Ali-Schrein in Nadschaf
Ali-Schrein in Nadschaf

Ermordung Alis, des 4. Kalifen, im Jahre 661 (am 17. Januar nach dem Gregorianischen Kalender) in der Hauptmoschee in Kufa [1]  (vgl. auch  Geburt Alis)

 

Ali ibn Abi Talib, genannt „Mustada“ (ar. = der Auserwählte), oder auch „Amir al-muminin“ (ar. = Befehlshaber der Gläubigen) soll als Cousin des Propheten mit 10 Jahren der erste Muslim geworden sein, der niemals zu einem anderen als dem einzigen Gott gebetet hatte (vgl. Richard, S. 22, a.a.O.).

 

Ali war an allen Kriegen des Propheten Muhammad beteiligt (außer 630 der Schlacht von Tabuk [2], als ihn der Prophet zu seinem Stellvertreter in Medina ernannt hatte. Stets soll er mit „beispielhafter Tapferkeit“ bekämpft haben, zudem wurde Ali von seinem Schwiegervater mit verschiedenen diplomatisch – politischen Aufgaben betraut.

 

Nach einer Hadith soll der Prophet Muhammad kurz vor seinem Tode Ali zu seinem Nachfolger designiert haben: „Die Hand Alis in seiner Rechten, fragte Muhammad die Menge bei Gadir Humm (vgl. Id al-Gadir Humm), ob er die höchste Autorität (aulā) sei. Unter Zustimmung der Gläubigen erklärte er: ‚Jeder, dessen Schutzherr (maulā) ich bin, hat auch Ali zum Schutzherrn. Oh Gott, sei dem ein Freund (walī), der auch sein Freund ist, und jedem ein Feind, der auch sein Feind ist’“ (zit. n. Richard, S. 21/22, a.a.O.). Nach sunnitischer Auffassung gilt diese Hadith jedoch keinesfalls als Nachfolgeregelung.

Möglicherweise nicht ganz zu Unrecht wurde Ali von den Umayyaden mit den Mördern des dritten Kalifen Uthman (Osman [3] ) in Verbindung gebracht. Nach Alis Wahl zum Kalifen 656 opponierten v.a. zwei Gruppen gegen seine Herrschaft: die Fraktion um Aischa (die junge Witwe des Propheten) und die „Prophetengenossen“ Talha und Zubair einerseits und die Umayyaden in Syrien andererseits. Ali gelang es in dem ersten innerislamischen Bürgerkrieg zwar Aischas Fraktion zu besiegen. Ali setzte sich in der „Kamelschlacht“ (auf der Aischa selbst auf einem Kamel ritt) am 9. Dezember 656 im Kampf um das Kalifat durch, nicht aber schließlich gegen die konkurrierenden politisch pragmatischeren Umayyaden unter Muawiya.

In der Schlacht bei Siffin 657 schien sich der Waffenerfolg den Truppen Alis zuzuneigen; da spießten die oamjadischen Gegner Alis Seiten des Korans auf die Spitzen ihrer Lanzen: Sie wollten so den Kampf beenden und schlugen ein neutrales Schiedsgericht vor, der Schiedsspruch sollte auf Aussagen des Korans basieren. Ali akzeptierte das Schiedsgericht, dessen Spruch allerdings zu seinem Nachteil ausfiel. In Syrien huldigten daraufhin viele Muslime dem Omajaden Muawiya als Kalifen.

Zudem fielen die Hariğiten (auch: „Charidschiten“ = „Sezessionisten“; von ar. "charadscha" = "herausgegangen", da sie aus der Partei Alis herausgegangen waren) von Ali ab, verließen sein Lager und sammelten sich in Nahrawan in der Nähe des Tigris. Sie weigerten sich, eine Konfliktlösung durch einen menschlichen Schiedsspruch zu akzeptieren. Nur Gott dürfe – durch das Gottesurteil der Schlacht - den Streit entscheiden. Ali sei damit „… vom rechten Wege abgewichen“ (Fück, S. 180, a.a.O.). 

Die Charidschiten waren die radikalste muslimische Richtung jener Zeit. Sie opponierten sowohl gegen die legitimistischen Omayyaden als auch gegen das ebenfalls legitimistische "Haus Alis", den entstehenden Schiismus. Die Charidschiten vertraten kompromisslos die Auffassung, jeweils der Frömmste unter den Muslimen sollte Kalif, Stellvertreter und Nachfolger des Propheten Muhammad werden, "… und sei es ein abessinischer Sklave". Die Charidschiten lehnten die Lehre ab, dass nur ein Mitglied der Familie des Propheten seine Nachfolge inne haben dürfe und wählten „… einen einfachen Mann zu ihrem ‚Fürsten der Gläubigen‘“(Fück, S. 180, a.a.O.).

Die Omayyaden strebten hingegen die Gründung einer Erbmonarchie an, mit einem Kalifen aus ihrer Familie.

Ali und seine Partei ("shiat Ali") dagegen vertraten die traditionelle arabische Auffassung, nach der die Stammesführung immer innerhalb der Familie weitervererbt werden sollte. Sie sahen von daher die ersten drei Kalifen (Abu Bakr, Omar und Othman) als illegitime Usurpatoren an: einzig Ali könne der rechtmäßige Nachfolger des Propheten Muhammad sein.

658 ließ Ali die Charidschiten (auch: Hariğiten) bei Nahrawan bis auf 8 Mann von der Kufa – Armee hinmetzeln. Während des Kalifats Alis kam die äußere Expansion durch die inneren Wirren und Kämpfe völlig zum Stillstand. 

Am 15 Tag des Schawwal (oder am 21. Ramadan) des Jahres 40 n. H. / 661 n. Chr. wurde Ali am Eingang der Hauptmoschee von Kufa / Irak durch einen vergifteten Schwertstreich von dem Hariğiten Abdelrahman bn Mulğan (auch: Mudscham) ermordet [4]. Er wollte damit die toten Hariğiten von Nahrawan rächen.

Die Charidschiten wurden auch später von den Omayyaden blutig bekämpft. Einige Überreste dieses Bekenntnisses haben sich nach verschiedenen Spaltungen bis heute unter der Bezeichnung Ibadiyya (Abaditen) in Oman, auf Sanisbar und in Nordafrika, v.a. in Algerien (Mozabiten) gehalten. Nur im Oman bilden die Ibaditen – die sich weder zu den Sunniten noch zu den Schiiten rechnen – mit ca. 75 % die Mehrheit der Bevölkerung.

 

In der nur wenige Kilometer von al Kufa entfernten Schwesterstadt Nadschaf (auch: Nedschef, Nedjef, Mesched Ali [5] wurde Ali beerdigt.

Alis Grab wurde für ca. ein Jahrhundert geheim gehalten, um Schändungen zu verhindern. Um das Grab erst entstand die Stadt Nadschaf.

Alis Grabmoschee in Nadschaf – bis heute ein bedeutendes Wallfahrtszentrum – geht wohl auf das 8. Jhdt. zurück. Es handelt sich um eine quadratische Anlage mit vergoldeter Kuppel, die reich mit farbigen Fliesen geschmückt ist. Der Eingang des Vorhofes wird von zwei mit Goldplatten verkleideten Minaretten flankiert (vgl. Abb. oben). Alle größeren Straßen von Nadschaf laufen sternförmig auf den Schrein Imam Alis im Zentrum zu. Der Schrein selbst mit dem Grab wird von hohen Mauern festungsartig geschützt.

Nach traditioneller schiitischer Auffassung soll eine Pilgerreise nach Nadschaf und Kerbala soviel wert sein, wie 70 000 Wallfahrten nach Mekka, und das, obwohl die Stadt Mekka auch den Schiiten als die heiligste Stadt des islams gilt. Jeder aber, der sieben Mal nach Kerbala und Nadschaf wallfahre, habe einen Platz im Paradiese sicher, welche Sünden er auch immer begangen habe (vgl. Taheri, 1985, S. 22, a.a.O.). 

Bis heute zieht der Schrein Alis täglich Tausende von Pilgern an. Auch Saddam Hussein pilgerte einst an das Grab von Ali und betete dort, „… unter kolossalem Sicherheitsaufwand“ (vgl. Scholl-Latour, S. 509, a.a.O.).

 

Ayatollah Khomeini hielt sich ca. 13 Jahre lang (von 1965 bis 1978) im Exil von Nedschef auf und besuchte dort – „jeden Tag präzis zur gleichen Stunde“ – den Sarkophag Alis „… und hatte sich im Glauben gestärkt“ (vgl. Scholl-Latour, S. 510, a.a.O.). 

 

Bis heute fallen in der Stadt die zahlreichen Fahrzeuge auf, und die einfache, schwarz verhüllte Holzsärge transportieren, denn viele Schiiten glauben, es sei besonders verdienstvoll in Nadschaf, nahe dem Grab des 1. Imams begraben zu werden. Da sie sich dann dem Paradies einen Schritt näher fühlen, ist die Stadt Nadschaf von endlosen Gräberfeldern, einer gewaltigen Nekropole - dem Wadi al-Salam-Friedhof ( Tal des Friedens)umgeben (vgl. „Zeit“, Nr. 11/2004, S. 3), mit vermutlich Millionen Gräbern seit Jahrhunderten Bestatteter. 

Schon Karl May beschrieb in „Im Reich des silbernen Löwen“ (2. Band) die Leichenkarawanen (ar. „karwan el-amrat“, Todeskarawanen) mit verwesenden Kadavern, die einen entsetzlichen Gestank verbreiteten.

 

Peter Scholl-Latour besuchte die den Schiiten heiligen Stätten des Irak im Mai 1982: "Der Friedhof von Nedschef hat mich zutiefst beeindruckt. Über dem graubraunen Gräbermeer schwebte die goldene Kuppel der Ali-Moschee wie eine mystische Verheißung. Die Totentafeln aus Stein und Lehm – nach einheitlichem Muster behauen – standen in Reih und Glied. Man hätte diese nach oben abgerundeten Gedenksteine aus der Ferne für erstarrte verschleierte Frauen halten können oder für eine beklemmende Anhäufung von Sphinx-Darstellungen, denen man das Antlitz gestohlen hatte. Der Kult des Todes, dem sich die Schia verschrieben hatte, legte sich dem Besucher auf die Brust. Die Luft schien mit Verwesung und Klage gefüllt. Ein Koranvers fiel mir ein, den ich längst vergessen glaubte: „Kullu nafsin zaikat ul maut – Jedes Lebewesen trägt den Geschmack des Todes in sich“ [6] (Scholl-Latour, S. 510, a.a.O.).

 

Eine muslimische Beerdigung – nicht nur im Irak – soll möglichst innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Die Leiche wird von professionellen Wäschern/Wäscherinnen gereinigt und in ein Leichentuch gehüllt. Angehörige tragen den Sarg zu Grabe. Unter Corona-Bedingungen dürfen die Angehörigen nicht an der Waschung teilnehmen. 

Schiiten in Nadjaf tragen traditionell den Sarg des Angehörigen ein Mal um den Imam-Ali-Schrein und beten über dem Sarg vor dem Tor des Schreins. Schließlich wurde der Verstorbene auf den Wadi al-Salam-Friedhof bei Nadjaf gebracht, den vielleicht größten Friedhof der Welt, und ohne Sarg, nur in das Leichentuch gehüllt mit dem Gesicht nach Mekka beerdigt.  

 

Im Gefolge der Corona-Pandemie wurde im März 2020 in der Wüste ca. 30 km westlich von Nadjaf ein spezieller Corona-Friedhof, der Neue Wadi al-Salam-Friedhof eingerichtet (vgl. Rubin, a,a,O.).

Nachdem v.a. in Bagdad im März 2020 die ersten Corona-Erkrankten gestorben waren, weigerten sich Friedhöfe, die Verstorbenen wegen Ansteckungsängsten zu beerdigen. Es war unklar, wie lange sich das Virus im Körper und den Utensilien des Verstorbenen halten könnte, inwieweit die Waschung und der Transport der Leiche ansteckend sein könnten.  Ängste und Stigmatisierung der Convid-19-Opfer waren sehr weit verbreitet.

Als dann vor Krankenhäusern unbestattete Corona-Opfer lagen, ergriff ein schiitischer Geistlicher in Nadjaf, Scheich Tahir al-Khaqani die Initiative und organisierte einen neuen Friedhof nur für die Pandemie-Toten. Unterstützt wurde er dabei von der schiitischen Imam-Ali-Brigade, einer Miliz, die mit dem Groß-Ayatollah Ali al-Sistani verbunden ist.

Man betritt den Friedhof durch ein Metall-Gittertor in Form eines Moschee-Tores mit der Inschrift “Bismillah…“. Freiwillige der Brigade bewachen den Friedhof und führen die Beerdigungen durch: Sie nehmen in Schutzkleidung die Särge in Empfang, desinfizieren die Leichen in den Leichentüchern, nehmen die Waschungen vor und begraben die Toten. Ausgehoben werden die Gräber in Nadjaf nachts, denn am Tage steigen die Temperaturen in der Wüste nachmittags bis auf 46 °C (vgl. Rubin, a.a.O.).

 

Die Beerdigungen finden der Hitze wegen abends und nachts statt. Wegen befürchteter Ansteckungen dürfen die Angehörigen der Verstorbenen die traditionellen Begräbnisriten nicht selbst vollziehen, ja nicht einmal an der eigentlichen Beerdigung direkt teilnehmen. Unter Anleitung von Angehörigen der Imam-Ali-Brigaden können die Angehörigen der Verstorbenen frühestens 10 Tage nach der Beerdigung das Grab besuchen.

Bis zur Mitte des Juli 2020 waren auf dem neuen Friedhof bereits mehr als 3200 Gräber eingerichtet worden, wobei die Toten aus verschiedenen Regionen des Irak stammten; Begraben werden hier alle, welcher Religion oder Sekte sie auch angehörten, auch z.B. armenische Christen (vgl. Rubin, a.a.O.).   

 

Unter irakischen Schiiten ist Nadschaf zudem wegen der „Hawza“ (der schiitischen theologischen Hochschule) einflussreich, den theologischen Gelehrten und Schulen der Stadt, an der Spitze die vier Großayatollahs mit Muhammad al-Sistami (* 1930) als erstem unter Gleichen. Zwischen 1964 und 1978 lehrte dort Ayatollah Chomeini.

 

Beide als heilig angesehenen Orte, Kufa und Nadschaf, sind sozusagen Urplätze des schiitischen Opfermythos, der sich zudem noch um Alis Sohn Hussein (vgl. Aschura) und Kerbala rankt. Nadschaf gilt vielen Schiiten als eine Art „Vorhof Gottes“.  

In den schiitischen Auseinandersetzungen mit der US-amerikanischen Besatzungsmacht seit 2003 im Irak spielt die drohende Entweihung der schiitischen Heiligtümer in Nadschaf, al Kufa und Kerbala eine bedeutsame Rolle.

Schiiten sehen in Ali den sündenfreien ersten Imam, alle möglichen positiven Eigenschaften werden ihm zugechrieben, so soziale Gerechtigkeit, die Sorge für Arme und Kranke etc.

Für viele Schiiten ist Ali „… der Vertraute der Geheimnisse Muhammads, der Fürst der Gottesfreundschaft (walaya) und der eigentliche Träger der geistigen Erbschaft der Offenbarung“ (Richard, S. 23, a.a.O.). Auch werden Ali beträchtliche literarische Fähigkeiten zugeschrieben. Ali soll nach schiitischer Tradition der erste Kalligraph gewesen sein. 

Im schiitischen Glaubensbekenntnis heißt es: „Es gibt keinen Gott außer Gott, Muhammad ist der Gesandte Gottes und Ali ist der Freund Gottes“.  

 

Im nördlichen Afghanistan, nur ca. 40 km von der Grenze nach Usbekistan (und Kirgistan und Turkmenistan) liegt die Stadt Mazar-e Scharif (auch: Mesar-e Scherif; pers. „Grab, Wallfahrtsort des Edlen, des Heiligen“), der bedeutendste Wallfahrtsort des Landes und die Hauptstadt er Provinz Balch.

Der 4. Kalif und 1. Imam der Schia soll „… auf wunderbare Weise bestattet“ worden sein. Der Legende nach soll „… ein weißes Kamel den Leichnam dieses ‚Scharif‘ aus dem fernen Mesopotamien in die fromme Landschaft Baktriens transportiert (haben)“. Peter Scholl-Latour besuchte 1979 Mazar-e Scharif : „Das Gebetshaus war von Rosengärten und feierlichen Höfen umgeben. Schon aus der Ferne leuchteten die blau-grünen Kacheln und Blumenornamente“ (Scholl-Latour, S. 595, a.a.O.). 

Ali-Mausoleum (auch: Blaue Moschee oder Rauza) liegt in einem Park im Zentrum der Stadt. Die Grabmoschee soll aus dem 12. Jhdt. stammen, wurde aber nach der Zerstörung 1481 neu errichtet. Die ältesten Teile des heutigen Bauwerkes stammen wohl aus dem 15. Jhdt. 

Als Ali im Jahre 661 im Irak ermordet wurde, gab es im nördlichen Afghanistan wahrscheinlich noch keine Muslime. Das Gebiet um Balch, südlich des Amu-darja wurde noch heftig umkämpft (vgl. Hambly, S. 73, a.a.O.). Vermutet wird, dass es sich dabei vielleicht um die schon lange zuvor verehrte Grabstätte Zarathustras handeln könnte.

Ibn Battuta, der große marokkanische Reisende, besuchte um 1335/36 auch die Region um Balch, Kundus, Kabul und das heutige nördliche Afghanistan. Er berichtete recht genau von einigen dortigen Grabanlagen und Wallfahrtstätten, aber von Alis Grab und Masar-e Scharif berichtete er nichts (vgl. Ibn Battuta, Bd. I, S. 273 ff. , a.a.O.).

 

(variabel nach dem islamischen Mondkalender, am 15. Tag des 10. Mondmonats Schawwal, trk. Şevval, so hier nach sunnitischer Tradition angegeben; nach schiitischer Auffassung am 15. Tag des 5. Mondmonats, vgl. dort Tod Alis; im Gregorianischen Jahr 2020 gedenken die Schiiten aufgrund der Kürze des Mondjahres zweimal des Martyriums Imam Alis, am 11. Januar und am 30. Dezember 2020.  

Nach einer anderen Tradition gedenkt man an einem 21. Ramadan des Todes Alis; Aleviten in der Türkei gedenken Alis Tod an dem Gregorianischen 24. Januar; viele Historiker betrachten den 17. Januar des Jahres 661 als das Todesdatum)   

  

© Christian Meyer



[1] Die zentralirakische Stadt al Kufa - an einem Seitenarm westlich des Euphrat gelegen - ist eine arabische Gründung unter Kalif Omar im Jahre 638., ein befestigtes arabisches Heerlager, eine Garnison, wie Basra oder Fustat in Ägypten. Zuerst war Kufa der Sitz des arabischen Gouverneurs im Irak. Seit 657 machte Ali Kufa anstatt Medinas zu seiner Hauptstadt. Noch heute zeigt man sich in Kufa die Moschee, in der Ali ermordet wurde, außerdem den (schiitischen) Schrein für Muslim ibn Aqil und Hani ibn Arwa (zwei Anhänger Husseins, die den Märtyrertod starben; vgl. Aschura). Im Hofe der Moschee soll nach muslimischer Legende die Sintflut eingesetzt haben. Gleich benachbart befindet sich ein wohlbefestigtes Haus, das die Residenz Alis gewesen sein soll.  

Kufa blieb für Generationen eine Hochburg alidischer Gesinnung und Propaganda (vgl. Cahen, S. 30, a.a.O.). Auch lag eine jahrhundertelang hochberühmte Hochschule in Kufa. Durch den Aufstieg Bagdads (ca. 170 km nördlich) und Nadschafs (ca. 11 Kilometer nordöstlich von Kufa) setzte der Niedergang Kufas ein.

Im Jahre 1980 hatte Kufa ca. 1000 Einwohner. Angeblich wurde Adam in Kufa begraben.

Nach der Stadt Kufa sind die kufischen Münzen (die ältesten arabisch-islamischen Münzen) und die kufische Schrift benannt. Dieser „eckige“ älteste arabische Schrifttyp wurde im 12. Jhdt. durch die kursive Form verdrängt.  

[2] Tabuk - im Nordwesten des heutigen Saudi-Arabien gelegen - gehörte damals zum Einflussbereich des Byzantinischen Reiches. Der Überlieferung nach sollen im Jahre 630 byzantinische Truppen die Grenze der Umma überschritten haben, und der Prophet soll ihnen mit ca. 30 000 muslimischen Soldaten entgegen getreten sein, obwohl es die Zeit sommerlicher Hitze war. Zu einer großen Schlacht aber, scheint es nicht gekommen zu sein, da sich die Byzantiner wieder zurückzogen. Einige der Muslime waren jedoch enttäuscht, weil sie so nicht zu der erhofften Beute kamen.  

In der von An-Nawawi zusammengestellten Hadithen-Sammlung wird von einer wundersamen Speisung berichtet. Es wurde erzählt, dass unter den Muslimen nach der Schlacht von Tabuk eine Hungersnot ausbrach. Sie fragten den Propheten: „Oh Gesandter Allahs, wenn du es uns gestattest, schlachten wir unsere Kamele, essen ihr Fleisch und verwenden ihr Fett." Der Prophet erlaubte es ihnen. Darauf trat Umar hervor und warf ein: „Oh Gesandter Allahs, wenn das getan wird, werden wir unter Mangel an Lasttieren leiden. Bitte sie statt dessen, den Rest ihrer Vorräte zu bringen, und bete und rufe die Segnungen Allahs herbei, auf dass Er diesem Seinen Segen erteilen möge." Der Prophet stimmte zu und rief, eine lederne Unterlage zu bringen. Diese ließ er ausbreiten und bat die Leute, ihre übrig gebliebenen Vorräte zu holen. Sie begannen, ihren Vorrat zu bringen. Einer brachte eine Handvoll Bohnen, ein anderer brachte eine Handvoll Datteln, ein dritter brachte ein Stück Brot, und so wurden auf der Unterlage einige Esswaren gesammelt. Der Prophet betete und erbat Segnungen und sagte dann: "Jetzt nehmt es in eure Behälter!" Jeder füllte seinen Behälter mit Nahrung, bis im ganzen Lager kein einziger leerer Behälter mehr blieb. Alle aßen, bis sie satt waren, und dennoch war etwas übriggeblieben“ (vgl. An  Nawawi, Riyad us-Salihin, Hadith  Nr. 416) 

[3] Im Trakt „Hırka –i Saadet“ (Abteilung mit dem Rock des Propheten), der Reliquien – Abteilung des Topkapı – Museums zu Istanbul wird u.a. ein altes, auf Gazellenleder geschriebenes Exemplar des Korans aufbewahrt, in dem angeblich der Kalif Osman im Augenblick seiner Ermordung gelesen haben soll. Das Koranexemplar soll Blutspuren aufweisen (vgl. Ministerium für Fremdenverkehr, a.a.O.). 

[4] In Erinnerung an diesen Mord formulieren bis heute viele türkische Alewiten "Ali hat für uns gebetet...", halten die fünf Pflichtgebete (ar. farz) nicht ein und beten nicht in Moscheen.

[5] Die Wallfahrtsstadt Nadschaf liegt am Rande der Syrischen Wüste, westlich des unteren Euphrat. Die Stadt ist in dem letzten Jahrhundert enorm angewachsen: 1890: 12000 Einwohner, 1975: 116 000 und 1990: ca. 2400000 Einwohner.

[6] Es handelt sich dabei sicher um den Vers: „Jedes Lebewesen (nafs; oder „jede Seele“) wird den Tod kosten“, 3, 185, in der Übersetzung von Max Henning 3, 182).  

 

 

 

Abbn.: Der neue Convid-19 Friedhof bei Nadjaf- Neuer Wadi al-Salam im Juli 2020; zu erkennen sind auf dem unteren Bild Angehörige und die einheitlich gemauerten Grabaufbauten (Abb. aus Rubin, S. 3)