Hinduistischer Kalender

 

Auf dem indischen Subkontinent werden eine Unzahl verschiedener Kalender z. T. bis heute praktiziert.

Auch der traditionelle hinduistische Kalender ist ein gebundener Mondkalender, d. h. ein Jahr  besteht aus 12 echten Mondmonaten, die alle ca. 2 - 3 Jahre durch einen zusätzlichen 13. Schaltmonat an das Sonnenjahr angepaßt werden. Insgesamt werden in 19 Jahren ca. 6 Monate eingeschoben (so z.B. im Jahre 1999 vom 16.5. - 13. 6.). Außerdem wird alle 160 Jahre ein Monat ausgelassen.  Jeder indische Mondmonat besteht aus zwei Halbmonaten von 15 Tagen („paksha“ = wörtlich „Flügel“). Die erste Monatshälfte ist die Zeit die Hälfte des abnehmenden, dunkler werdenden Mondes („krishnapaksha“ = „dunkler Flügel“, dunkle Monatshälfte). Sie führt zur Neumondnacht („amavasya“ oder "pratipada") am 15. Tag des Monats. Die zweite Monatshälfte ist die des wieder zunehmenden Mondes („suklapaksha“ = „heller Flügel“, helle Monatshälfte), sie führt zur Vollmondnacht („purnima“). Dieser Kalender, dessen Monate den Vollmond am Ende haben, wird „purnimanta“ genannt. In Südindien gibt es auch traditionelle Kalender, deren Monate mit dem Neumond enden.

Die Tage des indischen Mondkalenders  werden nach ihrer Stellung im Halbmonat gezählt, z.B. 3. Tag der abnehmenden/dunklen Monatshälfte im Monat Vaishaka (vgl. Eck, S. 299, a.a.O.).

Kalender = panchanga , die „fünf Glieder“ der Zeit. Das Jahr beginnt mit dem Vollmond im Gregorianischen März (Caitra di purnimanta). Die zwölf Monate des hinduistischen Kalenders heißen (in Sanskrit und in verschiedenen heutigen Dialekten):

1.) Chaitra, auch Chait : ca. März / April

2.) Vaishaka, auch Baisakh : ca. April / Mai

3.) Jyeshtha, auch Jeth : ca. Mai / Juni

4.) Ashádha, auch Asárh : ca. Juni / Juli

5.) Srávana, auch Shaun oder Shrában : ca. Juli / August

6.) Bhádrapada, Bhadra, auch Bhado : ca. August / September

7.) Aswina, auch Asoj : ca. September / Oktober

8.) Kárttika, auch Kárttik : ca. Oktober / November

9.) Márgariras oder Agraháyana, auch Mangsír : ca. November / Dezember

10.) Pausha, auch Pús : ca. Dezember / Januar

11.) Mágha, auch Man : ca. Januar / Februar

12.) Phálguna, auch Phágun oder Falgun : ca. Februar / März  (vgl. Atkinson, S. 146, a.a.O.).

Die hinduistischen Kalender, die in Indiens religiösen Buchläden zu kaufen sind, zeigen nicht nur  etwa die numerierten Tage, Wochen und Monate sowie leere Stellen für Notizen. Weit eher sehen sie aus wie Zeitungen, ausgefüllt mit astrologischen Tabellen, glücksverheißenden und unheilvollen Tagen und Stunden, Hinweise für Riten zu Festtagen etc.  So sind zum Beispiel die Mondtage bestimmten Gottheiten zugeordnet und gelten deshalb als günstig oder ungünstig. Der mondlose Tag, der 15. Tag gilt überwiegend als ungünstig und gefährlich.

Dagegen gilt der letzte Tag der hellen Monatshälfte, der Vollmondtag, als glücksverheißend.

Der 11. Tag (ekadashi, skrt.) des Monats ist für gläubige Hindus ein Fasttag, der mit Meditation und Andacht verbracht wird. In den Klöstern wird dieser Tag mit dem einem besonderen Ritual, dem „Ram – Nam“, gefeiert. Es sind alte Gesänge, die Rama, Sita und Hanumanpreisen.

Der 14. Tag (chaturdashi, skrt.) der dunklen Monatshälfte gilt als „Nacht Shivas“: sie wird mit Fasten und Wachen geehrt.

Die indischen Sonnentage haben - wie im westlichen Kalender - jeweils eigene himmlische Herrscher:

·       der Sonntag (ravivara) wird von der Sonne (ravi) beherrscht

·       der Montag (somavara) wird von dem Mond (soma) beherrscht

·       der Dienstag (mangalavara) wird von dem Mars (mangala) beherrscht

·       der Mittwoch (budhavara) wird von dem Mond (budha) beherrscht

·       der Donnerstag (brihaspativara) wird von dem Jupiter (brihaspati) beherrscht

·       der Freitag (shukravara) wird von der Venus (shukra) beherrscht

·       der Samstag (shanivara) wird von dem Saturn (shani) beherrscht.

Soma war ursprünglich das aus der Somapflanze gewonnene, Rauschzustände hervorrufende Getränke, das Hauptbestandteil der Opfer in der vedischen Zeit war und als Gottheit personifiziert wurde. Soma galt als Lebenssaft aller Lebewesen, das rituelle Auspressen symbolisierte kosmische Prozesse. Die Götter - glaubte man - tränken Soma (auch Amrita) aus der Mondschale. In nachvedischer Zeit wurde Soma zum gebräuchlichen Namen für den Mond und den Mondgott.

Aldous Huxley  wählte in seiner „Schönen neuen Welt“ den Begriff Soma als Bezeichnung für die zukünftig allgegenwärtige Droge. 


© Christian Meyer