Drachenbootfest

 

Der 5. Tag des 5. Monats ist in vielen ostasiatischen Kulturen ein bedeutungsvolles Datum und diese Feste werden auch als „Fest der Doppel-Fünf" bezeichnet. In Japan gibt es an diesem Tag das Tango No sekki Fest, in Vietnam das Tet Doan Ngo, in China, Hongkong und Taiwan das Drachenbootfest und in Korea das Tano - Fest.

 

Nach chinesischer Tradition ist es das Fest der Sommersonnenwende (Tuan wu / kanton. Tuen - Ng): die Sonnenkraft ist nach traditioneller chinesischer Vorstellung wieder auf dem Abstieg;

Der Tag gilt in China auch als Sommeranfang (li xia): nach alter Tradition lassen viele chinesische Bauern an diesem Tag ihre Säuglinge wiegen. Zur Feier des Tages werden oft eingelegte Salzeier mit Gelbfischen verspeist (vgl. Franz, 1987, S. 30, a.a.O.).

In Südchina wird der Tag als „Drachenbootfest“ am „Tag des Dichters“ gefeiert; die Tradition soll auf den Dichter und Staatsmann Ch’ü Yuan (auch Qû yuán; ca. 340 - 278 v. Chr.) zurückgehen. Eine überlieferte Biographie ist fragwürdig und mit legendenhaften Zügen geschmückt. Er soll der königlichen Dynastie des Tschu - Staates angehört und jahrelang eine wichtige Rolle am dortigen Hof gespielt haben. Seine Reformvorstellungen führten dann zu Entfremdung und Verbannung vom Hof.  Auch befürchtete er der weitverbreiteten Korruption zu erliegen: „Soll ich rein und unbeschmutzt in Rechtschaffenheit verharren oder ein geölter, glatter und in der Zeit dienstbarer Schmeichler sein?“ schrieb Ch’ü Yuan in einem Gedicht, das zu den 25 bis heute beliebten Werken gehört, die ihm traditionell zugeschrieben werden. In jedem Fall ist er der älteste in der Literaturgeschichte Chinas namentlich bekannte Dichter.

In Ch’ü Yuans Elegie „Ins Elend verschlagen“ heißt es u.a.:

                               „Der Lenker seufzt, die Rosse sind ermattet,

                               Sie bleiben müßig stehn, unfähig weitern Laufs.

                               Da sprach ich: Laß es sein!

                               Im Reich ist niemand, der mich kennt.

                               Was soll die alte Heimat mir!

                               Ich finde keine Hilfe, diese Welt zu bessern.

                               Des Stromes Wellen winken Ruhe mir....“

                                                                             (Übersetzung: Wilhelm, zit. n. Gundert, S. 256, a.a.O.)

                    

Aus Verzweiflung über das ihm angetane Unrecht und den nicht mehr aufzuhaltenden Untergang des Tschu - Staates soll sich Ch’ü Yuan schließlich selbst im Mi lo - Fluß in Hunan ertränkt haben, um so vielleicht doch Reformen durchzusetzen. Als sich die Kunde verbreitete, wurden von den Bauern der Umgebung sofort - aber vergeblich - Boote ins Wasser gelassen, um den verehrten Dichter zu retten. Auch sollen die Suchenden in den Booten Trommeln geschlagen haben, um böse Geister fern zu halten.

 

In Erinnerung an dies Ereignis werden heute noch regattaartige Wettfahrten mit schmalen, mit Drachen verzierten Booten durchgeführt (in Hongkong z.T. große Bootsrennen mit internationalen Mannschaften).

Wenn früher beim Wettrennen des Drachenbootfestes ein Mann ins Wasser fiel und ertrank (früher konnten nur wenige Chinesen schwimmen), so wurde dies als ein erwünschtes Opfer an den Fluß - Drachengott angesehen: dieser spendete daraufhin Fruchtbarkeit (vgl. Eberhard, S. 63, a.a.O.).

Der berühmte chinesische Volksmusiker Hua Yan jun (alias Abing, 1893 – 1959) schrieb eine beliebte „Drachenboot – Musik“, die zum Drachenboot – Fest häufig aufgeführt wird.

In manchen Regionen Chinas gilt der Tag auch als „Schaukelfest“ vor allem der jungen Mädchen und Frauen: das Hin und Her der Schaukel sollte u.U. den Wechsel des Sonnenlaufes symbolisieren. 

Der chinesische Freudenvogel, die Elster, stellt ihr Nest aus Dingen her, die sie auf der Erde findet. Deshalb glaubte man traditionell, wenn man ein Elsternnest am 5. Tag des 5. Monats verbrenne und die Eier von einem Kranken gegessen würden, so werde dieser wieder gesund (vgl. Eberhard, S. 75, a.a.O.).

In Korea wird der Tag als Tano – Tag (tano = „tan“ bedeutet „der Erste", „ o bedeutet "fünf") begangen und ist ein wichtiger Feiertag im koreanischen Festkalender. Als eines der ältesten koreanischen Feste wird es heute zu den „unantastbaren Kulturgütern Koreas“ gezählt. In der japanischen Kolonialzeit waren die meisten traditionell - koreanischen Feste verboten, das Tano-Fest gehörte zu den sechs Festen die noch gefeiert werden durften.

Oft wird der Tag auch "Schaukeltag" genannt, da viele Mädchen und Frauen in Korea an Schaukelwettbewerben teilnehmen.

In Kangnûng / Kangwon - do (im Norden Süd - Koreas) finden an dem Tano - Fest für eine gute Ernte Schamanentänze und Maskendrama – Aufführungen, Ringkämpfe, Feuerwerke, Prozessionen und ein großer Markt statt. Auch konfuzianische Mönche nehmen an den Riten teil. Zu dem Fest finden sich in der Stadt alljährlich ca. eine Million Menschen ein.

Vermutlich war das Fest auch in Korea ursprünglich ein Frühlingsfest, dessen Riten eine gute Ernte bewirken sollten.

Einer anderen Überlieferung nach vereinte der General Kim Yu Sin die drei altkoreanischen Königreiche und wurde nach einer Legende zu einem Berggott, der auch das Ausfallen der Ernte bestimmt. Diesem Berggott gelte das Tano – Fest.

Zu den traditionellen Bräuchen des Tano-Festes gehört die Herstellung von Kräutermischungen, die vor Krankheiten schützen sollen. Als besonders wirksam gilt dabei der Beifuß. In Korea werden auch runde Reiskuchen mit Beifuß gekocht. Ein Beifuß-Zweig an dem Hause aufgehängt soll zudem die Bewohner vor allem Unglück schützen.

 

(veränderlich, am 5. Tag des 5. Mondmonats, nach dem ostasiatischen Lunarkalender)

 

© Christian Meyer