Abb.: Das 4. Gebot: זכור את יום השבת  - zachúr et jom ha-schabbat – „Gedenke des Sabbattages“; aus dem Papyrus Nash, 2. Jh. v. Chr. Es handelt sich um vier Papyrusbruchstücke mit biblischen Texten in hebräischer Sprache, u.a. den 10 Geboten. Der britische Archäologe W. L. Nash kaufte 1902 in Ägypten das Blatt und schenkte es der Universität Cambridge, in deren Bibliothek es sich bis heute befindet. Der Text galt bis 1947 als älteste bekannte Bibelhandschrift.

(Abb. aus  https://de.wikipedia.org/wiki/Schabbat)

Zum Sabbat

 

Der Schabbat, Shabbat oder Sabbat (hebr: שַבָּת, pl: שַבָּתוֹת - Schabbatot) ist im Judentum der 7. Tag [1] der Woche, der geheiligte Ruhetag, an dem keine Arbeit verrichtet werden soll (Sabbatruhe). Die Einhaltung des Sabbats ist eines der Zehn Gebote – nach einer der Zählungen das 4. Gebot - und sei seit der Schöpfung göttlich verordnet.

In dem Gebot heißt es: „Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge beschicken; aber am siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes; da sollst du kein Werk tun, noch dein Sohn noch deine Tochter noch dein Knecht noch deine Magd noch dein Vieh noch der Fremdling, der in deinen Toren ist.

Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles was darinnen ist, und ruhete am siebenten Tage. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn“ (2. Mose 20, 8-11). Parallele, sehr ähnliche Fassungen der Gebote finden sich im 5. Mose, 12 – 15 [2].

 

Nach Reinhard Achenbach - Münsteraner evangelischer Alttestamentler - ging es bei dem eigentlich Ursprung der Sabbatruhe also um den Schutz der schwächsten Glieder und auch der Tiere in der agrarischen jüdischen Gesellschaft. Er vermutete im Jahre 2007, dass die obigen Sätze etwa im 8. Jhdt. unter König Hiskija aufgezeichnet und als Teil einer Rechtssatz-Sammlung im Buch Exodus – 2. Mose aufgenommen wurden (vgl. https://www.deutschlandfunk.de/vom-schabbat-zum-sonntag-ruhetag-sollte-die-schwaechsten.886.de.html?dram:article_id=377249).

 

In 2. Mose 35, 2-3 wurde (angeblich) von Gott selbst durch Mose dekretiert: „Sechs Tage sollt ihr arbeiten, den siebten Tag aber sollt ihr heilig halten als einen Sabbat der Ruhe des Herrn. Wer an ihm arbeitet, soll sterben. Ihr sollt kein Feuer entzünden am Sabbattag in allen euren Wohnungen“.

Im 4. Mose/Num 15,32 - 36 wird das Todesstrafengebot auf Gott  selbst zurückgeführt. Gott befiehlt dort  Mose, einen Mann, der am Sabbat Holz gesammelt hatte, zu steinigen, was die Israeliten auch befolgen. Das Todesstrafengebot für Sabbatbruch wird historisch jedoch meist in die Zeit des Babylonischen Exils (586–539 v. Chr.) datiert, als die exilierten Juden kein autonomes Recht besaßen. So durften sie allein eine Todesstrafe gar nicht ausführen. Vermutet wird, dass diese Tora-Stelle eher in nichtjüdischer Umgebung die Nichtbefolgung des Sabbatgebotes tabuisieren sollte.

 

Während der Wüstenwanderung aßen die Israeliten der Überlieferung nach vierzig Jahre lang Manna: „Und es war wie Koriandersamen und weiß und hatte einen Geschmack wie Semmel mit Honig“ (2. Mose 16, 31).

An jedem siebten Tage aber, dem Sabbat, fanden die Israeliten in der Wüste kein Manna, aber das war auch nicht nötig, denn:

„Sehet, der Herr hat euch den Sabbat gegeben; darum gibt er euch am sechsten Tag zweier Tag Brot. So bleibe nun ein jeglicher in dem Seinen, und niemand gehe heraus von seinem Ort des siebenten Tages. Also feierte das Volk am siebenten Tage“ (2. Mose, 16, 29-30; Bibel o.J., S. 72, a.a.O.).

An die doppelte Portion Manna erinnern bis heute die beiden Schaubrote der Sabbatfeier.      

„Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und also vollendete Gott am siebenten Tage

 seine Werke, die er machte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, daß er an demselben geruht hatte von allen seinen Werken, die Gott schuf und machte“ (1. Mose 2, 1-3; vgl. Abb. unten).

 

Hinsichtlich der Entstehung dieser Texte wird angenommen, dass sie erst auf die exilische oder nach-exilische Zeit datiert werden können, während der „deuteronomischen Redaktion“ (vgl. Koch 1987, S. 105/6, a.a.O.). Vermutet wird, dass das Fremdgötterverbot, das Bilderverbot und das Sabbatgebot die ältesten Gebote waren. Nur der Sabbat wurde von allen jüdischen Festen und Riten in den Dekalog aufgenommen. 

 

Übrigens kannte keine andere antike Gesellschaft einen solchen festen Tag zur Arbeitsruhe und zum Gottesdienst.

 

Der als Ruhetag wöchentlich gehaltene göttlich dekretierte Feiertag Sabbat ist hinsichtlich seines historischen Ursprungs unklar und umstritten. Vermutet wird, dass der Sabbat ursprünglich mit einem Mondkult zusammenhing (vgl. Tokarew, S. 474, a.a.O.).

So nahm bereits der Göttingen Theologe Julius Wellhausen (1844 – 1918) an, die Sabbatfeier sei ursprünglich nicht wöchentlich sondern monatlich zum Neumond begangen worden.

Es gab im alten Babylon wie auch im alten Israel die Sitte, sich am Neumondtag und am Vollmondtag in den Familien zu versammeln. In 1. Samuel 20, 5 f. wird auf ein am israelitischen Königshof begangenes Neumondfest hingewiesen, das mit Opferritualen verbunden war. 

Der babylonische Kalender, wie er seit den Zeiten Hammurabis im 19. Jhdt. v. Chr. verwendet wurde und wie ihn die Juden im Exil kennenlernten, beruht als Mondkalender auf den Mondzyklen. In ihm waren jeweils der 7., der 14., der 21. und der 28. Tag Unglückstage, an denen man bestimmte Arbeiten vermeiden sollte. „Im Judentum wurde der siebente Tag dann der geheiligte Tag der Gottesruhe, an dem das negative Ruhegebot positiv umgedeutet wurde, wie es so häufig in der Religionsgeschichte vorkommt (Endres/Schimmel, S. 146, a.a.O.).

 

Vermutlich erst während des babylonischen Exils wurde neben der Beschneidung, und der Enthaltung vom Blutgenuss die Sabbatheiligung zu „… einem Bekenntniszeichen ersten Ranges für Israel“ (Koch 1987, S. 438, a.a.O.). 

„Als Mondfest reichte ohne Zweifel der Sabbat in sehr hohes Alter hinauf. Bei den Israeliten aber bekam dieser Tag eine ganz eigentümliche Bedeutung; er wurde der Ruhetag kat’exochem (gr. ‚schlechthin‘, C.M.)“. Ursprünglich aber war die Ruhe sicher nur eine Folge der Feier. „Als Ruhetag kann der Sabbat nicht so uralt sein, In dieser Eigenschaft setzt er vielmehr den Ackerbau und ein recht angestrengtes Werktagsleben voraus“ (Wellhausen, Bd. I, S. 118, a.a.O.).

Auch die Etymologie der Bezeichnung „Sabbat“ könnte in die Richtung Mondfest sprechen. Heute leitet man nicht nur in Israel den Begriff „Schabbat“ von dem hebräischen Wort „scha-ba-t“ ( ruhen) ab.

Zum Beispiel wies Reinhard Achenbach (*1957) im Deutschlandfunk darauf hin: Der Vollmondtag hieß auf Akkadisch „schabbatu“ (oder: šapattu), was ja so ähnlich klingt wie das Hebräische „schabbat“ (vgl. https://www.deutschlandfunk.de/vom-schabbat-zum-sonntag-ruhetag-sollte-die-schwaechsten.886.de.html?dram:article_id=377249).

 

Nach den „Sagen der Juden“  (vgl. Abb. unten) soll Moses 20 Jahre vor dem Auszug aus Ägypten den Sabbat eingeführt haben. Mose habe die anstrengende, krankmachende Fronarbeit der Hebräer bemerkt und sorgte durch seinen Einfluss beim Pharao dafür, dass ein Ruhetag eingeführt wurde. Der Pharao sagte demnach zu Mose: „ Ich habe dich zum Aufseher über alles gemacht. Gehe hin zu ihnen und verordne alles, was du für nötig erachtest.

Da ging Mose zu den Kindern Israel; er verweilte bei ihnen und zählte die Zeit von den sechs Schöpfungstagen an, um zu erfahren, wann Sabbat wäre. Danach verfügte er die Ordnung des Ruhetages und befahl den Fronvögten, ihn einzuhalten. Von nun an sollten die Hebräer nur sechs Tage in der Woche Arbeit tun und den siebenten Tag frei sein“ (Bin Gorion, S. 422, a.a.O.).

 

Zunächst scheint die strenge Sabbatruhe nur von einigen Juden beachtet worden zu sein: Nach dem Buch Nehemia verpflichtete sich die Bevölkerung Jerusalems erst ca. 70 Jahre nach dem babylonischen Exil und dem Aufbau des Tempels dazu, den „heidnischen“ Kaufleuten am Sabbat nicht mehr Waren abzunehmen. Erst nach scharfen Konflikten setzte Nehemia die Sabbatheiligung in der Stadt Jerusalem durch (vgl. Nehemia 13, 15 – 22).

Das heißt aber umgekehrt – betonte Achenbach -, dass im Umland und im ja unter persischer Herrschaft stehenden Judäa [2] „der Sabbat kein allgemeines Gesetz war, sondern nur für religiös observante, in Jerusalem ansässige Juden als verbindlich galt“ (vgl. https://www.deutschlandfunk.de/vom-schabbat-zum-sonntag-ruhetag-sollte-die-schwaechsten.886.de.html?dram:article_id=377249).

 

Unter den jüdischen, im Dienst der Perser stehenden Soldaten in Ägypten, gibt es Berichte darüber, „… dass der Handel am Sabbat ganz normal funktionierte. Da gibt es zum Beispiel den Brief eines Juden an seinen Knecht, der sagt: Morgen schicke ich dir Gemüse, pass das Boot am Sabbat ab, damit das Gemüse nicht verdirbt, und wehe, du passt nicht auf, ich werde dich persönlich haftbar machen! Das heißt, hier ist ein jüdischer Soldat in persischen Diensten, und für den ist zwar der Sabbat bewusst, aber dass sein Knecht jetzt das Gemüse nicht vom Händler abholen soll, das kommt ihm gar nicht in den Sinn. Die strenge, sehr enge Observanz, dass man am Sabbat gar nichts tut, die hat sich erst später, 200 Jahre nach dem babylonischen Exil, durchgesetzt“ (vgl. https://www.deutschlandfunk.de/vom-schabbat-zum-sonntag-ruhetag-sollte-die-schwaechsten.886.de.html?dram:article_id=377249).  

 

Nach Achenbachs Auffassung geschah dies in der späten persischen Zeit, als sie Ägypten verloren hatten. Unter diesen Bedingungen - Juda und Jerusalem waren sozusagen „Frontstaat“ – räumten die Perser dem Hohepriester und der jüdischen Oberschicht weitergehende Privilegien ein. „Das hat dazu geführt, das priesterliche Regeln in die Thora eingetragen wurden. Und der Sabbat wurde jetzt als kosmische Ordnung erklärt“ (vgl. https://www.deutschlandfunk.de/vom-schabbat-zum-sonntag-ruhetag-sollte-die-schwaechsten.886.de.html?dram:article_id=377249).  

 

Es entwickelten sich also im Laufe der Zeit strengere, auf die gesamte jüdische Bevölkerung ausgedehnte Vorschriften [5] über die Sabbatruhe: So darf man heute … 

  •         … nicht arbeiten
  •        … kein Essen vorbereiten
  •         … kein Feuer oder Licht entzünden
  •         … Bleistifte, generell das Schreiben ist verboten
  •         … keine elektrischen Geräte anschalten [5]
  •        … kein Geld berühren
  •        … das Filmen ist verboten
  •         … nicht Auto, Bus, Bahn, Flugzeug etc. fahren
  •          … nur eine bestimmte Wegstrecke zurücklegen (Sabbatweg).  

Gegenstände, die am Sabbat nicht bewegt oder benutzt werden dürfen, gelten als מוקצה - ‚Muktza´[6] “abgesondert“; ihre Nicht-Benutzung soll erleichtern, einen wahren Ruhetag zu begehen.

 

Heinrich Heine – der jüdisch sozialisierte Dichter [7] – führte in seinem Gedicht „Prinzessin Sabbat“ an, dass das Rauchen verboten sei, „weil heute Sabbat ist“ (Heinrich Heine, o.J., Bd. III, S. 111, a.a.O.).   

 

 

Der „Sabbatweg(hebr. t'chum sabbath), d.h. die am Sabbat zulässige Wegstrecke beträgt ca. 900 - 1000 m (oder ca. 1200 Schritte). Im NT wird angeführt, dass der Ölberg einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist (vgl. Apg 1, 12). Eine direkte gesetzliche Anordnung dazu gibt es nicht. In 2. Mose ist jedoch überliefert: Als einige Israeliten während der Wüstenwanderung am Sabbat ausgingen, um Manna zu sammeln, hätte Mose vorgeschrieben: „So bleibe nun ein jeglicher in dem Seinen, und niemand gehe heraus von seinem Ort des siebenten Tages. Also feierte das Volk am siebenten Tag“ (2. Mo 16, 29-30). Später wurde diese Aussage so verstanden, dass man am Sabbat 2000 Ellen (ca. 0,9 - 1 km) weit reisen durfte.

 

In der Lutherbibel taucht der Begriff „Sabbat“ ca. 75 Mal auf.

 

Ablauf des Sabbats

 

Der Ablauf des Sabbats kann regional durchaus unterschiedlich sein.

Mit der Grußformel שַבָּת שָׁלוֹם Schabbat Schalom wünschen sich fromme Juden einen friedlichen Sabbat.

 

Der Sabbat beginnt (wie alle jüdischen und auch islamischen Feiertage) am Vorabend, Erev genannt (hebr. ערב Abend),  und dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag, denn im jüdischen Kalender dauert der Tag traditionell vom Vorabend bis zum Abend des Tages und nicht etwa von 0 bis 24 Uhr. Der Abend beginnt, „wenn man einen grauen Wollfaden nicht mehr von einem blauen unterscheiden kann“ (eine ganz ähnliche Regelung gilt für den abendlichen Fastenbruch im islamischen Ramadan) .

 

Der Vorabend des Sabbat heißt deshalb ערב שבת „Erev Schabbat“. Zu den traditionellen Vorbereitungen zum Sabbat gehören das Aufräumen und Reinigen der Wohnung, ein Reinigungsbad, Schneiden von Haaren und Nägeln sowie das Anziehen festlicher, nur am Sabbat getragener Kleider.

 

Für den Sabbat werden oft  drei Mahlzeiten vorgekocht. Ein traditionell gepflegter Brauch ist es, zum ersten Sabbatmahl,  dem Freitagabend Gäste einzuladen, besonders Fremde und Reisende.

 

Für den Sabbat entwickelte die jüdische Küche eine Reihe kalter oder sehr lange, auf kleinster Flamme vor sich hinköchelnde Speisen, die am Freitag – der Sabbatruhe wegen - vorgekocht werden. Unter den Aschkenasim berühmt ist der Eintopf Tscholent (auch: „Schalet“; z.B. mit Graupen, Bohnen, oder Kartoffeln und Lammfleisch) für das mittägliche Essen am Sabbat.

 

In seinem um 1848/49 entstandenen Gedicht „Prinzessin Sabbat“ (in seinem letzten Gedichtband „Romanzero“) schwärmte Heinrich Heine von dem Schalet:

 

                                                               „… Dafür aber heute Mittag

                                                               Soll die dampfen, zum Ersatz

                                                               Ein Gericht, das wahrhaft göttlich –

                                                               Heute sollst du Schalet essen!

 

                                                               Schalet, schöner Götterfunken,

                                                               Tochter aus Elysium!

                                                               Also klänge Schillers Hochlied,

                            Hätt‘ er Schalet je gekostet.

 

                           Schalet ist die Himmelsspeise,

                           Die der liebe Herrgott selber

                           Einst dem Moses kochen lehrte

                           Auf dem Berge Sinai“ (Heinrich Heine, o.J., Bd. III, S. 112, a.a.O.). 

 

Mit der Dämmerung am Freitagabend beginnt der Sabbatabend (ליל שבת Leil Schabbat).

  • Der Tisch ist festlich gedeckt.
  • Vor dem Platz des Familienoberhaupts liegen zwei rituell von einem Tuch bedeckte Sabbat-Brote (hebr. חַלָּוֹת Challot). Sie erinnern an das doppelte Manna während der einstigen Wüstenwanderung.
  •  Der Sabbat-Kerzen und der Becher für den Kiddusch ( „Heiligung“, „Segensspruch“) stehen bereit.

Vor Einbruch der Dunkelheit zündet dann traditionell die Hausfrau die Sabbat-Kerzen an und spricht den Segensspruch zum Lichteranzünden:

 

Der Segensspruch lautet auf Hebräisch:

Übersetzung  ins Deutsche:

Baruch ata Ado-naj, Elohenu Melech Ha’Olam, ascher kideschanu bemizwotaw, weziwanu lehadlik ner schel Schabbat kodesch.

„Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns mit seinen Geboten geheiligt und uns befohlen hat, das Sabbatlicht anzuzünden.“

 

Dann beginnt das Sabbat-Festmahl.

Die Hawdala-Zeremonie zum Sabbat-Ausgang (hebr. מוצאי שבת Motza’e Schabbat) beginnt am Samstagabend, wenn die ersten drei Sterne zu sehen sind. Bei Hawdala wird nach einem Abendgebet erneut ein Segen über einem Glas Wein gesprochen. Beim Anzünden der mehrdochtigen Hawdala-Kerze wird ein  weiterer Segensspruch rezitiert.

Die Hawdala-Kerze soll die wie ein Licht vom Ende des Sabbats künden und symbolisch die neue Woche erleuchten. Gelöscht wird die Kerze traditionell vom restlichen Wein des Glases. Zur Zeremonie gehört auch eine Besamimbüchse (auch: Nardenbüchse) zum Riechen herumzureichen. Dabei handelt es sich um Gefäße mit duftenden Gewürzen ( hebr. בְּשָׂמִים - Besamim), deren Wohlgerüche während der ganzen Alltagswoche an das Schabbat-Wohlbefinden erinnern sollen. Die Besamimgefäße sind oft künstlerisch aufwendig und materiell kostbar gestaltet, z.B. aus durchbrochenem Silber. Im 17. und 18. Jhdt. wurden die Besamimgefäße oft in Form von Türmen gestaltet.

 

Abschließend wünscht man sich eine „Gute Woche“ ( Schawua tow).

 

Auch den Sabbat- Ausgang thematisierte Heinrich Heine in seinem Gedicht „Prinzessin Sabbat“:

 

                                                               „Die Prinzessin reicht dem Prinzen

                                                               Ihre güldne Nardenbüchse.

                                                               Langsam riecht er – will sich laben

                                                               Noch einmal an Wohlgerüchen.

                                               

                                                               Es kredenzet die Prinzessin

                Auch den Abschiedstrunk dem Prinzen –

                Hastig trinkt er, und im Becher

                                                               Bleiben wen’ge Tropfen nur..    

 

                 Er besprengt damit den Tisch,

                 Nimmt alsdann ein kleines Wachslicht,

                 Und er taucht es in die Nässe,

                 Daß es knistert und erlischt“

                                    (Heinrich Heine, o.J., Bd. III, S. 113, a.a.O.).  

 

Mein Vater, Friedrich Meyer (1901–1976), ein frommer protestantischer Christ, hörte wegen seiner alttestamentarischen Orientierung, solange ich mich erinnern kann, am Freitag abends auf dem RIAS Berlin regelmäßig die dort übertragene Sabbatfeier, oft mit der schönen Liturgie von dem langjährigen Kantor Estrongo Nachama    (1918 - 2000), ein auch ästhetisches Erlebnis.

 

Im heutigen Israel ruht am Sabbat das gesamte öffentliche Leben; Auch Busse und Züge fahren nicht, am Freitagabend abend gibt es auch keine Theater- oder Kinoaufführungen.

 

Immer wieder in der langen jüdischen Geschichte kam es zu Konflikten um die vorgeschriebene Sabbatruhe.

Anfangs hatten die makkabäischen Aufständischen der Sabbatheiligung wegen große Verluste, bis eine Sonderregelung auch den Kampf am Sabbat gestattete (vgl. Narkiss, S. 48, a.a.O.).

 

 

In Katalin Fischers Roman „Die Fischers, die Hamburgers und die Bánds“ lebte um die Wende zum 20. Jhdt. der fromme jüdische Hausierer David Fischer in einem kleinen ungarischen Dorf. Während er in einem Sessel schlief, geriet sein Holzhaus in Brand: „Das Haus stand in Flammen. Die Vorhänge flogen durch die Küche, vom Luftzug in die Höhe gerissen. Das Tischtuch fing Feuer. Die Tür brannte. David Fischer sprang auf. In kaltem Schrecken, ohne zu denken, hob er den Sessel und stolperte mit dem schweren Stück in die Stube und von dort hinaus ins Freie. Er dachte an das Gebot der Shabbatruhe, dachte gar nicht, sondern folgte ihm nur blind, dem inneren Gebot, du sollst keine Arbeit verrichten, ruhen sollst du am Shabbat!

Schwankte zwischen einer unkontrollierbar wachsenden Verzweiflung und einer dumpfen Ohnmacht, setzte zuletzt das schwere Möbel ab und drehte sich zum Haus um.

Aus dem Küchenfenster flogen die Flammen. Lärm, dicht gewobener Lärm, es brüllte und krachte, schwarze Fetzen flogen in die Luft, fledermausartige, leichte, schwarze Fetzen, tänzelnd fuhren sie hoch und schwebten davon, tänzelnd nach rechts, nach links, hoch und hinunter. Die Tür fing Feuer, schwang gespenstisch hin und her, mit Feuerfingern um sich greifend. Der Fensterstock brannte, verlor die festen Umrisse, ein zuckender, rot- gelb-grün-bläulich flackernder Rahmen, die viereckige Öffnung hell und rot erleuchtet, tosend und vielfarbig. Das Küchengerät, die Vorräte brannten, etwas platzte mit glasigem Klirren, etwas fiel um, der Tisch und die Regale brannten, die Lampe schmolz, es roch nach Teer, nach Holz, nach Verkohltem.

‚Hilfe, es brennt, Hilfe, Hilfeee!‘

‚Herr Nachbar, o mein Gott, Hilfe!‘ Leute liefen von überall herbei. ‚Man muss die Feuerwehr alarmieren ...‘. ‚Herr Fischer, soll ich durch das Schlafzimmerfenster klettern? Ich könnte mit diesem ...‘ ‚Hinauf aufs Dach! Wir müssen das Dach herunterstoßen, weg mit dem Dach. Dann breitet es sich nicht weiter aus….‘

‚Aber man muss doch zuerst die brennbaren Sachen ...‘

‚Du sollst den Shabbat heiligen!‘ rief David Fischer plötzlich mit einer Stimme, die noch nie jemand von ihm vernommen hatte, ‚Am Shabbat sollst du ruhen und keine Arbeit verrichten!

Die Leute verstummten, starten entsetzt auf den Mann im Sessel Komma, der sie ansah als, als wäre alles in Ordnung, als würde nicht in diesem Moment sein Haus, sein gesamtes Hab und Gut vor seinen Augen in Nichts aufgehen.

‚Herr Fischer, so retten Sie doch wenigstens die Sachen Ihrer Frau! ‚Aber David, Nachbar, so hör doch, man darf doch sein Leben retten, der gute Gott will doch nicht, dass du ...‘ ‚Es ist nicht mein Leben, mein Leben ist in Sicherheit, es ist nur mein Haus, und so Gott will, dass ich keines mehr habe, dann soll es verbrennen‘.

‚Amen‘, flüsterte die Frau Steingartner blass, sie konnte ihre Augen nicht vom Feuer wenden, dass sich bis zum Dach hochfraß, die Balken erfasste und durch den kräftigen Wind zu einer stürmischen Symphonie wurde, einer Vernichtungssymphonie. ‚Er will nicht, dass wir löschen‘, flüsterte eine Alte, als ein drahtiger junger Mann mit einem Eimer herbeigelaufen kam, ‚er will es nicht, es ist gegen Gott, gegen den Shabbat ...‘ ‚Aber‘, sagte der junge Mann, ‚aber ...‘ ‚Nichts, aber‘, Jankl hob die Hand, ‚Lass den Eimer, lass, komm mit, wir können nichts tun ...‘

‚Können nichts tun? Darf man denn das?  Alles so geschehen lassen, als hätte man keine Arme, keine Hände, keinen Verstand, die uns der gute Gott gegeben hat?‘, fragte laut einer der jungen Männer. ‚Lass nur‘, ein anderer legte ihm den Arm um die Schultern, ‚lass‘.  

 

Sie warfen David Fischer stumme Blicke zu, sie wandten sich ab. Sie flüsterten miteinander, langsam zerstreute sich die Menge. Nur das Haus war noch da. Es brannte krachend und brüllend, Balken barsten, Dachziegel platzten, feurige Teile stürzten hierhin und dorthin. David Fischer saß reglos in seinem Sessel. Stunden vergingen.

Baruch ata Adonai‘[8], flüsterte er und sah in der allmählich herab sinkende Abenddämmerung auf die glutroten Reste seines Hauses“ (Katalin Fischer, S. 93 – 95, a.a.O.).

 

Jom Kippur ist der einzige Festtag, der auch an einem Sabbat begangen wird – alle anderen Feier- und Festtage werden verschoben, sollten sie auf einen Sabbat fallen.

In vielen europäischen Sprachen wurde der nach heutiger Zählung sechste Wochentag, der Sonnabend – Samstag vom hebräischen Sabbat abgeleitet.

 

  © Christian Meyer

 

(vgl. auch Purim, Jüd. Gedenktag, Sonnabend, Karfreitag, Pessach, Jom Kippur, Chanukka) 

 


[1] Die Zahl Sieben hat in vielen Kulturen ganz besondere symbolische Bedeutungen. Nicht nur das AT ist voll von Heptaden (vgl. Endres/Schimmel, S. 146, a.a.O.). Bereits jüdische Philosoph und Theologe Philon von Alexandria (gest. nach 40 n. Chr.) hatte bemerkt, dass die Summe der ersten sieben Ziffern (1+2+3+4+5+6+7= 28) die (ungefähre) Tageszahl des Mondzyklus ergibt (vgl. Chevalier, S. 860, a.a.O.).

[2] Die 5 Bücher Mose, der „Pentateuch“ (gr. „Fünfrollenbuch“) scheint um 450 v. Chr. zusammengestellt und

kanonisiert worden zu sein (vgl. Koch 1987, S. 569, a.a.O.).

[3] Die persische Provinz hieß „Jehud“, die erste Benennung mit der Bezug auf „Juden“.

[4] Insgesamt soll es 613 verschiedene jüdische Gebote und Verbote gegeben haben, die das Leben orthodoxer Juden vielfach bestimmten (vgl. Tokarew, S. 504, a.a.O.). 

[5] Damit das Betätigen des Fahrstuhlschalters vermieden werden kann, gibt es in israelischen Hotels oft einen Sabbatfahrstuhl, der automatisch in jedem Stockwerk anhält (vgl. Fishman, a.a.O.).

[6] Nehemia wurde 335 v. Chr. (d.h. im Jahre 3426 nach der Schöpfung), 14 Jahre nach dem Bau des 2. Tempels offizieller Vorstand der Juden in Jerusalem. Auf Nehemia gehen die Grundzüge der Sabbat-Verbote, Muktza zurück.

[7] Heinrich Heine trat 1825 zum christlich-evangelischen Glauben über und ließ sich taufen, als „… Entreebillet zur europäischen Kultur“ (Franz Mehring in Heine, Werke, o.J., Bd. I., S. 16, a.a.O.).  

[8] Hebr. „Gesegnet sei der Herr".

 

 

 

 

Die Vorstellung, Gott müsse von einer Arbeit ausruhen, ist ein Beleg für ein frühes, unausgereiftes Konzept von Gott. 

Abb.: „Gott ruht am Sabbat“, russisch-orthodoxe Bibelillustration aus dem Jahre 1696 (Abb. aus https://de.wikipedia.org/wiki/Schabbat)

 

 

 

Die jüdischen Sagen und Mythen knüpfen an der „Schrift“ an, erklären, ergänzen, illustrieren fabulierend und auslegend ihre Geschichten. Der jüdisch-russisch-deutsche Schriftsteller Micha Josef bin Gorion (1865 - 1921) entnahm den nachbiblischen talmudisch-midraschischen Schriften der späten Antike das Material, sammelte, verdeutschte, fasste es in ursprünglich 5 Bänden zusammen und gab sie 1913 in Friedenau (damals noch bei Berlin) heraus. Er wohnt seit 1911 jn Friedenau, Laubacher Straße 16. Begraben ist bin Gorion in Berlin- Weißensee.

 

 

Abb.: Das Grab von Micha Josef Bin Gorion in Berlin-Weißensee (Abb. aus https://de.wikipedia.org/wiki/Micha_Josef_Berdyczewski)

 

 

 

 

 

 

Abb.: Hawdala – Kerzen (in der Alten Synagoge in Essen; Photo: Christian Meyer, Oktober 2021)

 

Abb.: Silberne Besamimbüchsen und -türme; Arbeiten Prager und Wiener Silberschmiede, Anfang des 19. Jhdts. (in dem Staatlichen Jüdischen Museum zu Prag; historische tschechische Postkarte, ca. 1965)

 

 

Abb.: Vergoldeter Kiddusch-Becher aus Silber; Höhe 14 cm;  Arbeit  aus Augsburg, Mitte des 17. Jhdts. (in dem Staatlichen Jüdischen Museum zu Prag; historische tschechische Postkarte, ca. 1965)