Grafik zur Entwicklung der christlichen Konfessionen

(Grafik aus https://de.wikipedia.org/wiki/Nestorianismus#/media/Datei:Entwicklung_Christentum.png

 Heute gibt es die Donatisten und die Arianer nicht mehr, deshalb sind sie auch in der obigen Graphik nicht aufgeführt.

 

Abb.: Kaiser Konstantin auf dem Konzil zu Nicaea; Wandgemälde aus der Großen Lawra (Moni Megistis Lavras) in Athos, 17. Jhdt. . Dargestellt sind Konstantin als Heiliger inmitten der Konzilsväter, über ihm unter einem Baldachin Jesus; zu seinen Füßen sieht man den „verdammten“ Diakon Arius (Abb. aus Doerries, S. 206, a.a.O.). 

Christologischer Streit

Allgemeines

 

Schon der bedeutende protestantische Kirchenhistoriker Adolf von Harnack (1851 - 1930) urteilte, die Dogmengeschichte sei ein Produkt der „Hellenisierung des Christentums im großen Stil“ (vgl. Benz, S. 38, a.a.O.).  

Die Dogmenbildung sah er insgesamt negativ, als eine Art Verfallserscheinung, ja als eine „intellektualistische Verfälschung“, Umdeutung des Evangeliums (vgl. Benz, S. 38, a.a.O.). Sicher sind durch die hellenistische Philosophie Vorstellungen wie die neuplatonische Substanzmetaphysik oder die Hypostasenlehre in die Kirche des 4./6. Jhdts gelangt. 

 

Der dogmatische Christologische Streit innerhalb des Christentums entzündete sich zu heftigen Bränden erst nach der Akzeptanz durch Kaiser Konstantin, wobei unter einem Dogma [1] immer stärker ein feststehender, unumstößlich als wahr geltender normativer Satz verstanden wird, „… den die Kirche ausdrücklich durch durch das ordentliche Lehramt oder durch päpstliche oder konziliare Definition als von Gott geoffenbart so verkündigt, daß seine Leugnung Häresie ist“ (Rahner, 1961, S. 73, a.a.O.).

Bereits vor Konstantin hatte unter dem Einfluss der zeitgenössischen Philosophie eine Theologisierung, eine Hellenisierung des Christentums eingesetzt. Mit der „konstantinschen Wende“ verstärkten sich die dogmatischen Auseinandersetzungen, „..  als für die unterschiedlichen christlichen Strömungen der gemeinsame äußere Feind wegfiel“ (Lauster, S. 118, a.a.O.). 

Grundsätzlich ging es bei dem Streit um die Trinität, um die Frage nach dem Wesen Jesu, als Gottes Sohn, als Mensch und Gott, die Bedeutung des Heiligen Geistes und die Stellung Marias. Das alles aber waren Fragen, die v.a. hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit den als heilig angesehenen Texten und ihrer Widerspruchsfreiheit zu prüfen waren. Widersprüche konnten zudem auch durch göttliche Geheimnisse und die Begrenztheit des menschlichen Verstandes überbrückt werden.

Sicher war bei vielen beteiligten Theologen das Streben nach dem wahren Glauben als Unterpfand für das erhoffte ewige Leben ein Motiv. Bei anderen könnte es auch das Bestreben gewesen sein, als auf der Höhe des intellektuellen Diskurses anerkannt zu gelten.

Schließlich waren es oft auch machtpolitische Fragen, die durch Konzilsbeschlüsse entschieden wurden. Häretiker verloren nicht nur ihre Positionen, sondern in der Regel auch ihr Vermögen.    

Papst Coelestin I. – in dessen Pontifikat von 422 – 432 das Konzil von Ephesos fällt – hatte eine theologisch recht undifferenzierte (aber modern anmutende)  Einstellung zu dem dogmatischen Streit: In einem Schreiben nach Konstantinopel meinte er, mit der Frage, wie Gott zur Welt gekommen sei, müsse jeder Gläubige in aller Einfalt fertig werden, Gott dürfe man nicht zum Verhör laden (vgl. Haller, Bd. I, S. 140, a.a.O.).  

 

Arianer - Nicäa

 

Der Streit zwischen den Arianern und Athanasianern bestimmte weitgehend das 1. Ökumenische Konzil in Nicaia (das heutige Iznik) und wurde durch widersprüchliche kaiserliche Interventionen geprägt.

Arius (gr. Ἄρειος“ Áreios, abgeleitet von Ἄρης - Árēs;  260 – ca. 327) war ein christlicher Presbyter aus Alexandria. Nach ihm wurden die Lehren des Arianismus benannt. Von seiner religionsphilosophischen, v.a. neuplatonischen Bildung ausgehend vertrat Arius seit ca. 318 zur Trinität und der Christologie u.a. folgende Auffassungen, …

 

·      dass Gott den Logos (i.e. den Sohn, Jesus) aus eigenem Willen aus dem Nichts geschaffen habe, der Sohn damit nicht aus dem Wesen Gottes gezeugt worden sei

·         dass der Logos und der Vater deshalb nicht gleichen Wesens seien (Wesensähnlichkeit)

·         dass nur Gott (Vater) „wahrer Gott“ sei, der Sohn dagegen kein wahrer Gott

·         dass der Sohn ein, zwar einzigartiges, aber Geschöpf des Vaters sei

·         dass Gott erst Vater geworden sei, als er den Logos-Sohn gezeugt habe

·     dass es eine Zeit gegeben habe, zu welcher der Sohn noch nicht existierte; er habe einen Anfang gehabt (Bestreitung der anfangslosen Gleichewigkeit von Vater und Sohn)

·         dass der Logos-Sohn daher Gott untergeordnet sei (Subordinationslehre).

 

All diesen Punkten widersprach sein hauptsächlicher Gegner, Athanasius von Alexandria (auch Athanasius der Große; gr. Ἀϑανάσιος Athanásios  ‚der Unsterbliche‘; ca. 300 - 2. Mai 373), Patriarch von Alexandria und Kirchenvater.

In dem Konzil von Nicäa (325) wurden die Lehren des Arius verurteilt. Das dort beschlossene Glaubensbekenntnis (Symbolum Nicenum) wird auch „athanasianisches Glaubensbekenntnis“ genannt, obwohl es mit großer Sicherheit nicht von Athanasius selbst stammt und in der orthodoxen Kirche auch nicht benutzt wird. Darin heißt es u.a.:

 

 „Ich glaube an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren. Und an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, das heißt: aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater (homoousion to patri). Aber der Vater und der Sohn und der Heilige Geist haben nur eine Gottheit, die gleiche Herrlichkeit, gleichewige Majestät. Wie der Vater ist, so ist der Sohn und so der Heilige Geist: Ungeschaffen der Vater, ungeschaffen der Sohn, ungeschaffen der Heilige Geist. Unermesslich der Vater, unermesslich der Sohn, unermesslich der Heilige Geist. Ewig der Vater, ewig der Sohn, ewig der Heilige Geist. …. So ist der Vater Gott, der Sohn Gott, der Heilige Geist Gott. Wer also selig werden will, soll diese Auffassung von der Dreifaltigkeit haben. Aber zum ewigen Heil ist es nötig, dass er auch an die Fleischwerdung unseres Herrn Jesus Christus aufrichtig glaube. Der richtige Glaube ist nun dieser: Wir glauben und bekennen, dass unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, Gott und Mensch ist. Gott ist er, aus der Wesenheit des Vaters vor den Zeiten gezeugt, und Mensch ist er, aus der Wesenheit der Mutter in der Zeit geboren. Vollkommener Gott, vollkommener Mensch, bestehend aus einer vernünftigen Seele und aus menschlichem Fleisch. Dem Vater gleich der Gottheit nach,geringer als der Vater der Menschheit nach. Doch obwohl er Gott und Mensch ist, ist Christus nicht zwei, sondern einer….“

Vor allem an dem Begriff „homoousios“ (dt. wesensgleich/wesenseins),  eines Wesens mit dem Vater (homoousion to patri) stießen sich die Anhänger des Arius, die Jesus nur eine „Wesensähnlichkeit“ (Homöusie oder Homoiusia) zuschrieben. Die griechischen Begriffe ὁμοούσιος - homooúsios (wesensgleich) und ὁμοιούσιος - homoioúsios (wesenähnlich) unterscheiden sich nur in dem Iota. 

So sah Athanasius in der Lehre des Arius, insbesondere im Trinitäts-Verständnis eine Bedrohung der Heilswirksamkeit von Jesus: diese könne nur durch die wahre Göttlichkeit des Sohnes und seines Opfertodes gewährleistet sein. Umgekehrt sah Arius durch die Lehren des Athanasius den Monotheismus des Christentums, die Einzigkeit und Einheit Gottes gefährdet (vgl. auch Trinitatis). 

Längerfristig behielt dies Schisma jahrhundertelang dadurch  Bedeutung, dass viele der ostgermanischen Völker (zufällig) durch einen Arianer christianisiert wurden.

In der neueren kirchlichen Geschichtsschreibung wurde vorgeschlagen, für die Phase nach 325 eher vom trinitarischen oder subordinatianischen, als vom arianischen Streit zu sprechen.

  


[1] Von gr. „δοκέω“ – dokeo „glauben, meinen, vermuten, wähnen; auch: gedenken, beschließen; auch: scheinen, den Anschein haben“.  Substantivisch bedeutete  gr. „δόγμα“  „Meinung; auch: Lehrsatz; Beschluss, Verordnung“. Der stoische Philosoph Epiktet (ca. 50 – ca. 130) verwendete den Begriff „δόγματα“ in den „Lehrgesprächen“ (διατριβαί, lat. Dissertationes) im Sinne von „Meinungen, Auffassungen“, so z.B.: „Sei nur immer dessen eingedenk, dass wir uns selber Not und Qual verschaffen, das heißt die Ansichten (δόγματα) sind es, die uns Not und Qual bereiten“ (Epiktet, zit. n. Bultmann, S. 133, a.a.O.). 

 

 

© Christian Meyer

 

 

Abbn.: Das 1. Ökumenische Konzil von Nikaia 325 fand im Senatsgebäude am Ufer des Iznik-Sees (des antiken Askania Limne) statt. Heute befindet sich an der Stelle ein Casino, ein Teil der Mauerreste sind im See sichtbar. Die Hagia Sophia in Iznik (Abb. oben) wurde wahrscheinlich erst unter Kaiser Justinian (reg. 527-567) erbaut, später zur Moschee umgewandelt und im 18. Jhdt. niedergebrannt. In der Kirche fand 787 das 7. Ökumenische Konzil statt, bei dem v.a. die Bilderverehrung wieder gestattet wurde. In der Ruine sind Reste von Fresken (Abb. unten) aus dem 7./8. Jhdt. erhalten geblieben, die Jesus, Maria und Johannes den Täufer darstellen (Abbn. Türkische Postkarten aus den 80er Jahren des 20. Jhdts.)