgenossen davon aus, dass Ali mehrere Grabhügel anlegen ließ, um zu verschleiern welches das tatsächliche Grab ist.

Auf dem Friedhof wurden später viele Verwandte und Gefährten des Propheten begraben,  sowie auch Imame der Zwölferschia:

  • Hasan ibn 'Alī (625-670 n. Chr. ), ein Enkel des Propheten Muhammad, Sohn Alis und Fatimas; für die 12er-Schia der 2. Imam
  • Alī ibn Husain Zain al-ʿĀbidīn (658-713 n. Chr.), ein Urenkel des Propheten, für die 12er-Schia der 4. Imam
  • Muhammad al-Bāqir (ca. 676 – ca. 736), ein Ururenkel des Propheten, für die 12er-Schia der 5. Imam, für die Ismailiten der 4. Imam
  • Dschafar as-Sadiq (ca. 700 – 765 n. Chr.), ein Urururenkel des Propheten, für die 12er-Schia der 6. Imam, für die Ismailiten der 5. Imam

Viele orthodoxe Sunniten, Salafisten und insbesondere Wahabiten (oder auch der IS) sehen in der Verehrung auch von islamischen Heiligen-Gräbern eine Art von Idolatrie, eine Verletzung der „tauhid“, der Einheit und Einzigkeit Gottes und die Gefahr vor ‚shirk` (ar. شرك, „Beigesellung“), d.h. einer Vergötzung des Begrabenen.

Deshalb wurden im Bereich der saudischen Herrschaft immer wieder Heiligengräber, Schreine etc. als unislamisch zerstört.

Als 1803/04 die Saudis erstmals Mekka und Medina eroberten, wurden eine Reihe historisch-islamischer Monumente zerstört, so u.a. ein Schrein, der an dem (angeblichen) Grab Fatimas errichtet worden war (vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Destruction_of_early_Islamic_heritage_sites_in_Saudi_Arabia). 

Nach der erneuten Eroberung von Mekka und Medina unter dem saudischen König Abd al-Aziz ibn Saud (1924/25) sollen durch den – wie v.a. schiitische Kritiker meinen „saudischen Vandalismus“ in den letzten 50 Jahren 300 historische mit dem Propheten Mohammed irgendwie in Verbindung gebrachten Stätten zerstört worden sein. In Medina betraf diese Zerstörung größere Mausoleen, u. a. die Salman al-Farsi Moschee oder den Dschannat al-Baqi-Friedhof, auf dem vielleicht Fatima beerdigt wurde.

Zudem legten die saudischen Behörden Besuchern der Grabfelder zunehmend Hindernisse in den Weg; so ist die Annäherung an die Gräber der vier Imame kaum mehr möglich. Auch wurde Frauen den Zugang zu den Grabfeldern verboten.

 

Ibn Battuta, der große arabische Reisende, der die Stadt Medina um 1326 n. Chr. besuchte, bemerkte u.a.: „Im Norden des heiligen Grabmals … befindet sich ein kleines, mit Marmor ausgelegtes Becken, vor dem in südlicher Richtung eine Gebetsnische steht. Man sagt, es sei die Wohnung Fatimas gewesen, der Tochter des Gesandten Gottes. Andere sagen, dies sei ihr Grabmal. Nur Gott allein kennt die Wahrheit“ (Ibn Battuta, Bd. 1, S. 115, a.a.O.).

Im Grunde war Fatimas Leben eine „… wenig spektakuläre Biographie“ (vgl. Khoury, Bd. I, S. 246, a.a.O.), ihre historisch bedeutsame Rolle spielt sie als Stammmutter v.a. der schiitischen Imame und Dissidenten (vgl. Laoust, S. 100, 135, 136 etc. a.a.O.), namentlich auch beim Kalifat der Fatimiden.

 

Zur Feier des Geburtstages von Fatima begnadigte im Jahre 2010 der iranische Revolutionsführer Chamenei 81 zu „drakonischen Strafen verurteilte Demonstranten“ der oppositionellen „Grünen Bewegung“ (vgl. „Die Zeit“, 10. Juni 2010, S. 5).

 

Der Titel des Romans „Die Dame mit der bemalten Hand“ [8a] von Christine Wunnicke [8b]  ist die Bezeichnung für ein altes arabisches Sternbild, zu dem auch die Kassiopeia und Perseus gehörten. Gemeint ist dabei die mit Henna rot gefärbte Hand einer Frau, z.T. wurde dabei auch Fatima, die Tochter des Propheten Muhammad, gemeint.

Die Hand des arabischen Sternbilds wurde gebildet aus den Sternen Cassiopeias, α Cas, β Cas, γ Cas, δ Cas, ε Cas und η Cas, der Arm aus den Sternen des Perseus, α Per, β Per, γ Per , δ Per, η Per und ν Per.

Auch einige der bis heute benutzten Sternnamen in der Cassiopeia rühren vermutlich von dem arabischen Sternbild her:

  • der 230 Lj entfernte Hauptstern α Cas trägt den Namen „Schedar“ ar. „die Brust“ 
  • der 55 Lj entfernte β Cas heisst „Caph“ ar. „mit Henna gefärbte Handfläche“ („Kaff al-hadib die gefärbte rechte Hand)
  • der etwa 100 Lj entfernte δ Cas trägt den Namen „Rukba“    ar. „das Knie“.
  • der etwa 130 Lj entfernte θ Cas trägt den Namen Marfark (auch Marfak, aus ar.  al-mirfaq  ‚Ellbogen‘)
  • der ca. 440 Lj entfernte Segin - ε Cas – bildet die "linke Spitze des Himmels-Ws"; „Segin“ bedeutet im Arabischen „Handfläche“.

 

An anderer Stelle in der arabischen Literatur findet sich für das Sternbild Cassiopeia der Name „an-naqa“ das Kamel.

 

 

Fatima [9] war außerdem der Name von …

 

  • Fatima bint Asad (ar.: فاطمة بنت أسد‎‎ ; ca. 68 v. d. H – 4 n.d. H; ca. 555–626 n. Chr.) war der Mutter Alis und die Schwiegermutter Fatimas (vgl. Geburt Alis). Einer Überlieferung nach betete der Prophet an ihrem Totenbett und ließ sie auf dem Dschannat al-Baqi Friedhof in Medina beerdigen.
  • Fatima bint Hamza war die Tochter von Hamza ibn Abd-ul-Mutallib, eines Onkels des Propheten, also eine Cousine des Propheten Muhammad.
  • Fāṭimah bint Ḥuzam al-Kulābīyya (gest. um 683/689), oft auch Umm ul-Banin genannt („Mutter mehrerer Söhne“) stammte aus dem nordwestarabischen Stamm  der Banu Kalb (. „Kinder des Hundes“, nach dem mythischen Stammvater). Nach dem Tode von Fatima bint Muhammad heiratete sie Ali, mit dem sie vier Söhne hatte, die alle in der Schlacht bei Kerbala 680 fielen. Auch Umm ul-Banin  wurde nach ihrem Tode auf dem Dschannat al Baqi-Friedhof in Medina begraben.
  •    Fatima bint Musa, al-Masuma  („die Sündlose“, 790-817) war die Tochter des 7. Imam, Musa Kadhim (einem Enkel von Fatima bint Muhammad). Sie wollte ihren Bruder, den 8. Imam im östlichen Iran besuchen, aber ihre Karawane wurde überfallen, sie wurde gefangen genommen, erkrankte oder wurde wie einige Überlieferungen berichten – von abassidischen Gegnern vergiftet [10]. Zum Sterben ließ sich ca. 28-jährige nach Qom/Ghom bringen, wo sie auch 817 beerdigt wurde.

 

In Portugal gibt es den Ort Fatima, der zu einem der bekanntesten Wallfahrtsorte für katholische Christen wurde, weil dort Maria drei Kindern erschienen sei und ihnen mehrere Prophezeiungen gegeben haben soll.

 

(veränderlich, nach dem islamischen Mondkalender, am 20. Tag des 6. Mondmonats  Djumâdâ al-Akhira, trk. cemaziyel ahir)

 

 © Christian Meyer



[1] In vielen traditionellen islamisch geprägten Gesellschaften dürfen die (angeblichen) Abkömmlinge des Propheten Muhammad den Ehrentitel „Seyed“ (oder: Said) ar. „Herr“ führen. Im Iran trugen nur die Seyeds einen grünen Gürtel, Geistliche unter ihnen durften zusätzlich einen schwarzen Turban tragen. Seyed wird man nur über den Vater. Einst drohte denen, die den Titel unberechtigt trugen, im Iran die Todesstrafe (vgl. Taheri, 1985, S. 23, a.a.O.).

Auch Chomeini selbst sowie viele der iranischen Minister, Staatssekretäre, Parlamentarier etc., der irakische Diktator Saddam Hussein oder die jordanische Königsfamilie der Haschemiten führen auch heute noch ihre Abstammung auf den Propheten Muhammad zurück. 

[2] Asia (oder: Asiya; trk. Asiye) ist in der islamischen Überlieferung der Name der Ziehmutter des Mose und Ehefrau des Pharaos. Sie zog den Säugling Mose aus dem Nil und erzog ihn im Glauben an einen Gott, gegen den Widerstand des „heidnischen“ Pharao. Zusammen mit Fatima (der Tochter des Propheten), Chadidscha (der ersten Ehefrau des Propheten) und Maria, der Mutter Jesu, gehört sie zu den „vier besten (vollkommenen) Frauen“ und ist im Koran- allerdings nicht namentlich – erwähnt: „Und es stellt Allah ein Gleichnis für die Gläubigen auf: Das Weib Pharaos, da es sprach: ‚Mein Herr! baue mir ein Haus bei dir im Paradiese und rette mich vor Pharao und seinem Tun, und rette mich vor dem Volk der Ungerechten“ (Sure 66, at-Tahrim – das Verbot, Vers 11).

Eine Hadith besagt zudem: „Die besten Frauen der Angehörigen des Paradieses sind Chadidscha bint Chuwailid, Fatima bint Muhammad, Asia bint Muzahim und Maryam bint Imran“ (vgl. https://www.alhadith.de/speziale/die-frau-spezial/muslimische-frauen-vorbild-fur-mann-und-frau)

Asiya soll von dem Pharao zu Tode gefoltert worden sein, da sie dem Glauben an einen Gott nicht abschwören wollte.

[3] Noch der iranische Premierminister Mossadegh hatte 1951 öffentlich erklärt, der Entschluss zur Verstaatlichung der Erdölindustrie sei ihm im Traum von einem Engel Gottes eingegeben worden (vgl. Scholl-Latour, S. 105, a.a.O.). 

[4] Maimuna war eine abessinische, nach Arabien verschleppte Sklavin, die von dem Propheten Muhammad befreit wurde und sich Fatima anschloss. Die beiden teilten sich die Hausarbeiten auf. Maimuna erhielt den Titel Fidha („Silber"). In späteren Legenden wurde Maimuna zu einer abessinischen Prinzessin , die sich freiwillig nach Medina verschleppen ließ, um Muslima zu werden.

Maimuna nahm am „Drei Tage Fasten" teil.

Sie blieb dem Haushalt der Ahl-ul-Bait auch nach dem Tode Fatimas und Alis treu. Sie begleitete den Zug nach Kerbela und kam in Gefangenschaft nach Damaskus.

Maimunas von Schiiten verehrter Grabesschrein befindet sich bis heute auf dem Bab al-Saghir Friedhof in Damaskus. U.a. ist dort auch das Grab von Bilal, dem ersten muslimischen Muezzin (vgl. http://www.eslam.de/begriffe/m/maimuna_fidha.htm).  

[5] Nur in der islamischen Geschichtsschreibung wird über die Schlacht berichtet. Im Koran wird die Grabenschlacht in der Sure 33 (al-Ahzab „Die Verbündeten“), 9-25 erwähnt. 

[6] Nach anderen Überlieferungen handelte es sich um eine Gebetskette (ar. tasbih, trk. tesbih), die ihr zuvor Fatima bint Hamza geschenkt hatte.

[7] Ammar ibn Yasir (ca. 570-657 n. Chr., in der Schlacht bei Siffin), war einer der von Abu Bakr befreiten Sklaven und einer der prominenten Gefährten (ar. „sahaba“) des Propheten Muhammad, später ein Parteigänger Alis. Der Prophet soll Ammar seinen späetren Märtyrertod prophezeit haben.

Ammar ibn Yasir Schrein befindet/befand sich in der syrischen Stadt Raqqa, wo er – bis zu seiner Zerstörung oft von (schiitischen) Muslimen verehrend besucht wurde. Am 11. März 2013 zerstörte die Al-Qaida-nahe-Nusra Front die Grabanlage, was unter den Schiiten weltweit zu heftiger Empörung führte (vgl. http://www.eslam.de/begriffe/a/ammar_ibn_yasir).

[7a] Nach einer Überlieferung habe der Baum in Medina, der für die Kanzel des Propheten gefällt werden sollte, geseufzt. Der Prophet aber kannte die Sprachen der Bäume und der Tiere und fragte den Baum, warum er geseufzt habe. „Da erklärte ihm der Baum, dass es seufze, wenn er daran dächte, wie die Gemeinde erst klagen würde, weil sie den Propheten auf der Kanzel nicht mehr sehen könnte, wenn er so hoch erhaben über ihr sitzen würde. Da erbarmte sich der Prophet und ließ die Kanzel nach vorne offen bauen, so dass die ganze Gemeinde ihn jederzeit sehen konnte“ (Beltz, 1979, S. 144, a.a.O.).

[7b] Islamische Legenden erzählen: Allah hätte die vier Stätten des Paradieses, Mekka, Medina, Damaskus und Jerusalem vor der gesamten übrigen Welt erschaffen., diese erst 1000 Jahre später (vgl. Beltz, 1979, S. 76, a.a.O.).

[8] Abu Hurayrah (&03-681) war ein Gefährte des Propheten, der 629 aus dem Jemen nach Medina kam. Er überlieferte eine Vielzahl (mehr als 5000) von Hadithen. Sein Name bedeutet „Vater des Kätzchens“, da er ein Katzenliebhaber gewesen sein soll.

 

[8a] Der Roman „Die Dame mit der bemalten Hand“ von Christine Wunnicke  (a.a.O.). spielt zum großen Teil auf der Insel „Gharapuri“ ( „Stadt der Höhlen“), ca. 10 km von Mumbai entfernt, Er wurde von den Europäern „Elephanta“ genannt, nach einer großen dortigen Elefanten–Skulptur, die später von den Engländern nach Bombay gebracht wurde und noch heute vor dem Zoo in Mumbai steht.

Auf der Insel befindet sich ein aus den Basalt-Felsen gehauenes hinduistisches Shiwa-Tempelheiligtum mit reichem Skulpturenschmuck wahrscheinlich aus dem 6. Jhdt. n. Chr. Die Anlage ist seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe.

Im Jahre 1177 n.d. H, d.h. 1764Greg treffen – in dem Roman – auf der Insel zufällig der (fiktive) persisch-indische Astronom und Astrolabien-Hersteller Musa al-Lahori und Carsten Niebuhr (1733-1815) zusammen.

Der Mathematiker, Kartograph, Forschungsreisende und spätere Göttinger Akademiker Niebuhr war das einzig überlebende Mitglied der dänischen Arabien-Expedition 1761 – 1767. König Frederik V. beauftragte und finanzierte die Forschungsreise. Sie führte über Konstatinopel nach Ägypten, Suez, Dschidda, Jemen –aber nur in dem Roman - nach Bombay. Bis dahin waren alle Reisenden außer Niebuhr Krankheiten erlegen, vermutlich der Malaria, auch Niebauhr erkrankte an ihr, aber überlebte. Die weitere tatsächliche Reise führte Niebuhr durch den Persischen Golf nach Bandar Bushir, Schiras, Persepolis, Urfa, ins Osmanische Reich und schließlich zurück nach Kopenhagen. Der wissenschaftliche Ertrag der Reise wurde von Niebuhr in der „Reisebeschreibung nach Arabien“ niedergelegt und regte vielerlei Wissenschaften an. Seine genauen Zeichnungen aus Persepolis z.B. waren Vorarbeiten zur Entzifferung der Keilschrift. Das Orientalische Institut der Universität Kopenhagen trägt bis heute den Namen Carsten Niebuhrs.

Nachweislich hatte Niebuhr vor seiner Reise Arabisch gelernt, das Aufeinandertreffen beider Wissenschaftler auf Elephanta steht im Zentrum des Romans. Die hinduistische Kunst irritiert beide eher, sie finden – auf Arabisch – über die Astronomie zueinander. Al-Lahori bemerkt erfreut, aber nicht überrascht, dass Niebuhr ganz selbstverständlich mit seinem Astrolabium umgehen kann, auch die Funktion des al-hidade (von ar. al-idade = das Lineal), der drehbaren Messvorrichtung zur Winkelanzeige beherrscht.  

[8b] Der Roman der Schriftstellerin und Übersetzerin Christine Wunnicke (*1966) gelangte 2020 auf die „kurze Liste“ für den Deutschen Buchpreis des Jahres. 

[9] Drei Fatimas sind mit der Geschichte der Auswanderung (Hidschra) im Jahre 622 von Mekka nach Medina verbunden. Um die Mordpläne seiner Gegner zu vereiteln, veranlasste der Prophet seiner Cousin Ali, sich in sein Bett zu legen und den Angriff abzuwehren. Zudem beauftragte der Prophet Ali alle ihm anvertrauten Güter den Besitzern zurückzugeben und dann mit drei Fatimas, sowie einigen anderen Frauen nach Medina nachzukommen. Die drei Ali anvertrauten Fatimas waren: Fatima, die Tochter des Propheten, Fatima bint Asad und Fatima bint Hamza.

[10] Diese Vergiftung könnte auch ein Teil des schiitischen Opfermythos sein, denn alle Imams wurden ihrer Überlieferung nach Märtyrer. 

 

© Christian Meyer

 

 

."Hand der Fatima"

Die Reste des Grabes von Umm ul-Banin in Medina