Geburtstag der chinesisch-taoistischen „Königin oder Königinmutter des Westens“ (chin. Hsi wang mu, oder Xiwangmu - 西王母 [1]) . Sie hat aber verschiedenste Ehrentitel. Sie ist eine der ältesten Gottheiten Chinas und gilt als die Frau des Jade-Kaisers. Sie wird auch in anderen ostasiatischen Ländern verehrt, so als Seiōbo in Japan, als Seowangmo in Korea, und als Tây Vương Mẫu in Vietnam.

 

 

Die Königin verwandelte sich im Laufe der Mythenbildung und -entwicklung von einem tierähnlichen Ungeheuer in die Göttin der Unsterblichkeit, die das yin verkörpert und allerhand Zaubermittel verwaltet. Dargestellt wird sie meist als eine schöne junge Frau, angetan mit königlichen Gewändern, oft auf einem Pfau oder einem Phönix reitend.

Zu den ikonographischen Attributen der Königinmutter des Westens gehören ein Leopardenfell, der spindelartige Sheng-Haarschmuck, Sonne und Mond sowie die Pfirsiche (zuweilen auch ein Pilz) der Unsterblichkeit. Zudem wird sie oft zusammen mit einem Diener oder einer Magd dargestellt, begleitet von allerlei Tieren, wie einem dreibeinigen blauen Vogel, einem neunschwänzigen Fuchs, einem für langes Leben stehenden Hirsch, einem weißen Tiger, oder dem Hasen, der das Elixier der Unsterblichkeit bereitet.

 

 

Die Königin des Westens soll im Kun-Lun-Gebirge im Westen Chinas zusammen mit den Unsterblichen in einem Jadepalast am Yáo chí () - Teich (Perlmutt- oder Jade-Teich) leben. Im Garten des Jadepalastes sollen die Pfirsiche der Hsi wang mu wachsen: wer von ihnen ißt, soll unsterblich werden (vgl. auch das Mittherbstfest, am 15. Tag des 8. Mondmonats, Legende von Tschang’e und Ho’i). In dem Garten ihres Jadepalastes gibt es neben Zauberquellen auch in drei Hainen genau 3600 Pfirsichbäume.

 

Im vorderen Hain haben die 1200 Bäume unauffällige Blüten und kleine nur alle 3000 Jahre reifende Früchte. Derjenige, der von ihnen isst, wird zu einem allweisen Feenwesen mit einem starken und leichten Körper.

 

Die 1200 Bäume im mittleren Hain haben Doppel-Blüten und süße alle 6000 Jahre reifende Früchte. Wer von ihnen isst, kann sich nach Belieben bewegen und bleibt immer jung.

 

Die 1200 Bäume im letzten Hain tragen nur alle 9000 Jahre reifende lila gemusterte Früchte, mit  blass-gelben Steinen. Wer von ihnen isst, überdauert Himmel und Erde, ebenbürtig der Sonne und dem Mond.

 

Wenn diese Pfirsiche nach 9000 Jahren reif sind, lädt Xiwangmu die Unsterblichen zu einem großen Festmahl, damit diese ihre Lebensenergie auffrischen können.

 

 

 

In dem aus der Ming-Dynastie stammenden klassischen, bis heute populären Roman „Die Reise nach dem Westen“ (vermutlich) von Wu Cheng’en (16. Jhdt.) wird erzählt, dass der Affenkönig Sun Wukong nicht nur fast alle Pfirsiche aufgegessen und zudem den Nektarwein aus den Pfirsichen fast ausgetrunken hat, so dass das Festmahl nicht stattfinden konnte.

 

 

 

Zu ihrem Geburtstag am dritten Tag des dritten Monats lädt die Königin des Westens die taoistischen Unsterblichen ein. Auch reisen  viele Götter mit mit ihren Gaben zu dem Festmahl an, z.B. der Drachenkönig Long Wang, der Glücksgott und Cai Shen, der Gott des Reichtums.Sie verspeisen gemeinsam einen Pfirsich, der ihnen wieder Unsterblichkeit verleiht [2]. Bildlich wird oft dargestellt, wie acht Unsterblichen über das Meer schreiten, dem Fest der Götter und des langen Lebens entgegen.

Das Kun - Lun - Gebirge wird im Taoismus als mehrstöckiges Paradies verherrlicht. Wer die überirdischen Stockwerke erklimme, gelangt - nach alter taoistischer Auffassung in den Himmel.

Die unteren Stockwerke hingegen reichen herab bis an die Unterirdischen Wasser, den Aufenthaltsort der Toten. 

Das reale Kun - Lun - Gebirgssystem  (auch Kwen Lun) bildet das nördliche Randgebirge vom tibetanischen Hochland, zwischen Tibet und Xinjiang gelegen. Das überwiegend wüstenhafte alpidische Gebirgssystem erstreckt sich vom Pamir und dem Karakorum im Westen ca. 3000 km in Richtung Osten. Die höchsten Gipfel erreichen mit dem Uluh Mustagh 7724 m, dem Mustagh - ata 7546 m und dem Bokalik - tagh (früher Marco - Polo - Gebirge) 7720 m Höhe.

Der Geburtstag der Königinmutter des Westens gilt  in der chinesischen Tradition als ein ganz besonderer Tag. Im Märchen „Die Bräute im Spiegel“ z.B. sollen die Söhne zu Mitternacht am. 3. 3. ihre Bräute im Spiegel sehen (vgl. Agischewa, a.a.O.).

Nach dem Jadepalast im Kun - Lun - Gebirge suchten eine Unzahl taoistischer Expeditionen vergeblich. Dennoch gibt es bereits seit der Han-Dynastie eine Fülle von „Beschreibungen“ des Kun-Lun-Gebirges und des Jadepalastes. 

In dem Gamsin – Grab (Süd – Pyeongan – Provinz, Nord – Korea) zeigt eine Wandmalerei an der Westseite der Vorkammer (vermutlich) die Königinmutter des Westens mit Dienerinnen. Das Grab stammt aus der Goguryeo – Zeit, dem 5. Jhdt.

 

In der Ausstellung „Alchemie – Die Große Kunst“ in der Berliner Gemäldegalerie im Sommer 2017 wurde u.a. die chinesische Hängerolle „Zusammenkunft der Unsterblichen in Yaochi“ (17. Jhdt., Ming-/ Qing-Dynastie, Tusche und Farbe auf Seine; Museum für Asiatische Kunst Berlin, Inv. 2000-6) gezeigt (vgl. Abb. unten).

 

Das Gemälde stellt eine paradiesische Landschaft mit Unsterblichen dar. Auf der Spitze des Berges in der Bildmitte sieht man Paläste von Wolken umgeben. Links unten im Bild befindet sich eine Höhle, die den Eingang in das Reich der Unsterblichen darstellt. Die Unsterblichen kommen zusammen, um der Königinmutter des Westens zu ihrem Geburtstag zu gratulieren (vgl. Staatliche Museen …, S. 41, a.a.O.). 

 

 

 

 

(variabel, am 3. Tag des 3. Mondmonats des chinesischen Lunisolarkalenders)

 
© Christian Meyer


[1] Xiwangmu  (西王母) bedeutet wörtlich: xi    西   Westen;  wang König; mŭ Mutter, weiblich. 

 

 


[2] Berühmt ist die Suche des ersten Kaisers von China, Qin Shi Huang-di (259 – 210 v. Chr.), nach dem Elixier der Unsterblichkeit. Diese vergebliche Suche ist der Hintergrund des 1989 in Hongkong gedrehten Filmes „Der Krieger des Kaisers“ von Siu-Tung Ching.

„Zusammenkunft der Unsterblichen in Yaochi“, Staatliche Museen s.o.