An der Südseite der Alten Lateinschule in Alfeld/Leine befindet sich eine Darstellung des Königs Josia. Die Alte Lateinschule (heute Stadtmuseum) wurde 1610-12 von dem Hildesheimer Baumeister und Bildschnitzer Andreas Steiger errichtet. Das umfangreiche Bildprogramm des Fachwerkbaus umfasst antike und biblische Bildwerke.
Domenico Ghirlandaio malte nach 1486 in der Kapelle Tornabuoni der Kirche Santa Maria Novella zu Florenz „Legenden aus dem Marienleben“, u.a. stellt eine Szene die Vertreibung Joachims aus dem Tempel dar (vgl. Micheletti, S. 38 f., a.a.O.).
Schon Giorgio Vasari beschrieb das Bild: Es stellt „... dar, wie Joachim aus dem Tempel verjagt wird; man erkennt in seinem Antlitz viel Geduld und bei denen Verachtung und Hass, den die Juden gegen diejenigen bezeigten, die ohne Kinder zu haben nach dem Tempel kamen“ (Vasari, S. 200, a.a.O.). Meines Erachtens ist diese Beschreibung überraschend, denn mir scheint aus quasi allen Gesichtern der Szene eher Ruhe und Gelassenheit auszugehen.
Vasari wies daraufhin, dass sich auf dem Bild auch Domenico Ghirlandaio „nach dem Spiegel“ selbst porträtiert habe: die zweite Person von rechts, mit dem unbedeckten Haupt und den langen dunklen Haaren, die den Arm in die Seite stützt und zum Betrachter blickt, dies ist der Künstler selbst.
Charakteristisch für die Zeit ist, dass Ghirlandaio „Die Vertreibung des Hl. Joachim aus dem Tempel“ architektonisch ins zeitgenössische Florenz verlegt hat. Der Hintergrund des Bildes zeigt den Platz vor Santa Maria Novella mit der Fassade des Ospedale di San Paolo (vgl. Micheletti, S. 40, a.a.O.).
Giovanni da Milano (ca. 1325 - ca. 1370): „Joachim und Anna“, aus dem Freskenzyklus „Legende von Anna und Joachim“: das Fresko zeigt die Verkündigung der Schwangerschaft durch den Engel und das Treffen an der Goldenen Pforte; um 1365, auf der linken Wand der Cappella Rinuccini, in Santa Croce, Florenz (Abb. aus Sbrilli, S. 72, a.a.O.).
„Der Heilige Joachim“, Bild von Franz Ludwig Herrmann, 1750 am Scheinaltar der Schlosskapelle Mammern / Thurgau
Der männliche Vorname „Joachim“ ist hebräischen Ursprungs und geht zurück auf Jojakim, einen der letzten Könige des antiken Königreichs Juda (des Südreichs)vor dem babylonischen Exil. Er hieß ursprünglich Eljakim [1] und war ein Sohn des Königs Josia (Joschija, reg. 639–609 v. Chr.,), der Überlieferung nach aus dem „Hause David“. Josia fiel in der Schlacht von Megiddo [2] gegen den Pharao Necho (auch: Nekos). Kurzzeitig wurde nun Joachas, ein Sohn Josias, König. Er wurde jedoch durch eine Intervention Nechos abgesetzt und gefangen nach Ägypten geführt. Der Pharao setzte Eljakim, einen Halbbruder Joachas, zum neuen König ein und benannte ihn der Bibel nach um in Jojakim (auch Jehojakim, „JHWH richtet auf, erweckt“, יהויקים), eine für einen ägyptischen Herrscher überraschende Benamsung.
Zunächst war das Königreich Juda nun Ägypten tributpflichtig. Nach der vernichtenden Niederlage Nechos in der Schlacht bei Karkamisch (606 v. Chr., vgl. Jer 46,2) gegen die Babylonier eroberte deren König Nebukadnezar II. (Nabû-kudurrī-uṣur, d.h. Gott Nabû schütze meinen ersten Sohn“; um 640 – 562 v.Chr.) das Land Juda und führte den König zunächst in Ketten nach Babylon (2. Chr 36, 6-7). Später durfte Jojakim dann aber doch nach Jerusalem zurückkehren, als Vasallenkönig Babylons.
In Jojakims Regierungszeit (608–598 v. Chr.) fällt auch das Wirken des Propheten Jeremia (hebr. ירמיהו, Jirmejahu, „JHWH gründet, erhöht"; um 620–587 v. Chr.). Jojakim wird in dem Buch Jeremia und dem Buch der Könige als ein brutaler, nicht gottgefälliger Herrscher geschildert: „Und er tat, was dem Herrn über gefiel“ (2. Könige, 23, 37). Auch ließ Jojakim u. a. den Propheten Urija hinrichten (Jer 26,20-24), da er dessen Prophezeiung, sein Reich werde untergehen, nicht als Warnung, sondern als Hochverrat auffasste.
Auch Jeremia selbst, und sein Freund und Sekretär Baruch warnten im 4. Regierungsjahr des Königs vor dem Unglauben und dem Zorn Gottes. Sie prophezeiten die Bestrafung Jojakims sowie den Untergang und die Zerstörung Jerusalems und schrieben dies nieder (Jer 22, 13–19). Baruch ging sogar in den Tempel In Jerusalem und verkündete öffentlich die Prophezeiungen Jeremias, wurde aber von aristokratischen Sympathisanten gewarnt, sich vor den Häschern des Königs zu verbergen. Als dem König das Buch vorgelesen wurde, ließ er es zerstören und verbrennen (Jer, 36, 22-23). Jeremia und Baruch sollten nun verhaftet werden, „Aber der Herr hatte sie verborgen“ (Jer 36, 26).
Drei Jahre später – 597 v. Chr. - fiel Jojakim von Babylon ab und verweigerte den fälligen Tribut. Daraufhin schickte Nebukadnezar ein Heer als Strafexpedition nach Juda, um es zu verwüsten. Kurz vor der beginnenden Belagerung Jerusalems starb Jojakim.
Sein achtzehnjähriger Sohn und Nachfolger hieß Jojachin (hebr. „von JHWH aufgezogen“, reg. 598/97 v. Chr.), der vorletzte König von Juda. Die Babylonier führten den jungen König und Teile der Oberschicht nach Babylon (1. Deportation): „Und Nebukadnezar kam zur Stadt, da seine Knechte sie belagerten. … Und führte weg das ganze Jerusalem und führte Jojachin gen Babel“ (2. Kön 24, 8-15).
Jojachins Onkel Matthanja (von den Chaldäern in Zedekia, „Gott ist meine Gerechtigkeit“ umbenannt) wurde König – der letzte König von Juda[3].
Jojachin aber lebte noch Jahrzehnte im Exil. Berliner Archäologen fanden im Jahre 1933 im Vorderasiatischen Museum unter aus Babylon stammenden Tontafeln Quittungen über Lebensmittelausgaben, u.a. über Sesamöl, an „Ja‘-u-Kim“, d.h. Jojachin, seine fünf Söhne und sein Gefolge, Dokumente über Lieferungen des Hofes in Babylon an den ehemaligen König von Juda und sein Gefolge. Die Tafeln stammen aus dem 13. Regierungsjahr Nebukadnezars, d.h. dem Jahr 592 v. Chr. (vgl. Keller, S. 277, a.a.O.).
Die Popularität des Namens Joachim hängt aber nicht mit dem König Jojakim zusammen, sondern mit einer christlichen (außerbiblischen) Überlieferung von dem Heiligen Joachim, der nach mehreren apokryphen Evangelien des 2. bis 6. Jhdts. (so das um 150 entstandene griechisch–sprachigeapokryphe Protevangelium des Jakobus[4], a.a.O.) und der katholischen und orthodoxen Tradition der Ehemann der Hl. Anna, der Vater Marias und somit Großvater Jesu war. Er entstammte der Überlieferung nach dem Haus David. Nach dem Dogma der katholischen Kirche wurde Maria durch den Heilsplan Gottes frei von jeder Erbsünde gezeugt, was erst die Geburt Jesu ermöglichte.
Joachim wurde daher mit dem Titel „Vorfahr Gottes“ bezeichnet und wird von der katholischen und orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt.
Im Koran heißt Joachim ‘Imrān, die (medinensische) 3. Sure des Korans mit 200 Versen trägt die Bezeichnung Al-i-Imran, die Familie Imran. Die Legende ist sehr ähnlich der christlichen.
Joachim wird in dem Jakobusevangelium als reicher und frommer Mann beschrieben, der regelmäßig den Armen und dem Tempel spendet - zu seinem Glück fehlt jedoch die Elternschaft. Seine Frau Anna ist unfruchtbar.Da jedoch Kindersegen auch bei den damaligen Juden als sichtbare Folge von Frömmigkeit und göttlicher Huld angesehen wird, beginnen viele Nachbarn an der Frömmigkeit von Joachim und Anna zu zweifeln. Schließlich verweist der Hohepriester Joachim wegen seiner scheinbaren Sündhaftigkeit sogar bei einem Opfer des Tempels in Jerusalem und nimmt seine Opfer nicht an, die Kinderlosigkeit seiner Frau wird von ihnen als Zeichen göttlicher Strafe gedeutet.
Joachim zieht sich daraufhin in die Wüste zurück und fastet und tut 40 Tage lang Buße. Dann aber erscheint sowohl Anna als auch Joachim ein Engel und verkündet ihnen die Geburt ihres Kindes. Obwohl Joachim und Anna jahrzehntelang kinderlos geblieben waren und hochbetagt sind, ist Anna nun doch schwanger, - durch göttlichen Eingriff. Joachim kehrt nach Jerusalem zurück und umarmt Anna vor dem Eingang zum Tempel, der Goldenen Pforte.Das verheißene Kind - Maria - wird neun Monate später nach zwanzigjähriger Kinderlosigkeit Annas geboren (vgl. Weidinger, S. 433f, a.a.O.).
Der Zyklus der Legenden von Joachim und Anna waren in der Legenda aurea (a.a.O.) enthalten. Wie populär die Legenden um Joachim, Anna und die Geburt Mariä waren zeigt sich an der häufigen Thematisierung in der christlich orientierten Kunst. Erst das Konzil von Trient versuchte die Schilderung apokrypher Ereignisse einzuschränken.
Joachim gilt als der Schutzpatron der Väter und Großväter und der Stadt Adjuntas auf Puerto Rico. Seine Attribute sind eine Schaufel und Opfertiere (Lamm oder Tauben). Oft wird er mit der hl. Anna oder der Jungfrau Maria dargestellt. Joachim ist Patron der Kirche San Gioacchino in Palermo.
Anna und Joachim gemeinsam gelten als Helfer in Geldnot.
Anlässlich des Annen- und Joachimstages fand sich im Sommer 2006 in einer süddeutschen katholischen Kirche die folgende Fürbitte:
„Heiliger Vater Joachim,
und heilige Mutter Anna,
bittet an Gottes Thron
bei eurem Enkelsohn,
für unsere Kinder und Enkel,
um Gottes Segen
auf allen ihren Wegen
und Gottes Gnade
für all ihre Pfade.
Ihr wart im Beten treu
und stark im Vertrauen,
so konnte Gott, der Herr,
sein Heil auf euch bauen.
Betet mit uns und
Für unsre Kinder und Enkel,
sie mögen wie Jesus
Gott und die Menschen lieben
und alle Tage tun,
was gut und Gott wohlgefällig ist,
In Jesu Namen, Amen“
Gedenktage an den Hl. Joachim
Verbreitet scheint der Name Joachim – unter Bezug auf den Heiligen - schon im frühen Mittelalter unter den Christen in der Levante gewesen zu sein, vermutlich wegen der dortigen Verbreitung des Protevangeliums des Jakobus. Mit den Kreuzzügen kam der Name auch nach Europa.
Im deutschsprachigen Raum wurde der Name Joachim überraschenderweis nach der Reformation sehr beliebt, auch als Fürstenname In norddeutschen Kirchenbüchern des 16. und 17. Jhdt. findet er sich oft in der heute nicht mehr gebräuchlichen Kurzform „Chim“.
Anfang des letzten Jhdts. war Joachim ein nur mäßig verbreiteter Jungenname. Bis zur Mitte des 20. Jhdts. aber stieg seine Popularität deutlich stieg an. In den fünfziger Jahren war Joachim zeitweise unter die zehn häufigsten deutschen Jungennamen. Dann aber fiel seine Beliebtheit stark ab und seit Beginn der 90er Jahren werden nur noch wenige Jungen Joachim genannt (vgl. Abb. unten).
Joachim ist ein in Deutschland gebräuchlicher männlicher Vorname. Jochen und Achim werden häufig alternativ oder als Kurzform benutzt. Häufig wird auch die Doppelform Hans-Joachim verwendet.
Varianten auf …
Aus dem Vornamen Joachim entstanden auch Familiennamen: u.a. …
Joseph Joachim (1831-1907), österreichisch-ungarischer Violinist, Musiker, Musikpädagoge und Komponist, aus einer jüdischen Familie stammend, ließ sich aber evangelisch taufen; trat bereits mit 7 Jahren als Wunderkind auf, wurde zum vielleicht berühmtesten Geigenspieler seiner Zeit; befreundet mit u.a. mit Johannes Brahms und Max Bruch, dessen 1. Violinkonzert er 1868 als Solist uraufführte;
wurde von Antisemiten u.a. in Berlin angefeindet; wurde auf dem Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof in Berlin-Westend (Fürstenbrunner Weg) beerdigt; heute ist sein Grab ein Ehrengrab des Landes Berlin
Eugen Jochum (1902 – 1987), deutscher Dirigent, berühmt als Bruckner-Interpret
· Joachimsthal, ein Ort im Barnim, in der Schorfheide, gegründet 1603 von Kurfürst Joachim Friedrich
[1] Eljakim ist ein relativ häufiger männlicher hebräischer Vorname mit der Bedeutung „Gott wird aufrichten“. In der hebräischen Bibel taucht der Name mehrfach auf, so hieß z.B. der Vater von Susanna Eljakim. Im Neuen Testament heißen zwei Vorfahren Jesu Eljakim (Luk 3,30).
[2] Die Schlacht bei Megiddo ist auch Herodot bekannt: Der Pharao Nekos lieferte „… zu Lande aber … den Syriern bei Magdalos eine Schlacht, in der er siegte“ (Herodot, 2. Buch Euterpe, 159, S. 201, a.a.O.) – Magdalos ist Megiddo, die Syrier waren die Judäer.
[3] Die hier skizzierten Ereignisse werden spannend und m.E. historisch angemessen in dem Roman des polnischen (katholischen) Schriftstellers Jan Dobraczynski (1910–1994) „Jeremia“ beschrieben (a.a.O.).
[4]. Der Begriff „Protevangelium“ (gr. „erstes Evangelium“) wird in der christlichen Theologie benutzt, 1. für die alttestamentarische Aussage in 1. Mose 3, 15, die seit den Kirchenvätern als Verheißung des Sieges Jesu über den Teufel interpretiert wird, sowie 2. für das angeblich auf Jakobus zurückgehende Evangelium.
Das Protevangelium des Jakobus ist von großer wirkungsgeschichtlicher Bedeutung für die Vorstellung „unbefleckte Empfängnis“. In ihm sind bereits alle wesentlichen Elemente der Marienlegenden (ihre Eltern Anna und Joachim, die wundersame Geburt, ihr Heranwachsen im Tempel, ihre immerwährende Jungfrauenschaft) enthalten. In diesem Evangelium wird die fortdauernde Jungfrauenschaft Marias auch nach der Geburt Jesu sogar durch zwei Hebammen festgestellt. Es heißt dort: „Und Salome (die 2. Hebamme, C.M.) untersuchte unter Anlegen ihres Fingers ihren (Marias) Zustand“ (zit. n. Weidinger, S. 433, a.a.O.).
Der Papyrus Bodmer 5 (aus dem 3. oder 4. Jhdt.) ist die älteste erhaltene Handschrift des Protevangelium des Jakobus.
Häufigkeitsstatistik des Vornamens „Joachim“ in Deutschland (aus: www.beliebte-vornamen.de/9255-joachim.htm)
Joachim von Anhalt; Gemälde von Lucas Cranach d. Ä., 1532; das Gemälde wurde 2007 von der Kulturstiftung Dessau - Wörlitz erworben.
(Abb. aus Drosdowski, S. 122, a.a.O.)
Sondermarke der Bundespost Berlin zum 200. Todestag 1973
Joachim Ringelnatz (Photo vor 1926)
Das 2. Wappen der Bergstadt St. Joachimsthal, von 1546 zeigt auch die Bergbauheiligen Joachim und Anna. Joachim trägt als Attribut einen Steigerhäckel; man „… könnte … ihn für einen Bergbeamten halten“ (Sandner, S. 18, a.a.O.; Abb. aus Sandner, S. 17. a.a.O.).