Jüdischer Gedenktag an die Aufhebung der antijüdischen Dekrete Kaiser Hadrians nach dessen Tod im Jahre 138 durch seinen Nachfolger Kaiser Antoninus Pius.

 

Kaiser Hadrian (reg. 117 - 138) plante zeitweise - nach der kostspieligen Niederschlagung des 2. Jüdischen Aufstandes 117 [1] - den Juden zu gestatten, den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Später ging er jedoch von diesen Ideen wieder ab. Warum der Kaiser seine Haltung änderte, ist bis heute unklar. Der Historiker Paul Johnson vermutet, dass der Kaiser unter den Einfluss einer Gruppe von Intellektuellen um den römischen Historikers Tacitus geraten sei. Diese sahen sich selbst als Erben der griechischen Kultur und sahen z. T. im Judentum die Antithese zum Hellenismus (vgl. www. aish.com/literacy/jewishhistory).

Jedenfalls vollzog Hadrian einen Kurswechsel um 180° und ließ an dem Ort des verwüsteten Jerusalem eine römisch - hellenistische polis, „Colonia Aelia Capitolina [2], mit einem „heidnischen“ Tempel an der Stelle des alten jüdischen Tempels,  errichten. Dieser Affont scheint u.a. 132 zum Beginn des 3. Jüdischen Aufstand unter dem „Militär - Messias“ Simon ben Kosiba (oder bar Kochba   [3] ) und dem gelehrten, bis heute hoch verehrten Rabbi Akiba geführt zu haben.

Nach Schätzungen lebten damals ca. 6 – 7 Millionen Juden im Römischen Reich, davon allerdings höchstens 40 % im Heiligen Lande.

Während des Bar – Kochba – Aufstandes scheint es in Judäa zu blutigen Christenverfolgungen und zu Zwangsbeschneidungen gekommen zu sein. Vermutlich weigerten sich die „judenchristlichen“ Gemeinden Bar Kochba zu folgen und an dem anti – römischen Kampf teilzunehmen.

Justinus Martyr, der um 150 eine Apologie für Christen an Kaiser Antoninus Pius (138 – 161) verfasste, schrieb dazu: „… vielmehr halten sie (d.h. die Juden) uns (nämlich: die Christen) für Feinde und Widersacher, indem sie uns wie ihr (Heiden) zu töten und zu steinigen suchen, wann immer sie können, wie ihr euch überzeugen könnt. Nämlich in dem erst kürzlich stattgefundenen Kriege der Juden hat Bar – Kochba, der Führer des Aufstandes der Juden, allein die Christen zu furchtbaren Martern abzuführen befohlen, sofern sie nicht Jesus den Christus verleugneten oder lästerten“ (zit. n. Rengstorf, S. 69, a.a.O.).  

Der Bar – Kochba - Aufstand konnte erst durch eine Art Krieg der „verbrannten Erde“ des römischen Generals Julius Severus gegen alles Leben in Judäa und den Schlachtentod Bar Kochbas 135 in der Bergfeste Bethar beendet werden.

Nach dem Sieg erließ Kaiser Hadrian eine Reihe von scharfen antijüdischen Gesetzen, vermutlich mit dem Ziel, das Judentum als politische Kraft endgültig auszuschalten. Festgelgt wurd u.a.

·         Allen Beschnittenen, also auch Judenchristen, wurde der Aufenthalt in Jerusalem verboten

·         Das Einhalten aller jüdischen Religionsgesetze und Traditionen wurde mit der Todesstrafe bedroht, so u.a. für die Beschneidung, die Sabbatfeier und die Unterrichtung in der Thora

·         Sogar der Name „Judäa“ wurde durch „Palästina“ [4] ersetzt.    

Es begann die „Shaath ha’shmad“, die „Zeit der schweren Verfolgung“, die „Stunde der Gefahr“ (vgl. Werner Keller, 1966, S. 91, a.a.O.), in der viele gläubige Juden unter grausamen Foltern den Märtyrertod erlitten, so z.B. Rabbi Akiba.

Erst nach dem Tode Kaiser Hadrians wurden die antijüdischen Gesetze aufgehoben. Der Gedenktag erinnert an dieses Ereignis. 

 

(variabel nach dem jüdischen gebundenen Mondkalender, am 28. Tag des Mondmonats Adar)


© Christian Meyer



[1] Juden wurde nun offiziell im Römischen Reich der Feindesstatus zugewiesen, auf Latein „dediticci“.

[2] Aelius war der „Familienname“ Hadrians; der Beiname „Capitolina“ wies daraufhin, daß auf dem Tempelberg ein Tempel des Jupiter Capitolinus errichtet werden sollte.

[3] Simon stammte aus der kleinen Stadt Kosiba, aber er wurde von seinen Anhängern – zumindest zeitweise auch von Rabbi Akiba – mit dem Beinamen „Ben“ oder „Bar Kochba“ , der „Sternensohn“ geannt. Damit wurde auf 4. Mose 24, 17 angespielt: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Szepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Fürsten der Moabiter und verstören alle Kinder des Getümmels“. Simon wurde mit dem Stern, dem Messias identifiziert, der die Moabiter – alle Feinde – zerschmettern würde. Die anfänglichen Erfolge Bar Kochbas gegen die Römer könnten mit den messianischen Hoffnungen zusammenhängen.

Nach der Niederlage wurde Bar Kochba von vielen Rabbis „Bar Kosiva“ genannt, was soviel wie “Sohn einer Lüge” bedeutet.

[4] Der Name „Palästina“ rührt her von dem Volk der Philister (Pelešet). Die Bezeichnung begegnet schon bei Herodot. Erst 135 jedoch wurde die Provinz Judäa offiziell in „Syria Philistia“ umbenannt, vermutlich um dieErinnerungan die jüdischen Aufstände zu tilgen.