Batizmi-Festbeginn

 

Beginn des einwöchigen yezidischen Batizmi – Festes, für den Hl. Pir Ali, Pîyalî


Die Herkunft des Namens „Batizmî“ ist ungewiss. Chaukeddîn Issa (in Berlin lebendes Mitglied im Zentralrat der Yeziden)  übersetzte in seinem Buch „Das Yezidentum – Religion und Leben“ (a.a.O.) Batizmî (in etwa) mit „Täufer-Fest“ und leitete den Namen vom Griechischen („βαφτίζω“ „taufen“) her.  Allerdings bedeute die Taufe zu Batizmî für Êzîden, dass sie zu dieser Gelegenheit durch die Wundertaten eines Heiligen wieder in ihrem êzîdîschen Glauben gestärkt wurden.

 

Batizmî ist ein yezidisches Fest, das nach eigener Überlieferung seit ca. 900 Jahren gefeiert wird. Der Tradition nach geht das Fest auf die Ankunft von Şêx A´dî, ScheichʿAdī ibn Musāfir (um 1073–1163), genannt auch  Pîr Ali (Piyali) bei den Yeziden in Tur Abidin [1] zurück. Der Scheich gilt als heilige Reinkarnation des Engels Pfau (Taus Melek, einer Art Statthalter Gottes) und soll die damalige yezidische Religionspraxis reformiert haben.

Auf dem Weg soll Pîr Ali in anderen Dörfern unter verschiedenen Pseudonymen aufgetreten sein, so als Qolî Baba (in Biserî ), als Dolî Baba ( in Serhed ) und als Pîr Alî ( in Tur Abdîn-Torê ). Dort unterbrach er im Dorf Dêrdîl ( in der Nähe von Hasankeyf-Heskîf ) seine Reise und lud alle über zwanzigjährigen Bewohner der umliegenden Dörfer nach Dêrdîl ein.

Jedoch wollte auch ein 10 jähriges Mädchen aus dem Dorf Şifêrê auch die Versammlung besuchen, aber seine Eltern verboten es. Das Mädchen nahm daraufhin einen Holzhammer und wickelte ihn in einen Schleier, damit er wie ein Baby aussah, verschleierte sich selbst (wie es auch ihre Mutter tat), ging dann nach Dêrdîl  zu Şêx Adi und reihte sich in die Warteschlange ein, um die Hände des Şêxs zu küssen.

Als die Mutter des Mädchens an die Reihe kam,  sagte Şêx Adî zu ihr:  „Gott schütze deine Kinder. “ Als ihr Vater an der Reihe war, sagte er: „Gott segne dich und vermehre dein Reichtum! “ Und als das Mädchen an die Reihe kam, sprach Şêx Adî zu ihr: „ Gott schütze deinen Sohn “ , das Mädchen aber  sagte : „Ich habe keinen Sohn“. Als sie jedoch den Holzhammer aus dem Schleier herauswickelte, sah sie einen kerngesunden Jungen.
Zur Erinnerung an dieses Wunder feiern seit jenem Tag die Yeziden (insbesondere aus dem Tur Abdîn) diesen Tag als Beginn des Batizmî-Festes.

Nach einer anderen Überlieferung geht das Fest auf ein anderes Wunder Pîr Alîs zurück: Einige Stämme hätten ihm eine tote Kuh gebracht, die der Heilige wieder zum Leben erweckte, was seine Heiligkeit unter beweis stellte.    

Das Fest umfasst traditionell sieben Tage. Sonntag gilt als der erste Festtag, ein Tag der Reinigung. Montag, Dienstag und Mittwoch wird gefastet. Mittwochs wird zudem in jeder Familie ein Schaf geschlachtet, das Opfertier für Pîyalî. Donnerstag ist Şevberat („Die Nacht der Versöhnung“), die Gläubigen bleiben in der Nacht wach und rezitieren Gebete. Freitag, besuchen Freunde und Verwandte einander und feiern gemeinsam das Batizmî-Fest.

Samstags - dem Abschluss des Festes - werden von dem geopferten Schaf sieben Teile aus der rechten Seite gekocht und „…zusammen mit sieben Handvoll Rosinen, sieben selbstgebackenen Broten (kurd. Sewik) auf einem Tablett vor einer Matratze mit einem Kopfkissen aufgestellt, wo Pîyalî symbolisch sitzt. Aus dem Fett des Schafes werden sieben Baumwolldochte hergestellt, die dann am selbigen Tag vor der Matratze angezündet werden. Die Êzîden fahren mit ihrer Hand über das Feuer, beten und wünschen sich etwas“ (vgl. http://kaniya-sipi.de/gr/pirali-batizmi.pdf).

 

Auch in der europäischen Diaspora der Yezidi wird das Fest vielfach nach den gleichen Ritualen und Gebräuchen gefeiert.

 

(Batizmî  - der  Piyalî–Tag des Heiligen Pîr Alî, wird nach dem yezidischen Kalender in unterschiedlichen Regionen zu verschiedenen Zeiten gefeiert; z,B, am ersten Freitag nach dem yezidischen Neujahr gefeiert; nach Gregorianischen Kalender ist es der erste Freitag nach dem 13.01)

 

© Christian Meyer

 


[1] Der Bergzug Tur Abidin (aram. „Berg der Knechte [Gottes]“; auch Tur Abdîn-Torê) liegt in Nordmesopotamien am Oberlauf des Tigris, im Südosten der heutigen Türkei, östlich von Mardin.