Guanyin-Statue auf dem Xiqiao Shan, Guangzhou, China

 

Geburtstag von Guan yin, der "Göttin der Barmherzigkeit"

 

In buddhistischen und taoistischen Tempeln Chinas wird der Geburtstag der „Göttin der Barmherzigkeit“ („Guan yin“, auch „Kuan - yin“; in Japan „Kwannon“ (auch „Kannon“ oder „Kanzeon“); sie wird als eine weibliche Form des Bodhisattwa Avalokiteshvara angesehen) zeremoniell gefeiert. Nach traditioneller Vorstellung thront Kuan - yin auf einem Berg oder auf einer Insel im „Ostmeer“; sie schenkt Kindersegen und hilft allen Wesen zur erlösenden Erleuchtung. Darstellungen zeigen sie meist meditierend am Meeresufer oder mit einem Kleinkind im Arm.

In buddhistischen Tempeln wird an diesem Tag die "Große Erbarmenssutra" rezitiert.

 

Der chinesische Schriftsteller und Publizist Mao Dun (1896 – 1981) erwähnte seinen Erzählungen aus den 30er Jahren mehrfach, wie Guanyin in Notsituationen – v.a. von Frauen - angerufen und um Schutz und Hilfe angeflehr wurde: „… Schütze uns vor allem Unheil, Göttin Guanyin“, oder: „Rette uns aus unserer Not, Göttin Guanyin“ (vgl. Mao Dun, S. 107 & 109, a.a.O.) 

An anderer Stelle hieß es: „Sie brannte vor der Porzellanstatue der Göttin Guanyin Weihrauch an und vollzog einen tiefen Koutou vor der Figur, wobei sie mehrmals mit dem Kopf auf den Fußboden aufschlug. Es gab sogut wie nichts, wofür sie nicht den Segen der Göttin erflehte“ (vgl. Mao Dun, S. 141/142, a.a.O.).

Eine – neuere - Legende um Guan - yin lautet: In China lebten einst eine Mutter und ihre Tochter. Das Kind erkrankte an einer schweren Lungenentzündung und alle traditionell üblichen Medikamente versagten. Schließlich ging die Mutter zum Schrein von Guan - yin und bat das Orakel um Rat. Das Orakel antwortete: „Erzähle Deine Geschichte dem ersten Mann, dem Du auf dem Heimweg begegnest“. Auf dem Heimweg traf sie einen jungen Arzt aus dem Westen, der gerade mit der ersten Sendung Penicillin angekommen war. Die Mutter erzählte ihm ihre Geschichte, er folgte ihr, gab ihrer Tochter Penicillin, sie wurde wieder gesund (vgl. Budapest, S. 115, a.a.O.).

Der Legende nach hat Guan - yin auch die sog. Guan - yin - Erde, einen feinen gelblichen Lehm in Nord - China, geschaffen. In Hungersnöten würde dieser Lehm die ärgsten Hungergefühle kurzfristig lindern.

Während der Hungersnöte im Gefolge des "Großen Sprunges nach Vorn" 1958 aßen Hunderttausende Chinesen die Guan - yin - Erde, bevor sie verhungerten. 

Der Puning - Si (chin. "pu" = weltweit, überall, "ning" = Ruhe, Friede und "si" = Tempel), der Tempel des Universalen Friedens, befindet sich nördlich der Parkanlage der ehemaligen Sommerresidenz der Qing - Dynastie in Chengde (früher Jehol), ca. 250 km nordöstlich von Beijing. Der Tempel wurde nach ca. 5jähriger Bauzeit 1760 unter Kaiser Qianlong fertiggestellt.

Der Kaiser ließ den Puning - Si exakt nach dem Vorbild des Samadhi - Tempels in Tibet (ca. 120 km südöstlich von Lhasa gelegen) anlegen. In der 37 m hohen Haupthalle Dacheng Ge (chin. "ge" = Halle) befindet sich eine 22,2 m hohe und 110 t schwere hölzerne Guan - yin - Statue.

Neben der Dacheng Ge liegen rechts und links die Mond- und Sonnenhalle sowie mehrere Terrassen und Stupas.

Kaiser Qianlong (reg. 1736 - 1795) ließ bewußt verschiedene Bauten im Stile der einzelnen Nationalitäten errichten. Darin kann der Versuch einer Konsolidierung des Vielvölkerreiches und einer Festigung der Bindungen zwischen der (mandschurischen) Dynastie und den verschiedenen Volksgruppen gesehen werden.

 

Eine Briefmarke von 1998 der Deutschen Post (in Zusammenarbeit mit China; 110 Pfennige) zeigt den Puning - Tempel, in der Mitte erhebt sich die hohe Dacheng Ge, in deren Inneren die riesige Guan - yin Statue steht (vgl. Abb. unten).     

 

 

(variabel  nach dem chinesischen Lunisolarkalender, am 19. Tag des 2. Monats)

 

© Christian Meyer

 

 

Deutsche Briefmarke mit dem Puning-Tempel