Seijin no Hi, in Japan; „Coming of Age Day“; Initiationsritus, Volljährigkeitszeremonie und landesweiter Feiertag in Japan. Es ist eines der wenigen Länder, das die Volljährigkeit der Staatsbürger mit einem offiziellen Feiertag begeht.  

 

Der Name „seijin no hi“ (jap. 成人の日; seijin = Volljähriger/Erwachsener; „no“ = Genitivpartikel und hi = Tag) bedeutet also „Tag der Erwachsenen, Tag der Volljährigkeit.

 
Die Volljährigkeit wird in Japan formal nach § 4 des dortigen Bürgerlichen Gesetzbuches mit dem vollendeten 20. Lebensjahr (jap. hatachi) erreicht. Erst die Volljährigen dürfen in Japan z.B. Tabak rauchen, Alkohol trinken und wählen. Der Seijin no Hi wurde offiziell 1948 eingeführt (vgl.  http://de.wikipedia.org/wiki/Seijin_no_Hi)

 

Für diejenigen Jugendlichen, die ihr 20. Lebensjahr zwischen dem 2. April des vergangenen und dem 1. April des nächsten Jahres vollendet haben [1] , wird an diesem Tag feierlich die Zeremonie Seijin-shiki (成人式) durchgeführt.

Die Bürgermeister, Dorfvorsteher etc. halten im Rathaus-Festsaal ihres Wohnortes vor den versammelten Angehörigen eine Rede, in der die nun Volljährigen auf ihre Rechte und Pflichten sowie die Verantwortung hingewiesen werden, die sie zukünftig erwartet. Umrahmt wird die Feier von verschiedensten künstlerischen Darbietungen. Anschließend werden kleine Geschenke verteilt.

Vielfach werden auch Shinto-Schreine (jap. jinja) besucht, wo die Volljährigen durch Shintopriester (jap. kannushi) gesegnet werden. Zuweilen werden spezielle Riten für diesen als wichtig angesehenen Tag durchgeführt: Übungen des traditionellen Bogenschießens sollen z.B. daran erinnern, wie bedeutsam für das Erwachsensein Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung sind.

Zu Hause, im Kreise der Familie wird  der Festtag durch besondere Speisen gefeiert.

Für die Zeremonie kleiden sich bis heute viele junge Japanerinnen mit schönen aber exzessiv teuren traditionellen Kimonos. Oft wird der Kimono ausgeliehen, denn die Anschaffung eines neuen von guter Qualität erreicht den Preis eines Kleinwagens.

Zudem ist die Volljährigkeitszeremonie (neben der eigenen Hochzeit und vergleichbaren Anlässen) in der Regel die einzige Gelegenheit, zu der noch ein formeller Kimono getragen wird. Deshalb benötigen viele jungen Japanerinnen professionelle Hilfe beim komplizierten Anlegen des Kimono.

Viele junge Frauen lassen sich zudem für diesen Tag ihre Haare in einer aufwändigen traditionellen Form frisieren.

Die jungen Männer dagegen tragen zu der Zeremonie in der Regel einen dunklen Anzug, selten nur noch sieht man einen der traditionellen dunkelblauen Kimonos.

 

Entstanden ist der Volljährigkeitstag vermutlich aus der alten Shinto Zeremonie „genpuku" (auch: gempuku), die schon im 7 Jahrhundert erwähnt wurde. Beim genpuku-Initiationsritus wurden ca. 15jährige junge Samuraikrieger im Alter in die soziale Gruppe der Männer aufgenommen. Dabei legten sie auch ihren Jungennamen (jap. yômei) ab und erhielten ihren bis zum Tode beibehaltenen Männernamen (jap. jitsumyô). .Nun erst durften sie auch die gesonderte Haartracht eines Samurai und das klassische Schwertpaar tragen.

 

Die jungen (adligen) Mädchen erhielten schon im Mittelalter - sobald sie das 16. Lebensjahr erreicht hatten - einen besonderen Kimono (furisode): dadurch waren sie als junge unverheiratete Frau erkennbar. In manchen Regionen wurden die Zähne der jungen Mädchen geschwärzt und ihre Augenbrauen rasiert.

Bis ins 19.Jahrhundert hielten sich diese Zeremonien z.T. modifiziert in  Adelskreisen.

 

Generell kann gesagt werden, dass unter den konfuzianisch – geprägten Sozialbeziehungen Feste, bei denen eine individuelle Person gefeiert wird, keine anerkannte Tradition haben. Auch wenn ein  persönlicher Anlass gegeben ist, wird er in der Gruppe der Gleichartigen gefeiert,  vgl. dazu auch das Puppenfest der Mädchen = hina no matsuri oder das Kinderjahresfest = shichigosan no matsuri.

 
Am Ende der gegenwärtigen japanischen Volljährigkeitszeremonien stehen in der Regel ausgelassene Partys, bei denen oft viel Alkohol konsumiert wird, erstmals ohne gegen das Gesetz zu verstoßen (vgl. „Berliner Zeitung“, 12. Januar 2010, S. 8).

 

(bis zum Jahr 1999 wurde das Fest am 15.Januar nach dem Gregorianischen Kalender begangen; seit 2000 ist es variabel, immer am 2. Montag im Januar)

 

© Christian Meyer

 



[1] In Japan galt traditionell  (bis zu den Reformen nach 1945) eine besondere Alterszählung. Nach dieser Tradition ist ein Mensch bei seiner Geburt schon ein Jahr alt. Mit jedem nachfolgenden Jahreswechsel (am  1. Januar) galten alle  Menschen generell als ein Jahr älter: Wer z.B. am 30. Juni 2000 geboren wurde, was damit 1 Jahr alt, am 1. Januar 2001 wurde er 2 Jahre und am 1. Januar 2010 bereits 11 Jahre alt.